Was ist ein Castor-Behälter?

In den letzten Tagen war in den Medien viel von den Demonstrationen gegen die Castor-Transporte zu lesen. Mehrere zehntausend Menschen protestierten gegen die Lagerung von Atommüll aus Frankreich in Gorleben. Doch was ist ein Castor, und wie funktioniert er?

Gorleben rückt jedes Jahr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit, wenn Brennelemente aus der Wiederaufarbeitungsanlage La Hague quer durch Nordfrankreich und die Bundesrepublik Deutschland bis ins Zwischenlager Gorleben überführt werden. Das sind die bekannten Atommülltransporte mit den Castor-Transportbehältern.

Der Widerstand dagegen begann schon Mitte der 1990er Jahre und flammt bei jedem Castor-Transport neu auf. Dieser findet meist im November statt und wird stets von einem riesigen Polizeiaufgebot begleitet.


Eine neue Bürgerbewegung


Vielen Bürgern in Deutschland ist die Atomkraft nicht geheuer. Sie fürchten sich vor der radioaktiven Strahlung und haben Angst um die Gesundheit ihrer Kinder. Ihrer Ansicht nach wiegen die mit dem Betreiben von Kernkraftwerken verbundenen hohen Risiken und Probleme die gewonnene langfristige Sicherheit bei der Energieversorgung nicht auf.

Proteste gab es sowohl bei geplanten Standorten für neue Kernkraftwerke als auch bei den geplanten Endlagerstätten für den Atommüll. Der Slogan der Demonstranten lautete "Atomkraft - nein Danke!"

Angst vor dem Super-GAU

Die Atomkraftgegner fürchteten vor allem den so genannten Super-GAU. GAU steht hier als Abkürzung für "Größter anzunehmender Unfall" und hätte das "Super" davor gar nicht benötigt.

Wegen ungeklärter Leukämiefälle in unmittelbarer Nähe deutscher Kernkraftwerke sehen viele Atomkraftgegner auch Gefahren im Normalbetrieb von Kernkraftwerken.

Strahlende Zeitbomben im Salzstock

Bedenken hatte man aber auch wegen der vielen ungelösten Probleme bei der Entsorgung von ausgebrannten Brennstäben. Dieser radioaktive Abfall wird in Salzstöcken endgelagert, wo er noch Jahrhunderte lang Strahlung abgibt.


Warten auf ein Endlager


Das Ziel aktueller Atommülltransporte ist nicht der Salzstock, sondern eine oberirdische Betonhalle. Hier soll der hochradioaktive Atommüll in den nächsten Jahrzehnten in den Castor-Transportbehältern verbleiben, bis er sich von zunächst 400 Grad Celsius auf 200 Grad Celsius abgekühlt hat und ein geeignetes Endlager zur Verfügung steht.

Was bedeutet das Wort "Castor?"

Die meisten Menschen denken beim Namen des Atommüllbehälters an Castor und Pollux. Die griechische Sage beschreibt ein von Zeus an den Sternhimmel versetztes Zwillingspaar der Dioskuren, wobei Castor in der griechischen Mythologie der Sterbliche der Halbbrüder war.

Ob die Namensgeber an diesen Castor gedacht haben, ist offiziell nicht bekannt. Der Name ist eine Abkürzung, ein Akronym und steht für cask for storage and transport of radioactive material, also Fass zur Lagerung und zum Transport radioaktiven Materials.

Castor und Pollux

Es ist aber wahrscheinlich, dass die Sage zur Namensgebung beigetragen hat, da es auch "Pollux"-Behälter gibt, die für die Endlagerung abgebrannter Brennelemente aus Kernkraftwerken eingesetzt werden.

Der volle Name des Castor beschreibt den Inhalt, auch wenn es sich nicht um ein simples Fass, sondern um einen Spezialbehälter handelt, in dem hochradioaktive Materialien gelagert und transportiert werden können. Im aktuellen Fall Gorleben also werden Brennelemente oder hochradioaktive Abfallprodukten aus der Wiederaufarbeitung in solchen Castor-Behältern ins Endlager transportiert und abgestellt. Castor ist ein international geschützter Markenname der GNS Gesellschaft für Nuklear-Service mbH. Ein Castor-Behälter kostet rund 1,5 Mio. Euro.



