Die Große Herausforderung - Computer fahren Auto

Am 8. und 9. Oktober 2005 fand in der amerikanischen Mojave-Wüste ein Autorennen der besonderen Art statt: Computergesteuerte Autos legten erstmals ohne Hilfe über 200 Kilometer zurück.

Die Fahrzeuge starteten nacheinander. Am Schluss zählte die Gesamtzeit, denn ab und zu wurde das Rennen auch offiziell unterbrochen, etwa aus Gründen der Sicherheit.

Den "Grand Challenge" ("Große Herausforderung") genannten Wettbewerb gibt es erst seit 2004. Ins Leben gerufen wurde er von der amerikanischen DARPA. DARPA steht für "Defense Advanced Research Project Agency" und bedeutet sinngemäß "Behörde für fortschrittliche Verteidigungsprojekte". Die Agentur gehört zum amerikanischen Verteidigungsministerium und hat maßgeblich zur Entwicklung des Internet beigetragen.

Der Wettbewerb soll die Entwicklung von Fahrzeugen fördern, die in unbekanntem Gelände ihren Weg selbständig (autonom) finden. Weil die DARPA eine Militärbehörde ist, geht es in erster Linie darum, Fahrzeuge zu entwickeln, die nicht von Soldaten gesteuert werden müssen.

Der spätere Gewinner: Stanley, ein umgebauter VW Tuareg. Im Gegensatz zu anderen Fahrzeugen war sogar noch Platz für Passagiere. Andere Autos quollen über vor zusätzlichen Rechnern und Generatoren.

Die Regeln

Für die Fahrzeuge galten folgende Regeln:

1. Der Kurs musste in zehn Stunden bewältigt werden. Damit die Strecke nicht einfach einprogrammiert wurde, wurde der genaue Verlauf erst kurz vor dem Start bekannt gegeben.

2. Die Fahrzeuge durften ein bestimmtes Gebiet nicht verlassen.

3. Das GPS-Signal durfte verwendet werden. GPS-Signale kommen von Satelliten und ermöglichen eine Positionsbestimmung auf wenige Zentimeter genau. (GPS= "Global Positioning Signal" = Weltweites Positionssignal. Auch eine Entwicklung der DARPA.)

4. Fernsteuerung war nicht erlaubt.

5. Absichtliches Rammen eines Gegners war verboten.

Der spätere Zweitplatzierte "Sandstorm". Er ist, ebenso wie der drittplatzierte "H1ghlander" eine Entwicklung der Carnegie-Mellon Universität.

Dumme Computer - schlaue Programmierer

Das waren sehr schwierige Bedingungen. Die Fahrzeuge nutzten Kameras, Laser, Radar und Infrarotsensoren, um ihre Umgebung abzutasten. So konnten sie feststellen, ob sie auf ein Hindernis zufuhren und entscheiden, was zu tun ist. Für Menschen klingt das einfach, aber für einen Computer und seine Programmierer ist das eine große Herausforderung - eben eine "Grand Challenge".

Schwierig ist vor allem, dass Computer dumm sind. Weil wir es gelernt haben, erkennen wir leicht, dass wir auf einen Baum oder einen Felsen zusteuern und dass wir ausweichen müssen. Für den Computer ist es aber schwierig, einen Baum oder Fels überhaupt als Hindernis zu erkennen. Noch komplizierter ist es, weil sich das Fahrzeug bewegt. Entscheidungen müssen also schnell getroffen werden.

Dritter Sieger "H1ghlander". Auch er en Kind der Carnegie-Mellon Universität.

Wettbewerb ohne Gewinner

Weil das alles so schwer ist, endete der erste Wettbewerb 2004 auch in einem Desaster. Die Strecke war gut 240 Kilometer lang und musste in weniger als zehn Stunden absolviert werden. Über 100 Teams hatten sich angemeldet. Das beste Fahrzeug schaffte allerdings gerade mal gut zehn Kilometer. Niemand konnte das Preisgeld von einer Million Dollar für sich beanspruchen.

Dieses Jahr wurde das Preisgeld auf zwei Millionen Dollar verdoppelt. 195 Teams meldeten sich an, die meisten aus den USA. Nach einer Vorausscheidung nahmen schließlich 23 Teams am eigentlichen Rennen teil.

Mit sechs Laptops durch die Wüste

Die Strecke wurde leicht verkürzt, das Zeitlimit betrug wieder zehn Stunden. Heuer schafften es vier Teams, die Strecke in der vorgegebenen Zeit zu durchfahren. Gewonnen hat das "Stanford Racing Team" mit dem Fahrzeug "Stanley". Das ist ein umgebauter VW Tuareg mit sechs Pentium-M Laptops im Kofferraum. Sicher und geschützt gelagert, damit sie die Hitze und Stöße auf der Wüstenstrecke auch überstanden.

Die Gewinner, aufgereiht von links nach rechts: Stanley, Sandstorm und H1ghlander.

Alle Computer und Programme waren mehrfach vorhanden. Sie kontrollierten sich gegenseitig und bei einem Ausfall konnten die übrigen Rechner immer noch das Auto steuern. Für die Strecke brauchte Stanley 6 Stunden und 53 Minuten, die Durchschnittsgeschwindigkeit betrug also knapp 30 km/h. Auf dem zweiten und dritten Platz landeten die Fahrzeuge "Sandstorm" und "H1ghlander", die jeweils zehn Minuten länger brauchten.

Trotz des militärischen Hintergrundes des Wettbewerbs glaubt der deutsche Leiter des Siegerteams, Sebastian Thrun, dass diese Entwicklungen früher oder später allen Menschen zu Gute kommen: "Diese Technik wird im zivilen Bereich Leben retten, da sie Autofahren sicherer macht". Der Wettbewerb ist für jene Menschen "(...) die behaupten, Autos könnten nicht alleine fahren. Die gleiche Sorte Menschen sagten damals, die Gebrüder Wright würden nicht fliegen."

Links:

Hier findet ihr eine Informationsseite mit allen Teams samt Fotos und Videos. (Englisch)

So sieht die Welt durch die "Augen" von Stanley, dem Gewinner, aus. Ein großes Video auf Englisch, ihr braucht unbedingt DSL!

Text: -jj- 4.11. 2005 // Bilder: DARPA

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