Europäische Kulturhauptstädte 2009

2009 gibt es zwei Kulturhauptstädte in Europa: Linz in Österreich und Vilnius in Litauen. Jedes Jahr trägt mindestens eine Stadt den Titel "Europäische Kulturhauptstadt". Oft teilen sich auch zwei Städte den Titel, so wie dieses Jahr. In einer bestimmten Reihenfolge darf jedes EU-Land eine Stadt vorschlagen, die dann vom Europäischen Rat zur Kulturhauptstadt ernannt wird. Der Titel soll die Bekanntheit der jeweiligen Stadt fördern. Seit 1985 wird der Titel kontinuierlich jeweils für ein Jahr verliehen.

Die letzten Städte, die ganz allein für sich den begehrten Titel der Europäische Kulturhauptstadt führen durften waren Cork in Irland und die griechische Stadt Patras. Seit 2007 bis mindestens 2019 sind es zwei Städte, 2010 sogar drei.

Die Kulturhauptstädte 2007 waren sowohl Luxemburg, die Region Saar-Lor-Lux (Saarland-Lothringen-Luxemburg), sowie Sibiu in Rumänien. 2008 waren es Liverpool in Nordwest-England und Stavanger im Süden Norwegens.

Deutschland 2010

Die letzte deutsche Kulturhauptstadt war Weimar im Jahr 1999, elf Jahre vorher, 1988, durfte West-Berlin den Titel tragen. Ost-Berlin gehörte damals noch zur DDR und zählte nicht zum Gebiet der Europäischen Union. 2010 ist wieder Deutschland an der Reihe. Dann wird Essen stellvertretend für das Ruhrgebiet zur Kulturhauptstadt. Zusätzlich wurden von der Europäischen Kommission auch die ungarische Stadt Pécs und die türkische Metropole Istanbul (als Vertreter eines nicht-EU-Landes) zur Kulturhauptstadt Europas 2010 ernannt.

Tradition & Technik

Linz ist nach Wien und Graz die drittgrößte Stadt Österreichs mit 189 500 Einwohnern. Sie  wurde zum ersten Mal im Jahr 410 im römischen Staatshandbuch als Lentia erwähnt. Friedrich III. machte Linz als Residenzstadt von 1489 bis 1493 zum Mittelpunkt des Heiligen Römischen Reichs. Seit 1490 bis heute ist Linz Landeshauptstadt von Oberösterreich. Reich wurde Linz im 18. Jahrhundert durch die erste Textilfabrik Österreichs. Zeitweise arbeiteten dort über 50.000 Menschen.

Die Dampfschifffahrt auf der Donau leitete ab Mitte des 19. Jahrhunderts die Industrialisierung der Stadt ein. Die 1832 von Budweis her errichtete Pferdeeisenbahn war die erste Eisenbahn auf dem Kontinent. 1840 gründete Ignaz Mayer mit der Linzer Schiffswerft den ersten metallverarbeitenden Großbetrieb der Stadt und der deutsche Lokomotivhersteller Krauss baute ab 1879 Eisenbahnen in Linz.

Von der Arbeiterstadt zur Kulturstadt

In der Zeit des Nationalsozialismus sollte Linz zu einem Industrie- und Verwaltungszentrum ausgebaut werden. Dazu kamen über zehntausend Industriearbeiter neu in die Stadt, für die ganze Stadtteile wie etwa Bindermichl oder Neue Heimat mit großen Wohnanlagen neu erschlossen. Adolf Hitler, der in Linz in die Schule gegangen war, wollte dort auch seinen Ruhestand verbringen. Nach dem Krieg sollte Linz ein Deutsches Budapest werden.

Aber es kam anders und das Stahlstadt-Image der grauen und schmutzigen Industriestadt haftete Linz bis Ende der 1970er Jahre an. Durch gezielte Umweltmaßnahmen gelang es der Stadtverwaltung, Linz bis zu einer der saubersten Großstädte Österreichs zu machen.

Neue Kultureinrichtungen verbesserten ebenfalls das Bild der Stadt im In- und Ausland. 1974 wurde das Brucknerhaus an der Donaulände eröffnet und 1979 die Ars Electronica, ein Festival für Computerkunst, ins Leben gerufen. Mehr darüber erfährst du, wenn du den Link am Ende dieses Artikels anklickst.

