Ballett - eine Kunst

Schwanensee, Nussknacker und Dornröschen. Tschaikowski, Nurejew, Margot Fonteyn wer an diese Begriffe denkt, denkt an Ballett. Wenn das bei dir nicht der Fall ist, erkläre ich dir, was diese Sachen mit Ballett zu tun haben.

Entstanden ist diese Kunstform aus dem höfischen Tanz der Adeligen im 15. und 16. Jahrhundert. Das erste Ballett, in der Form, wie wir es heute kennen, wurde für Katharina von Medici, einer einflussreiche Italienerin und Königin von Frankreich (siehe Bild), choreographiert. 1581 kam dieses Ballett namens Le Ballet comique de la Reine zur Aufführung. Eine Choreographie ist das Einstudieren eines neuen Tanzes, also welche Schritte in welcher Reihenfolge vorkommen, welche Musik gespielt wird und wie viele Tänzer mitmachen quasi ein Tanzplan.


Achtzig Jahre später, 1661, gründete Ludwig XIV., besser bekannt als der Sonnenkönig, die erste Ballettakademie der Welt in Paris. Endlich gab es eine Institution, in der man den Beruf Tänzer erlernen konnte und zum Unterricht gehen konnte. Seither entwickelte sich das Ballett immer weiter und wurde vereinheitlicht. Da das Ballett in Frankreich entstand, ist die Fachsprache heute französisch.


Schwester als Inspiration


Auch ich habe fast 20 Jahre meines Lebens im Ballettsaal verbracht und habe diese Kunst lieben gelernt. Schon als kleines Mädchen von vier Jahren stand ich mit dem Ballettbuch meiner Schwester in der Hand im Wohnzimmer und habe die Figuren nachgeahmt. Mir haben schon immer die Kostüme gefallen, die langen, seidenen Gewänder, die Spitzenschuhe aus rosafarbenem Stoff und die schöne Musik, auch wenn ich selbstverständlich noch keine Ahnung hatte, wie schwer Ballett eigentlich ist.


Ballettschuhe sind in der Spitze durch Metalleinlagen verstärkt und gepolstert. Trotzdem ist es eine manchmal schmerzhafte Herausforderung, diese Figur (= En Pointe) zu tanzen.



Ballett bedeutet vor allem Disziplin. Das war die erste Lektion, die ich in meiner allerersten Ballettstunde lernte. Man darf nicht nachlässig sein, wenn man gut werden will. Deswegen soll man mit dem Tanzen schon früh beginnen. Am besten mit ungefähr sieben Jahren, denn dann lernt man die Figuren und Positionen praktisch von allein und muss sich nicht so anstrengen wie ein Erwachsener.


Wichtig ist einfach, dass man Spaß daran hat. Aber erstmal möchte ich euch einige Grundbegriffe näher bringen und euch die richtigen Bezeichnungen vorstellen.



Los geht's


Diese Figur heißt "Attitude". Wichtig ist, dass der Rücken ganz gerade und der Po angespannt ist. Das Spielbein ist angewinkelt. Während der Proben muss man diese Position minutenlang halten. Im Tanz geht diese Figur oft in eine Arabesque über.



Jede Ballettstunde, egal ob in einem Hobbyverein oder in einer Profistunde, beginnt mit den Übungen an der Stange oder wie die Profis dazu sagen: Exercises à la barre. Man stellt sich so an die Stange, dass der eine Arm in die Mitte zeigt und der andere Arm an der Stange ist. Jedoch lehnt man sich nicht einfach an! Man steht kerzengerade, die Hand des Stangenarms liegt leicht auf dem unteren Holm aber nicht festhalten!


Die Füße stehen in der ersten Position: die Fersen berühren sich und die Zehenspitzen zeigen nach außen, Knie sind durchgedrückt. Der Blick ist geradeaus und der Hals ganz lang gestreckt du wirst merken, dass das richtig anstrengend ist. Aber ich habe mich schon allein bei dieser Position richtig gut gefühlt, weil man elegant aussieht und es erst mal gelernt werden muss, so zu stehen.


