Bildschirmtext wird eingeführt

Im September 1983 startete die damalige Deutsche Bundespost in das Zeitalter der Interaktivität. Der Bildschirmtext BTX wurde der Öffentlichkeit vorgestellt. Was BTX mit dem Internet zu tun hat und was der Unterschied zu Videotext ist, erfahrt ihr hier.

Eine Kombination aus Fernseher und Telephon, das war BTX.  Ein speziell dafür entwickeltes Terminal musste man für teures Geld von der Bundespost kaufen oder mieten.

Auf der Funkausstellung 1983 stellte der damalige Postminister Schwarz-Schilling der Öffentlichkeit den Bildschirmtext vor. Die Nutzer sollten sich als Teleleser über das Telefon in ein Netzwerk einwählen können. Dort sollten sie gegen Gebühr Informationen wie Fahrpläne und Nachrichten abrufen oder auch Teleshopping bei Versandhäusern machen können.

Die Technik beruhte auf der schon 1968 veröffentlichten Idee von Computern als Kommunikationsgeräten. Daraus war in England ein Viewdata (= Datenschau) genanntes System entstanden, das bald in Prestel umbenannt wurde. Dabei wurde erstmals ein Telephon mit einem Fernseher und einer Tastatur kombiniert.

Bildschirmtext - ein teurer Spaß

Anders als heute im Internet, wo jeder Sender und Empfänger sein kann, wurden die Seiten von einer einzelnen zentralen Instanz verwaltet. Ausnahmen waren große Versandhäuser wie Neckermann, die für teures Geld eigene Server unterhielten.

1977 wurde dieses Prestel-System auf der internationalen Funkausstellung (IFA) in Deutschland vorgestellt. Privatleute und Wirtschaft zeigten großes Interesse. Im Lauf der nächsten Jahre wollten immer mehr Firmen passende Geräte herstellen und immer mehr Anwender waren neugierig auf das neue Medium. Testreihen mit mehreren tausend Teilnehmern deuteten auf einen großen Markt mit mehreren Millionen Teilnehmern hin.

Doch die Einführung des Systems verzögerte sich aus mehreren Gründen um sechs Jahre, bis zur IFA 1983. Zum einen fürchteten die Zeitungsverleger um ihren Markt. Sie hatten Angst, dass die gedruckten Zeitungen nicht mehr genug Abnehmer finden würden, wenn Informationen via Bildschirm bereitgestellt würden.

Auch die geplante Technik spielte nicht wie gewünscht mit. Weil es keine Erfahrung mit den speziellen deutschen Anforderungen der Netzwerk- und Datenverbundtechnik gab, lieferte IBM nicht ausgereifte Technik. Doch im September 1984, ein Jahr nach der Einführung, lief das System wie gewünscht, zumindest technisch.

Die BTX-Technik

Nutzer benötigten eine spezielle Hardware, die von der Post teuer gemietet oder gekauft werden musste. Geräte anderer Anbieter wurden nicht zugelassen. Die Daten wurden mit Hilfe eines Akustikkopplers (Bild) über das Telefonnetz übertragen. Auf einen solchen Akustikkoppler legte man einen Telefonhörer.

Der Koppler wandelte die digitalen Signale in Geräusche um, die dann über die Telefonleitung wie ein normales Gespräch übertragen wurden. Auf der anderen Seite wandelte ein zweiter Koppler die Pieptöne wieder in Computerdaten um.

Kein Interesse an teurer und langsamer Technik

Aufgrund der teuren und zu langsamen Technik entpuppte sich BTX am Ende als Flop. Statt der für Mitte der 80er erwarteten 300 000 Teilnehmer hatte BTX gerade einmal knapp 40 000 Kunden. Grund dafür waren Produktionsengpässe bei den Modems und hohe Kosten. Das Modem musste teuer von der Post gemietet oder gekauft werden, es fielen Telefongebühren und Kosten für den Aufruf der Seiten an.

Es wurde teils sogar eine Gebühr für das Kassieren der Gebühren verlangt. Auch ließ die Post keine anderen Modems zu, die günstiger gewesen wären und schneller. So mancher gab um die 2000 Euro (4000 Mark) für die Geräte aus und monatliche Gebühren von mehr als 25 Euro (50 Mark) waren nicht selten.

Anders in Frankreich: Dort verbreitete sich das Minitel  schnell, unter anderem weil die nötige Hardware von der France Telecom günstig oder kostenlos bereitgestellt wurde. Auf der anderen Seite verzögerte die außerordentlich weite Verbreitung von Minitel in Frankreich wahrscheinlich den Siegeszug des Internet in der Nachbarrepublik.

BTX ist kein Videotext

Bildschirmtext ist übrigens nicht mit Videotext zu verwechseln, der auf einer ganz anderen Technologie beruht. Bis heute erfreut sich Videotext bei Fernsehsendern großer Beliebtheit und ermöglicht die Datenübertragung im TV-Signal. Aber man kann Videotext nur passiv konsumieren, nicht selbst kreativ werden.

Den größten anzunehmenden Unfall bescherten dem BTX-System Computerspezialisten um Wau Holland vom Chaos Computer Club in Hamburg. Sie hatten die BTX-Kennung der Bank ausgespäht und den Bankrechner veranlasst, für 135 000 DM (knapp 70 000 Euro) Software des Clubs abzurufen. Die Sicherheitslücke wurde in den Medien diskutiert und das Geld wurde zurückgegeben.

Als das Internet immer erfolgreicher wurde, ging der BTX-Dienst und sein Nachfolger Datex-J im Angebot der Deutschen Telekom auf.

Text: -jj- 10.9.2008