Zukunftspreis für MP3

Wer von euch kennt es nicht - das Kürzel MP3. Es ist inzwischen der meistgesuchte Begriff im Internet geworden. Aber der illegale Handel von Musikstücken über das weltweite Datennetz hat der internationalen Musikindustrie bereits Schäden in Milliarden-Höhe bereitet.



Die Erlanger Forscher Bernhard Grill, Karlheinz Brandenburg und Harald Popp (v.l.n.r.) haben den Deutschen Zukunftspreis des Bundespräsidenten erhalten.

© Deutscher Zukunftspreis, Ansgar Pudenz

Was ist MP3?

Das kleine Kürzel MP3 hat von Erlangen aus die Musikwelt revolutioniert. Mit der innovativen Technik können Musikdateien so stark komprimiert werden, dass sie sich in Hifi-Qualität über das Internet verschicken lassen.

Experten sprechen auch von «der größten Revolution seit Erfindung der Schallplatte». Das Kürzel steht für "Motion Picture Experts Group audio layer 3" und ist ein Standard zur Audiocodierung. Mit MP3 werden Musikdateien über eine Telefonleitung übertragen - und das zehn Mal schneller als normal. Die Musiksignale werden dabei auf einen Bruchteil der ursprünglichen Datenmenge reduziert.

Zukunftspreis 2000

Für die Entwicklung der MP3-Technologie erhielten Mitarbeiter des Fraunhofer-Instituts für integrierte Schaltungen (IIS) in Erlangen den «Zukunftspreis 2000». Mit ihnen wurde zugleich Professor Karlheinz Brandenburg (46) geehrt. Unter seiner Leitung wurde MP3 am Fraunhofer Institut für Integrierte Schaltungen (IIS-A) in Erlangen entwickelt. Seit Mai dieses Jahres leitet Brandenburg die Fraunhofer Arbeitsgruppe für Elektronische Medientechnologie an der Universität Ilmenau.

Beteiligt an der Entwicklung von MP3 war eine Gruppe von mehreren Experten. Allerdings durften nur zwei weitere, Bernhard Grill und Harald Popp, für den Deutschen Zukunftspreis genannt werden. Den Preis sieht Brandenburg als Beweis dafür an, "dass man weltweit bedeutende Innovationen auch in Deutschland entwickeln kann". Das Preisgeld von 500 000 Mark werde voraussichtlich in die Forschung fließen.

Abgesehen vom Preisgeld sind die Erfinder Karlheinz Brandenburg, Bernhard Grill und Harald Popp sowie das Fraunhofer Institut allerdings trotz des großen Erfolgs von MP3 bislang leer ausgegangen. Profitiert hatten vor allem Musikpiraten, die das Kompressionsverfahren für den illegalen Handel nutzen und damit der Industrie technisch weit voraus waren. Der Bundesverband der Phonographischen Wirtschaft in Hamburg schätzt die Einbußen durch illegal vertriebene Musikstücke auf 140 Millionen Mark allein im Jahr 1999.

Wie funktioniert MP3?

Das menschliche Ohr lässt sich übertölpeln. Das Ohr merkt nicht, wenn bestimmte Stellen in Musiktiteln fehlen, also lässt man sie weg und spart Speicherplatz. Beim Hämmern des Schlagzeugs brauche man die Töne der Geige nicht mehr, sagt der Erfinder Karlheinz Brandenburg.

Auf diese Weise kann mit dem Kompressionsverfahren auf einem Computer zwölf Mal so viel Musik gespeichert werden, Musik über das Internet zwölf Mal so schnell herunter geladen werden. 1993 wurde das Codier-Verfahren auf den Markt gebracht - inzwischen werden nach Schätzungen Brandenburgs mit MP3-Geräten rund zwei Milliarden Mark Umsatz gemacht.

Radiostationen als Vorreiter

Vor "layer3" gab es "layer2" und "layer1" Diese Vorgänger-Versionen wurden zunächst bei Radio- und Fernseh-Stationen eingesetzt, um Musik und Reportagen in Ohr-Qualität ins Studio zu übertragen.

Neben dem Internet wird MP3 heute im digitalen Rundfunk verwendet: Über Satellitensysteme gehen im digitalen Rundfunk mit MP3 zwölf Mal mehr Rundfunksender auf Sendung.

Aber auch als Musikspeicher ist das System ein Renner: Privatleute schwören heutzutage auf ihren tragbaren MP3-Player, der zwischen 200 und 800 Mark kostet. Zur Zeit (Stand: Oktober 2000) seien eine Millionen Player weltweit verkauft, in diesem Jahr sollen es bis zu drei Millionen werden.

Vor- und Nachteile von MP3

Zu den Vorteilen zählt vor allem, dass junge Künstler ihre Musik gleich ins Internet stellen und über Nacht berühmt werden können. Den entscheidenden Nachteil muss die Phonowirtschaft tragen: MP3 erleichtert die Musik-Piraterie. Pro Jahr entsteht durch MP3 und die illegale Ausbeutung von Songs nach Ansicht von Experten weltweit ein Schaden von mehr als drei Milliarden Mark.

Sicheres Nachfolgeverfahren

Die Erlanger Forscher haben inzwischen ein Nachfolgeverfahren mit besserem Kopierschutz entwickelt. Das Advanced Audio Coding (AAC) soll nochmals 30 Prozent effektiver als MP3 sein. Diese Technik ist in Zusammenarbeit mit den großen Musikfirmen entstanden. "AAC wird nur an Firmen lizenziert, die nachweislich einen Kopierschutz einsetzen", sagt Brandenburg.

Die Gelder aus dieser Lizenzierung werden gleich wieder in die Forschung gesteckt.

Mit MP3 Geld zu verdienen, war anfangs gar nicht einfach: Eine Demo-Version wurde ins Netz gestellt und sollte eigentlich von den Nutzern gekauft werden, nachdem sie sie ausprobiert hatten. Doch 1997 knackten Hacker die Version, das Programm verbreitete sich illegal - und in Windeseile um die Welt. So wurde das Verfahren zum Standard.

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