Jetzt wird es ernst


Diese Figur nennt sich "Passé en Tournant". "Passé" steht für das angewinkelte Bein und "en tournant" bedeutet "sich drehend". Professionelle Tänzer vermeiden Schwindel, indem sie den Kopf möglichst lang stillhalten und dann sehr schnell drehen, während sich der Körper kontinuierlich dreht. Dadurch wird der Gleichgewichtssinn nicht so sehr verwirrt, als wenn man den Kopf zusammen mit dem Körper drehen würde.

Und jetzt beginnt das eigentliche Training. Üblicherweise fängt man mit Pliés an, dann Grand Pliés, Battements Tendues, Battements Tendues Jetés und so weiter. Im Ballett ist es normal, dass man alle Übungen in den fünf verschiedenen Positionen durchführt. Das baut die Muskulatur auf und du wirst geschmeidiger, also dehnbarer, gelenkiger und man sieht den Kraftaufwand bei den einzelnen Übungen nicht mehr so.

Gleichgewicht ist alles


Meistens trainiert man an der Stange ungefähr eine halbe Stunde. Die ersten Übungen sind meist kleine Bewegungen, weil man ja noch nicht aufgewärmt ist und am Schluss macht man dann schon größere Bewegungen. Wenn also der erste Teil des Trainings vorbei ist, geht man à la milieu (in die Mitte). Da wiederholt man alle Übungen, die man an der barre schon gemacht hat ohne stützenden Halt. Da ist es dann ganz besonders wichtig, dass du Deinen Körper anspannst und immer gerade stehst, sonst verlierst du das Gleichgewicht, weil du ja auch manchmal nur auf einem Fuß stehst.


Diese Haltung hat keinen eigenen Namen. Sie dient als Übergang zwischen zwei Figuren und schaut einfach elegant aus.



Natürlich ist der Traum eines jeden Ballettélève, wie man die Ballettschüler in der Fachsprache nennt, Tänzer zu werden. Aber dieser Weg ist steinig. Zum einen muss der Körper mitmachen. Dies wird durch alljährliche Untersuchungen bei einem Sportmediziner herausgefunden und bescheinigt. Zum anderen muss man viel trainieren, um die harten Aufnahmeprüfungen an namhaften Ballettakademien zu bestehen.


Von der Klassik in die Moderne


Hat man diese Hürden geschafft, dann bekommt man in drei Unterrichtsjahren viele verschiedene Tanzstile, wie zum Beispiel HipHop, Jazz Dance und so weiter vermittelt. Aber auch neben den praktischen Fächern gibt es Theorie, die sich in Anatomiekursen, Tanzgeschichte und ähnlichem niederschlägt.


Wenn man schon in jungen Jahren auf eine Ballettakademie geht, dann hat man auch weiterhin den ganz normalen Schulalltag, denn eine gute Ausbildung ist wichtig, weil die meisten Tänzer mit dreißig oder spätestens vierzig die Bühne verlassen. Oder der eigene Körper macht nicht mehr mit und man muss das Tanzen ganz aufgeben. Ballett ist nicht ungesund, aber es ist eine Herausforderung an den eigenen Körper, den man immer gut pflegen soll!


Wenn du jetzt Lust bekommen hast auch Ballett zu tanzen, dann informiere dich über Hobbyballettschulen, aber versuche es nicht dir allein beizubringen, sonst gewöhnst du dir Haltungsschäden an. So, dann gebe ich dir zuletzt noch den typischen Theaterwunsch mit auf den Weg: Hals- und Beinbruch!


Übrigens:

Die zu Beginn genannten Titel "Schwanensee", " Nussknacker" und "Dornröschen" sind Ballette, die alle vom russischen Komponisten Tschaikowski geschrieben worden sind. Der in Russland geborene Rudolf Nurejew war einer der berühmtesten Balletttänzer. Als er 1961 im Westen blieb und nicht mehr in seine Heimat zurückkehrte, tanzte er viele Jahre vor allem mit der Primaballerina Margot Fonteyn in der königlichen Ballettkompanie in London. Am meisten bewundert wurde das Traumpaar des Balletts in den Rollen des Prinzen Siegfried und des Schwanenprinzessin Odette im "Schwanensee".

Wenn ihr mehr wissen wollt:

http://www.hamburgballett.de/


http://www.stuttgart-ballet.de/deutsch/d_crankoschule/d_einstieg_schule.html


http://www.ballettstiftung-heinz-bosl.de/


Text & Bilder: Barbara Gerngroß 28.11.2008

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