Europas schwerste Mülltonne

Die hochradioaktiven Spaltprodukte aus der Wiederaufarbeitung werden über eine längere Abklingzeit gekühlt und dann durch Verglasung für die Endlagerung vorbereitet. Diese verglasten Abfälle werden in Spezialbehälter verladen und nach Deutschland zurücktransportiert.


Die Castoren sind etwa 6 m lang und haben einen Durchmesser von rund 2,50 m, wobei die Wand 45 cm dick ist. Im beladenen Zustand wiegen sie rund 120 Tonnen. Hauptbestandteil der Castor-Behälter ist Gusseisen mit Kugelgraphit. Ein Castor kann etwa 10 Tonnen Schwermetall aufnehmen. Er ist für eine trockene Zwischenlagerung von bis zu 40 Jahren vorgesehen.

Wie funktioniert ein Castor-Behälter?

Das Deckelsystem besteht aus zwei übereinander liegenden Deckeln, die mit ringförmigen Metalldichtungen gegen den Behälterkörper abgedichtet sind. Darüber befindet sich eine Schutzplatte, um äußere Einflüsse wie Feuchtigkeit und Staub fernzuhalten. In die etwa 400 Millimeter dicke Wandung sind Polyethylenstangen eingelassen, die sogenannten Moderatorstäbe.


Sie dienen wie die Polyethylenplatten in Boden und Deckel zur Verbesserung der Neutronenabschirmung. Während Alpha- und Betastrahlung durch den Behälter abgeschirmt wird, dringt ein Teil der Gamma- und Neutronenstrahlung nach außen.


Der Grenzwert für die Dosisleistung ist auf 2 Millisievert pro Stunde (mSv/h) an der Fahrzeugoberfläche und 0,1 mSv/h in 2 Metern Abstand von der Fahrzeugoberfläche festgelegt. Die Jahresdosis durch Transporte darf für beliebige Personen der Öffentlichkeit 1 Millisievert pro Jahr nicht überschreiten.

Unter dem Titel "Radioaktive Frachten unterwegs" hat das Bundesamt für Strahlenschutz eine Broschüre herausgegeben. Hier kannst du sie dir als pdf-Dokument herunterladen.


Wie sicher sind diese Castoren?


Die Anforderungen an die Castorbehälter entsprechen in Deutschland den Empfehlungen der Internationalen Atomenergieorganisation (IAEO). Behälter müssten danach folgenden Unfallszenarien widerstehen:

    * Aufprall aus 9 m Höhe auf ein unnachgiebiges, stahlbewehrtes Betonfundament

    * Aufprall aus 1 m Höhe auf einen 15 cm dicken Stahldorn

    * Feuer (30 Minuten bei 800 °C)

    * Druck von 20 m Wassertiefe über acht Stunden

    * Druck von 200 m Wassertiefe über eine Stunde

Getestet wurde aber nicht unter realen Bedingungen eines echten Castors, der mit einer Masse gleichen Gewichts gefüllt war, sondern nur ein maßstabgerecht verkleinertes Modell (Maßstab 1 zu 2).

Aus diesem Grund zweifeln die Gegner der Atomtransporte die Sicherheit der Behälter an und vergleichen dies mit einem Crashtest  von Autos, bei dem sich niemand auf Miniaturversuche verlassen würde.

Gerichte sahen in diesen Argumenten aber niemals einen Grund, die Sicherheit der eingesetzten Behälter zu bezweifeln. Die Richter bestätigten regelmäßig die rechtliche Zulässigkeit der  Verwendung der eingesetzten Behälter.

 



Text: RR, Stand: 10. 11. 2010, Bilder: Republik Freies Wendland (PD), Atomnix (Castor-Zug, PD), Dennis140 aus de.wikipedia.org (Behälter, cc by sa 3.0)


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