Großer Bahnhof in Berlin

Am 28. Mai 2006 wurde in Berlin der neue Hauptbahnhof eingeweiht. Die Ingenieure vollbrachten Großartiges beim Umbau des ehemaligen Lehrter Bahnhofs. Sogar die Spree wurde während des Baus umgeleitet.

Der neue Berliner Hauptbahnhof, so die offizielle Bezeichnung, steht auf historischem Boden. An seiner Stelle befand sich seit 1870 der Lehrter Bahnhof, der später zum Lehrter Stadtbahnhof wurde. Der Name Lehrter Bahnhof kommt daher, dass 1870 eine Eisenbahnstrecke zwischen Berlin und Hannover gebaut wurde und die Stadt Lehrte war der erste Eisenbahnkreuzungspunkt auf Hannoverschem Gebiet. Wegen seiner prunkvollen Bauweise galt er als Schloss unter den Bahnhöfen.

Lange Vorbereitungszeit

Ebenso beeindruckend wie sein Vorgänger ist auch der neue Berliner Hauptbahnhof. Die Planungen dazu begannen schon kurz nach der Wende 1989. Dabei wurde das sogenannte Pilzkonzept für den Berliner Schienenverkehr entwickelt, weil die Streckenführung im Zentrum einem Pilz ähnelt. 1993 gewann das Architekturbüro Gerkan, Marg und Partner den Wettbewerb und begann mit der konkreten Planung des Gebäudes.

Spree muss weichen

1995 schließlich begann man mit dem ersten Bauabschnitt. Der Tiergartentunnel verläuft unter Berlins größtem Stadtpark und enthält vier Röhren für Fern- und Regionalzüge, zwei Röhren für die U-Bahn sowie einen Straßentunnel. Letzterer wird über einen 60 Meter hohen Turm belüftet. Um den Tunnel bauen zu können, wurde der Lauf der Spree von 1996 bis 1998 geändert.


Die im Bau befindliche trägerlose Glashalle. Mehrere tausend speziell gefertigte Glasscheiben wurden von Industriekletterern an ihrem Platz montiert.

Auf dem Fluss wurde auch ein Großteil der Millionen Kubikmeter Erdreich aus der Stadt befördert. Beim Bau des Tunnels kam es zu Wassereinbrüchen, die die Fertigstellung über ein Jahr verzögerten. Um des Problems Herr zu werden, wurde der Boden bis in eine Tiefe von 25 Metern vereist. Ebenso verursachten viele, dort gefundene Bomben aus dem Zweiten Weltkrieg immer wieder Verzögerungen.

                    

2001 wurde mit dem Bau der Brücken für die neue Stadtbahn begonnen und 2002 die Arbeiten an der Überdachung aufgenommen. Die Arbeiten wurden durch umstrittene Planänderungen während des Baus erschwert. 2003 konnte der Schienenverkehr auf die neuen Trassen geleitet und der alte Lehrter Bahnhof, der dem Neubau im Wege stand, abgerissen werden.

Tonnen von Stahl am seidenen Faden

2005 schließlich begann man mit der Konstruktion der Bügelbauten, die auf dem Dach des Bahnhofs zu ruhen scheinen. Zunächst wurden sie wie Türme nach oben gebaut. Nach der Fertigstellung wurden sie durch ein weltweit einzigartiges Verfahren an Stahlseilen über das Dach des Bahnhofs abgesenkt. Die Bügelbauten haben ein Gewicht von je 1250 Tonnen und sie wurden mit 6 Metern pro Stunde abgesenkt. Nach dem Absenken blieb zwischen den beiden Elementen ein Spalt von nur zwei Zentimetern, der geschlossen werden musste.

Bahnhof der Superlative

Die Gleise werden im neuen Bahnhof auf zwei übereinanderliegenden Ebenen geführt. Die Stadtbahngleise verlaufen zehn Meter über dem Straßenniveau, die vier Bahngleise verlaufen 15 Meter darunter. Außerdem gibt es noch drei Geschäfts- und Verbindungsebenen.

Die eigentliche, in Ost-West-Richtung gelegene Bahnhofshalle ist 321 Meter lang und ist als eine stützenlose Glasdachkonstruktion gebaut. Die Halle ist bis zu 68 Meter breit und bis zu 16 Meter hoch. In das Glasdach wurden Solarzellen integriert, um Strom zu gewinnen.

Im Rohbau des Bahnhofs stecken 550 000 Kubikmeter Spezialbeton. Das ist ein Block, der 100 Meter lang, 100 Meter breit und 55 Meter hoch ist. Beim Bau des Bahnhofs arbeiteten Taucher und Industriekletterer, Vermessungsspezialisten und Kapitäne von Eisbrechern auf der Spree Hand in Hand, um den Bahnhof noch rechtzeitig zur Fußballweltmeisterschaft eröffnen zu können.

Größter Kreuzungsbahnhof Europas

Für etwa 700 Millionen Euro entstand in Berlin der größte Kreuzungsbahnhof Europas. Nach Bahnangaben soll er von bis zu 300 000 Menschen pro Tag genutzt werden soll. Am 28. Mai 2006 wurde mit einer riesigen Party die Eröffnung des Bahnhofs gefeiert. Nachdem Kanzlerin Merkel und Verkehrsminister Wolfgang Tiefensee mit einem Sonderzug aus Leipzig eingetroffen waren, gab es eine fette Party mit Ayman, Reamonn und der Berliner Band Mariannenplatz. Eine Lichtsinfonie mit Lasern setzte den Bahnhof nachts in das rechte Licht.

Nur einer hat sich nicht recht gefreut: der Architekt. Er streitet mit der Bahn, weil seine Pläne eigenmächtig geändert wurden. Zur Eröffnung seines Werkes durfte er keine Rede halten. Wegen der Bauplanveränderungen verklagt er nun die Bahn wegen Urheberrechtsverletzung.

Fotos vom Absenken der Bügelbauten

Flashgrafik der DB zum neuen Bahnhof

Text: -jj-  // Bilder: Lehrter Bahnhof Alt: PD; Obere Gleisebene: Daniel Schwen/CC; Baustelle: Albrecht Conz/GFDL;Baustelle innen: Sansculotte, PD;Eröffnung: Times/GFDL; Haupteingang: Angr/PD; Pilzkonzept Pd

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