Die erste Gusseisenbrücke der Welt

Am 2. Juli 1779 wurde die erste Gusseisenbrücke der Welt fertiggestellt. Erst seit kurzem war er überhaupt möglich, Gusseisen herzustellen. Im englischen Ort Coalbrookdale war dies im Jahr 1735 erstmals gelungen. Genau dort steht auch bis heute die Brücke, die anders als viele ihrer Nachfolger bis heute nicht eingestürzt ist.

Links: Der weiße Punkt markiert Ironbridge auf der Karte Großbritanniens.

Ironbridge, also Eisenbrücke so heißt nicht nur das fast 230 Jahre alte Bauwerk, sondern auch der ganze Ort und das Tal, das die Brücke überspannt. Es befindet sich in der Nähe von Coalbrookdale im Westen Englands. In dieser ländlichen Gegend begann vor rund 270 Jahren die industrielle Revolution. Weil dort Kohle, Kupfer, Blei und Eisenerz abgebaut werden konnten, wurde an dieser Stelle erstmals Gusseisen hergestellt.




Wer entwickelte die Massenproduktion von Eisen?

Bislang war Eisen immer nur in kleinen Mengen mithilfe von Holzkohle und Eisenerz erzeugt worden. Abraham Darby (1667-1717) entwickelte in Coalbrookdale ab 1708 den ersten Hochofen, der mit Steinkohle statt mit Holzkohle gefeuert wurde. Dazu musste Steinkohle zunächst zu Koks veredelt werden. Sein Sohn und sein Enkel, die beide den gleichen Namen wie er trugen, führten seine Entwicklungen weiter und konnten somit erstmals Eisen in großen Mengen produzieren.

Was ist Gusseisen?

Rechts: Ironbridge auf einem alten Stich von 1900.

Gusseisen nennt man Eisenlegierungen, also Mischungen von Eisen mit mehr als 2 Prozent Kohlenstoff. Gusseisen heißen sie, weil die Gegenstände, die man daraus herstellt, aus dem flüssigen Eisen gegossen werden. Im Gegensatz zu Schmiedeeisen lässt es sich nicht schmieden.

Links: Dieser Gullideckel besteht aus Gusseisen. Auch schwere Bratpfannen werden bis heute aus Gusseisen hergestellt.

Nach dem Härten ist das Material zwar sehr fest aber auch spröde und unbiegsam, es bricht also relativ leicht. Es nimmt daher nur Druckkräfte auf. Stahl und Schmiedeeisen hingegen halten auch Zugkräfte aus. Doch diese Mischungen standen damals noch nicht zur Verfügung.

Schlechter Werkstoff für Brücken

Daher ist Gusseisen für den Brückenbau, besonders für größere Spannweiten nicht sehr brauchbar. Doch das wusste man damals noch nicht. Die Ironbridge steht zwar bis heute, allerdings mussten immer wieder Risse ausgebessert werden. Viele Brückenkonstruktionen, die nach ihrem Vorbild aus Gusseisen hergestellt wurden, hielten den auf sie einwirkenden Kräften jedoch nicht lange stand.

Rechts: Einsturz der Brücke über den Firth of Tay 1879.

Das berühmteste Beispiel ist die Brücke über den Firth of Tay an der schottischen Ostküste, die zwei Jahre nach ihrer Eröffnung in einer Orkannacht einstürzte als sie gerade von einem Zug überquert wurde. Alle 75 Reisenden kamen dabei ums Leben.

Ein Sinnbild für den Fortschritt

Links: So sieht die Ironbridge heute aus. Sie wird nur noch für den Fußgängerverkehr genutzt. Bis 1950 mussten Passanten Wegegeld bezahlen.

Trotzdem wurde die Ironbridge ein Sinnbild für den Fortschritt. Bevor sie errichtet worden war, konnte man den Fluss Severn nur mit Fähren überqueren. Nun stand ein schnellerer Verkehrsweg zur Verfügung. Dieser war auch nötig, da das Eisen aus Darbys Hüttenwerk in andere Regionen transportiert werden sollte.

So zog eine technische Neuerung weitere Erfindungen nach sich. Und die Ironbridge war erst der Anfang. Parallel zur Entwicklung des Gusseisens und später des Stahls kamen die ersten Dampfmaschinen zum Einsatz. Sie halfen nicht nur beim Abbau von Steinkohle sondern wurden die wichtigste Arbeitskraft in der Eisenindustrie und vielen anderen Industriezweigen.

Um die neuen Produkte unters Volk zu bringen, waren schnellere Verkehrsmittel gefragt. Mit Eisenbahnen und Dampfschiffen wurden nun weite Teile der Bevölkerung mobil. Gleichzeitig waren für den Schienen- Schiffs- und Eisenbahnbau große Mengen an Eisen nötig.

Die Entwicklung, die in England begann, veränderte innerhalb von wenigen Jahrzehnten die Lebensumstände der Menschen in ganz Europa. Man spricht deshalb von der Industriellen Revolution. Weil die Ironbridge den Anfang dieser Entwicklung markiert, steht sie seit 1986 auf der Unesco-Liste des Weltkulturerbes.

 

 

Wie eine Dampfmaschine funktioniert, könnt ihr hier in unserer WAS IST WAS Erlebniswelt ausprobieren.

Mehr über alte und neue Brücken erfahrt ihr im WAS IST WAS Band 91 Brücken und Tunnel.

Text: Liane Manseicher, 30.06.08; Gullideckel: George Slickers, weitere Fotos: pd; Illustration Taybrücke: Peter Klaucke.

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt