"Hair": Blumenkinder erobern die Musicalbühne

Als das Hippie-Musical Hair vor 35 Jahren zum ersten Mal öffentlich gezeigt wurde, ging ein Aufschrei durch das konservative Amerika: Blumenkinder, die den Vietnamkrieg verweigern, Drogen konsumieren und die freie Liebe predigen das war nicht nur skandalös, sondern wurde als offene Provokation gegen sämtliche bestehenden Wertvorstellungen verstanden.

Keine Frage: Hair verstieß gegen eine ganze Reihe von Broadway-Konventionen. Schon der Titel war Programm. Die (langen) Haare der Hippies sind als Protest-Symbol zu verstehen. Und dann diese Musik: deftiger Rock statt der bis dahin im Musical üblichen jazzigen oder operettenhaften Klänge! Auch die Akteure des Stücks entsprachen ganz und gar nicht den gängigen Erwartungen. Die waren weder aus der Geschichte, der Mythologie oder der Fantasie entsprungen, sondern direkt aus dem Leben gegriffen.

"Make love - not war"

Doch genau deshalb traf die Story um Claude, Sheila und Berger bei der Flower Power-Generation ins Schwarze. Die jungen Zuschauer konnten sich mit den Figuren auf der Bühne identifizieren und ihre Probleme verstehen, weil sie ihre eigenen waren. Auch viele von ihnen begehrten auf gegen die Generation ihrer Eltern, wollten mit Krieg, Atomkraft und spießigen Moralvorstellungen nichts am Hut haben Make love not war lautete das Motto.

Blumenkinder

Hauptdarsteller des Stückes ist Claude. Er möchte um jeden Preis aus seinem bürgerlichen Leben ausbrechen und sich einer Hippie-Clique im New Yorker East Village anschließen. Obwohl seine neuen Freunde, allen voran der rebellische Berger, ihn bereitwillig zu integrieren versuchen, kann er sich nicht entscheiden: Seine Einberufung nach Vietnam einerseits und die Verlockung eines freien Lebens jenseits jeglicher Verpflichtungen stürzen ihn in einen tiefen Gewissenskonflikt, den er erst mit Hilfe von LSD überwinden kann.

Auf Umwegen zum Broadway

Wegen seiner offenkundigen Hippie-Philosophie wurde Hair vorerst nicht am Broadway gezeigt. Die Autoren James Rado und Gerome Ragni konnten einfach keinen Produzenten finden, der sich für ein solches Experiment bereit erklärte. Das Musical musste sich erst einmal jenseits der berühmten Vergnügungsmeile behaupten, bis es auch am Broadway durchstarten durfte.

Bis heute ein Kultstück

Inzwischen hat Hair längst den Rang eines Kultmusicals erlangt. Noch heute wird es in Theatern auf der ganzen Welt aufgeführt und neu interpretiert. Zuletzt mit großem Erfolg am Musicaltheater Bremen. Die fetzigen Songs aus der Feder von Galt Mac Dermont begeistern die Zuschauer nach wie vor auch wenn es schon 35 Jahre her ist, dass Let the sunshine in als Hippie-Hymne die Welt eroberte.

Nic 29.04.2002 / Abbildung: Mediaphon.

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