München: Die tragischen Spiele

m Montag, den 26. August 1972 begannen in München die 20. Olympischen Spiele. Es sollten die heiteren Spiele werden, doch Terroristen ließen die Olympiade 1972 in einer Tragödie enden.

Ein strahlend weiß-blauer Himmel stand über der bayerischen Landeshauptstadt als IOC-Präsident Avery Brundage anlässlich der Eröffnungsfeier von der Oase des Friedens sprach. Willi Daume, der damalige Präsident des Nationalen Olympischen Komitees, hatte sich das Motiv der heiteren Spiele ausgedacht. Der Jazz- und Unterhaltungsmusiker Kurt Edelhagen arrangierte für diese Eröffnungsfeier die Folklore von über 120 Ländern.

Die schon damals oft beschworene Jugend der Welt feierte ihr Fest unabhängig von der Tagespolitik, die die Spiele unmerklich überschattete.

Die Politische Lage

Die Olympischen Spiele von München dokumentierten die Teilung Deutschlands auch im sportlichen Bereich: Zum ersten Mal in der olympischen Geschichte gingen mit den Mannschaften aus der Bundesrepublik und der DDR zwei getrennte deutsche Teams als Vertreter zweier souveräner Staaten mit eigener Fahne und Nationalhymne an den Start. Tokio hatte im Jahr 1964 zum vorläufig letzten Mal den Einzug einer gesamtdeutschen Mannschaft mit schwarz-rot-goldener Fahne und den olympischen Ringen als Wappen erlebt.

Die Politik setzte auf Entspannung. Bundeskanzler Willy Brandt befand sich auf dem Höhepunkt seiner Popularität. Für seine Ostpolitik hatte er im Jahr zuvor den Friedensnobelpreis erhalten.

Wenige Tage vor Beginn der Spiele wäre es fast zum Eklat gekommen, als die schwarzafrikanischen Mannschaften mit einem Boykott der Spiele drohten. Wegen dieses politischen Drucks wurde die rhodesische Mannschaft von den Spielen ausgeschlossen.

Vorbereitungen

1966 vergab das Internationale Olympische Komitee die Olympischen Spiele 1972 nach München. In sechs Jahren entstand hier, zu Füßen des 290 Meter hohen Olympiaturms, der Olympiapark - ein Ensemble moderner Stadien und Sporthallen, das Olympische Dorf, die Pressestadt und das Pressezentrum.

Die Gesamtkosten der Olympischen Spiele betrugen rund 1.940 Millionen DM. Diese Investitionen umfassten die Sportbauten auf dem Oberwiesenfeld, die landschaftliche Gestaltung und die Verkehrserschließung, die Olympia-Regattastrecke in Oberschleißheim, die Schießanlage in Hochbrück, die Basketballhalle (Rudi-Sedlmayer-Halle) an der Siegenburgerstraße, den Aus- bzw. Neubau von Hallen im Messegelände, die Reitanlage in Riem und die Kanu-Slalom-Anlage in Augsburg. Dazu kam noch das Seglerzentrum in Kiel. Allein 502 Millionen DM kostete die Organisation der Spiele.

Auf dieser Seite findest du mehr Informationen über das Münchner Olympiastadion.

Höchstleistungen und Rekorde

Zu Beginn der Spiele sah es für die deutschen Athleten nicht gut aus. Nach einigen medaillenlosen Tagen titelte eine Zeitung selbstironisch: Die anderen siegen wir bleiben heiter!

Im Medaillenspiegel nahmen die beiden deutschen Staaten zuletzt aber doch den 3. und 4. Rang ein, ein gemeinsamer deutscher Staat wäre nach der UdSSR und vor den USA auf Platz 2 gekommen.

Einige Namen von damals sind noch immer unvergessen: Mark Spitz zum Beispiel: Der kalifornische Schwimmer gewann sieben Goldmedaillen mehr als jeder andere Sportler vor ihm.

Heide Rosendahl und Renate Stecher lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen beim Staffellauf, Rosendahl brillierte beim Weitsprung und Fünfkampf. Der Speerwerfer Klaus Wolfermann bezwang knapp seinen Freund Janis Lusis, und die 16jährige Ulrike Meyfarth sprang höher als je zuvor und erreichte den Weltrekord. Als erwachsene Frau durfte sie dies zwölf Jahre später ein zweites Mal erleben.

Auf dieser Seite findest du den Medaillenspiegel der Olympiade von 1972.

Das Attentat

Der Rekord der Ulrike Meyfarth am 4. September 1972 war das letzte heitere Bild der Spiele. Die letzten sechs Tage wurden zu einer einzigen Quälerei: Acht junge Palästinenser überwanden in den frühen Morgenstunden des 5. September den Zaun zum Olympischen Dorf, töteten im israelischen Mannschaftsquartier zwei Sportler und nahmen neun als Geiseln. Die größte Sportveranstaltung der Welt war über Nacht zu einem Nebenkriegsschauplatz des israelisch-palästinensischen Konflikts geworden. Die Welt war geschockt und die Sicherheitsbehörden hilflos. Die liberale Ausrichtung der Spiele - ohne sichtbare Polizeipräsenz - erwies sich nun als verhängnisvoll.

Der Tag zog sich mit zähen Verhandlungen hin. Um 22 Uhr 22 flogen Hubschrauber die Terroristen mit ihren Geiseln zum Militärflughafen Fürstenfeldbruck. Die von der Polizei gestellte Falle funktionierte jedoch nicht. Es kam zu einer Schießerei. Als um 1 Uhr 32 der letzte Schuss fiel, waren fünf der acht Terroristen tot, die anderen verhaftet. Keine der neun Geiseln hat überlebt. Auch der Polizeiobermeister Anton Fliegerbauer starb durch eine Kugel der Attentäter.

In gedrückter Stimmung endeten die Spiele am 11. September. OK-Präsident Willi Daume sprach zuletzt nicht mehr von heiteren Spielen. Statt dessen drückte er aus, was das ganze Volk fühlte: Sie haben uns die Seele aus dem Leib geschossen.

Auf der Seite findest du mehr Informationen über die Olympiade von 1972 und einen chronologischen Ablauf des Attentats.

Text. Roland Rosenbauer

Fotos: Plattencover Edelhagen, Luftbildaufnahme des Olympiastadions mit Olympiaturm und Halle, im Hintergrund das Radstadion mit freundlicher Genehmigung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege (Foto: Luftbildarchäologie, Klaus Leidorf), Time-Magazine.

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