Dazu kommen das seit 1987 jährlich stattfindende internationale Straßenkunst-Fest Pflasterspektakel oder das Musikfestival Linzfest neben zahlreichen weiteren Ereignissen im Linzer Kulturgeschehen.

Linz09 lautet das Jahresmotto der österreichischen Kulturhauptstadt 2009. Aus diesem Anlass richtet Linz etwa 300 kulturelle Veranstaltungen aus und hat u.a. zu Jahresbeginn den Neubau des Ars Electronica Center eröffnet. Die offizielle Webseite findest du hier.

Vilnius Kultur mit vielen Gesichtern

Vilnius, die Hauptstadt Litauens, liegt an der Mündung der Vilnia in die Neris, nur etwa 40 km von der weißrussischen Grenze entfernt. Mit 554. 400 Einwohnern (Ende 2007) ist sie die größte Stadt des Landes. Seit ihrer Gründung im Jahr 1316 gehörte die Stadt mal litauischen Fürsten, dann zu Polen, zum russischen Zarenreich, zum Deutschen Reich und zur Sowjetunion. Im 16. Jahrhundert wurde Vilnius das wichtigste Zentrum jüdischer Kultur in Nordeuropa. Diese Einflüsse haben die Stadt und ihre Bewohner geprägt, und so hat sich ihr multiethnischer und multikultureller Charakter bis heute erhalten.

57.8% der Einwohner sind Litauer, 18.7% Polen, 14% Russen, 4% Weißrussen, 0.5% Juden und die restlichen 5% setzen sich aus diversen anderen Nationen zusammen.

Weltkulturerbe

Die Altstadt als historisches Zentrum von Vilnius ist eine der größten in Osteuropa (360 ha). Das kulturelle Erbe der Stadt kann hier auf kurzen Wegen besichtigt werden ein Spaziergang als Zeitreise. Die rund 1500 Gebäude hier sind in sieben verschiedenen Jahrhunderten gebaut worden und spiegeln die Vielfalt der europäischen Architektur wieder. Obwohl Vilnius oft als barocke Stadt bezeichnet wird, findet der Tourist hier auch Bauten der Gotik und der Renaissance vor. Als Wahrzeichen der Stadt gelten die Ruine der Burg von Gediminas aus dem 14. und 15. Jh., sowie an ihrem Fuße die klassizistische römisch-katholische Kathedrale Sankt Stanislaus mit ihrem etwas abseits stehenden Glockenturm. Wegen ihrer Einzigartigkeit wurde die Altstadt von Vilnius 1994 in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen.

Vom Mittelalter zur Laser-Show

Vilnius ist die erste Stadt aus der ehemaligen Sowjetunion, die den Titel Europäische Kulturhauptstadt trägt. Auch deshalb will der Litauische Staatspräsident Valdas Adamkus die Besucher der Feste und Feierlichkeiten an die Europäische Vergangenheit der Stadt erinnern. So bekam der "Licht-Architekt" Gert Hof den Auftrag, mit einer 20 Minuten langen Licht- und Laser-Show in der Neujahrsnacht die tausendjährige Geschichte Litauens sichtbar zu machen, und das ist ihm gelungen.

Lebendige Kultur zum Staunen und Anfassen

Unter dem Motto "Culture live" soll in etwa 900 Veranstaltungen der Bogen zwischen nationaler und internationaler, zwischen traditioneller und moderner Kultur gespannt werden. Das "Erste Internationalen Vilniusser Opernfestival" gehört ebenso dazu wie eine Ausstellung der Hauptwerke des georgischen Malers Nikolos Pirosmanaschwili. Ein Höhepunkt des Festjahres wird der 6. Juli werden, der Nationalfeiertag Litauens: Zum Abschluß des großen Sänger- und Tanzfestivals wird  ein Chor von 30.000 Stimmen zu hören sein. Am Abend werden außerdem auf 1000 registrierten Burgbergen im Land 1000 Feuer entzündet.

Mehr über die Europäische Union und die Länder Europas sowie die politischen Organe erfahrt ihr auch im WAS IST WAS Band 113 Europa.

 

 Text: RR, Stand 5. 1. 2009, Grafiken Stadtwappen: Wikipedia GNU-FDL, Fotos: Linz: percon93 (Neuer Dom) PD, Mikegr (Ars Electronica Center) GNU-FDL.

Vilnius: Mastaart (Altstadt) GFDL, Gintara (Kathedrals St. Stanislaus) GFDL.

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