Rundfunkpionier Max Grundig

Am 7. Mai 2008 wäre Max Grundig 100 Jahre alt geworden. Sein Name ist untrennbar mit den Wirtschaftswunderjahren verbunden. Mit dem Bastelradio "Heinzelmann" begann nach dem Zweiten Weltkrieg eine erfolgreiche Unternehmensgeschichte, die erst 2003 ein jähes Ende fand. Das Rundfunkmuseum Fürth widmet Grundig eine große Sonderausstellung, die sich vom 4. Mai bis 19. Oktober 2008 durch das ganze Museum erstreckt.

Max Grundig wurde als Sohn des Lagerverwalters Max Emil Grundig aus Frauenstein/Sachsen und dessen Frau Marie in Nürnberg geboren und wuchs dort zusammen mit seinen drei Schwestern in ärmlichen Verhältnissen auf. Der Vater starb, als Max gerade 12 Jahre alt war.  1922 begann er eine Lehre als Einzelhandelskaufmann und betätigte sich in seiner spärlichen Freizeit als Heimarbeiter, indem er Zinnsoldaten bemalte, um die Familienkasse aufzubessern.

Bald begann er sich für das gerade neu in Mode gekommene Medium Radio zu interessieren. Die Technik der Rundfunk-Empfänger faszinierte ihn, und so bastelte Max in der kleinen Wohnung der Grundigs seine ersten Geräte für den privaten Gebrauch.

Das erste Radiogeschäft

1926 durfte der 18jährige im Auftrag seines Chefs Max Hilpert die 3. Deutsche Funkausstellung 1926 in Berlin besuchen. 1928 eröffnete Hilpert eine Tochterfirma in Fürth und übertrug Max die Leitung der Filiale. Der konnte dort zum ersten Mal Radios und Zubehör zum Verkauf anbieten. Das Geschäft lief zwar schleppend an, ermutigte Max Grundig aber zum Schritt in die Selbständigkeit. Trotz der Weltwirtschaftskrise gründete er einen Radioladen hinter dem Fürther Rathaus, gleich gegenüber dem Geschäft, das die Eltern des späteren Bundeskanzlers Ludwig Erhard betrieben. 1934 zog er in größere Geschäftsräume um und verkaufte Radiogeräte aller damals beliebten Hersteller, Schallplatten, Plattenspieler, Batterien und Zubehör. Daneben reparierte er Wechsel- und Gleichstromtransformatoren auf speziellen Drahtwickelmaschinen und produzierte bald auch Neuware zum Verkauf an andere Radiohändler.

Kriegswichtiger Betrieb

1939 brach der Zweite Weltkrieg aus. Grundig produzierte nun auch Kleintransformatoren für den steigenden Bedarf der Rüstungsindustrie. Mit Kriegsbeginn arbeitete der Betrieb überwiegend für die deutsche Wehrmacht und reparierte Geräte der militärischen Nachrichtentechnik. Später baute die Firma Transformatoren, elektrische Zünder und Steuerungsgeräte unter anderem auch für die V1-Marschflugkörper und die V2-Rakete. Grundig arbeitete in erster Linie als Zulieferbetrieb für AEG und Siemens.

Erfolg mit einem Baukasten

Nach dem Krieg wollte Max Grundig auch wieder Radios verkaufen, aber die Hersteller brachten ihre Produktion nicht in Gang. Der Bau von Radiogeräten musste von der Militärregierung genehmigt werden, und auch der Verkauf wurde nur unter strengen Auflagen erlaubt. Im Dezember 1945 kam Grundig auf die Idee, statt eines kompletten Radiogerätes einen Baukasten anzubieten und diesen als "Spielzeug" in den Handel zu bringen. Dieser legendäre Radiobaukasten "Heinzelmann" war Auftakt und Durchbruch für eine beispiellose Erfolgsgeschichte. Im Jahr 1947 stellte Grundig 12.000 Stück her und verkaufte alle. Nun wurden die Geschäftsräume wieder zu klein. Die Mitarbeiterzahl war auf 291 gewachsen und es entstand  ein großes Werk an der Kurgartenstraße.

High-Tech aus Fürth

UKW kam auf und damit Radios mit einer ganz neuen Klangqualität, das Kofferradio wurde ein Statussymbol bei Jugendlichen, der Fernseher eroberte schnell die Wohnzimmer. Tonbandgeräte, Musikschränke, Plattenspieler, Messgeräte, Diktiergeräte und und und

Gleichzeitig stieg die Beschäftigtenzahl, zaghaft erst, 50, 200, 500, 1.200, 6.000, 13.000 bis auf 40.000 Beschäftigte in über 23 großen und noch viel mehr kleinen Werken in Deutschland, Österreich, Frankreich, Italien, Irland und Portugal.

Allein in Fürth fanden in den Sechziger und Siebziger Jahren des 20. Jahrhunderts bis zu 10 000 Menschen bei Grundig Arbeit. Fürth wurde zur Hauptstadt der deutschen, teilweise auch europäischen Fertigung von Geräten der Unterhaltungselektronik. Grundig gehörte jetzt zu den Großen im Wirtschaftswunderland, zu den Vorzeigeunternehmern der jungen Bundesrepublik.

Krise und Niedergang

 

Doch ab den 1970er Jahren mehrten sich Zeichen der Krise. Das Farbfernsehen brachte nach 1967 einen Boom, aber auch Überkapazitäten. Neue Konzerne aus Fernost erschwerten den deutschen Firmen als übermächtige, flexible und billigere Konkurrenz das Leben. Bald übernahmen sie auf dem wichtigen Video-Sektor die Führung.

Philips übernahm 1983 für 14 Jahre das Geschäft bei Grundig. Das war in Europa der Hauptkonkurrent. Max Grundig selbst war in seinem Betrieb überflüssig geworden. Mit Hotels schuf er sich noch einmal ein neues Betätigungsfeld, ehe er am 8. Dezember 1989 in Baden-Baden verstarb.

100 Jahre Max Grundig das sind 100 Jahre Technik- und Industriegeschichte, aber auch 100 Jahre Alltagsgeschichte und große Politik in einer aufregenden Zeit, die eine ganz wichtige Prägung durch die Unterhaltungselektronik erhalten hat.

Hier findest du die Internetseite des Rundfunkmuseums der Stadt Fürth und weitere Hinweise auf die Grundig-Ausstellungen im Jubiläumsjahr.

Text RR, 6. 5. 2008, Fotos: Rundfunkmuseum Fürth.

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt