Gerätturnen spektakuläre Akrobatik

Gerätturnen zählt zu den anspruchsvollsten Sportarten bei den Olympischen Spielen. Dabei bieten die Sportler den Zuschauern zum Teil spektakuläre Flugeinlagen. Für Deutschland auf Medaillenjagd gehen Fabian Hambüchen und Philipp Boy.

Allgemeines

Beim Gerätturnen geht es darum, Übungen an den verschiedenen Geräten nach den Kriterien Technik und Haltung möglichst sauber und fehlerfrei auszuführen. Dabei werden neben Koordination und Kondition auch Mut und Selbstbeherrschung gefordert.

Beim Gerätturnen gibt es drei Gruppen, in die die Übungen eingeteilt werden: Schwungübungen (zum Beispiel Überschläge), statische Übungen (zum Beispiel die Stütze) und Übungen mit langsamer Verlagerung des Körpers.

Eine Bodenturnerin bei der Kür.

Pflicht und Kür

Bei einem Wettkampf gibt es in der Regel Pflichtübungen und Kürübungen. Bei der Pflicht muss der Turner verschiedene, vorher vom Kampfgericht festgelegte Übungen turnen. Da alle Turner das gleiche Programm haben, gibt es nur eine Note auf die Ausführung.

 

Bei der Kür darf der Sportler selbst entscheiden, was er zeigt. Er stellt sein Programm vorher aus Übungen des sogennanten Code du Pointage zusammen. Darin sind alle Übungen mit ihrem Schwierigkeitsgrad aufgelistet. Bei der Kür setzt sich die Note aus zwei Teilnoten zusammen: eine auf die Ausführung und eine auf den Schwierigkeitsgrad der Kür.

Bewertung beim Turnen

Es gibt für jede Übung festgelegte Regeln, nach denen man den Sportler bewerten kann. So setzt sich die Endnote aus dem Schwierigkeitsgrad der Übung und den Punkten für die Ausführung zusammen.

Je nach Anspruch der Übung liegt der Schwierigkeitsgrad zwischen 4,5 und 7,0 Punkten. Bei der Ausführung werden von 10,0 Punkten ausgehend Punkte für Fehler abgezogen. Beides wird addiert und ergibt die Note eines Kampfrichters.

Die Noten der Kampfrichter werden zusammengezählt, wobei man die höchste und die niedrigste Bewertung streicht. Das macht man, um Extremwerte zu vermeiden, damit kein Kampfrichter parteiisch bewerten kann. Der Turner, der die höchste Punkzahl erreicht hat, gewinnt den Wettkampf. Generell geht bei allen Geräten die Landung in die Bewertung mit ein.

Die Turngeräte

Die Turngeräte, die im Wettkampfbereich geturnt werden, sind bei Männern und Frauen unterschiedlich. Einzig die Disziplinen Boden und Sprung gibt es bei beiden. Hinzu kommen bei den Männern das Pauschenpferd, die Ringe, der Barren und das Reck.

Die Frauen absolvieren stattdessen Stufenbarren und Schwebebalken. Natürlich muss nicht jeder Turner in allen Disziplinen antreten. Es gibt, wie bei der Leichtathletik, Spezialisten in jeder Disziplin, aber auch Mehrkämpfer, die an allen Disziplinen teilnehmen.

Das Bodenturnen verbindet akrobatische und rhythmische Elemente.



Bodenturnen

Beim Bodenturnen wird auf einer 12 mal 12 Meter großen Fläche geturnt. Dabei handelt es sich um eine leicht federnde Unterkonstruktion mit darauf liegenden, dünnen Matten. Die Bodenkür dauert zwischen 50 und 70 Sekunden und ist meist mit Musik unterlegt.

Es kommen sowohl akrobatische (Überschläge), als auch gymnastische (zum Beispiel Grätschen) Elemente vor. Das ganze wird rhythmisch zur Musik vorgetragen. Die ganze Fläche muss ausgenutzt werden und es dürfen keine Elemente wiederholt werden.

Am Sprungtisch bekommen die Zuschauer spektakuläre Überschläge zu sehen.

Der Sprung

Während früher das Sprungpferd verwendet wurde, springt man heute vom Sprungtisch. Dieser ist bei Frauen 125 Zentimeter, bei Männer 135 Zentimeter hoch und hat eine geneigte Fläche. Der Turner darf einen Anlauf von bis zu 25 Metern nehmen und springt von einem Sprungbrett ab.

Dann überquert er akrobatisch den Sprungtisch. Dazu stützt er sich mit den Händen ab und gewinnt durch die leichte Federung im Tisch an Höhe. Nun kann er Überschläge oder ähnliches zeigen. Die Landung sollte so sicher wie möglich sein, denn sie geht in die Bewertung mit ein.

Beim Pauschenpferd dürfen nur die Hände das Gerät berühren.



Pauschenpferd

Das Gerät, auf dem hier geturnt wird, ist 160 Zentimeter lang und 115 Zentimeter hoch und mit Leder überzogen. In der Mitte befinden sich zwei Griffe. Das ganze erinnert an ein Pferd mit Sattel. Der Turner darf das Gerät nur mit seinen Händen berühren und muss die Beine permanent in einer Kreisbewegung halten.

Aus dieser Position werden verschiedene Übungen geturnt, die sowohl die Mitte, als auch die beiden Enden des Pferdes umfassen müssen. Die Kür muss in gleichmäßigem Rhythmus vorgetragen werden. Die Übungen sind hier schwer zu bewerten und werden nur von Profis richtig erkannt.

Ein solcher Kreuzhang an den Ringen erfordert ernorme Kraft.

Ringe

Bei dieser Disziplin hängen zwei Ringe mit einem Innendurchmesser von 18 Zentimetern in einer Höhe von 2,75 Metern an einem Gerüst von der Decke. Dieses Gerüst hält die Ringe in einem Abstand eines halben Meters und ist drehbar.

Die Turner dieser Disziplin brauchen sehr viel Kraft, um die Übungen erfolgreich zu meistern. Neben mindestens zwei Handständen werden mehrere Kraftelemente gezeigt. Darunter der Kreuzhang, bei dem der Sportler mit ausgebreiteten Armen in den Ringen hängt. Nur die kräftigsten Turner haben hier Erfolg.

Ein Handstand am Barren bei Olympia 1896.



Barren

Der Barren besteht aus zwei parallelen Holmen, die in der gleichen Höhe angebracht sind, und zirka 50 Zentimeter auseinander liegen. Ein Holm besteht aus Holz mit einem Kunstoffkern und ist deshalb elastisch.

Die Holme sind 3,50 Meter lang und in einer Höhe von 2 Metern angebracht. Hier werden hauptsächlich Schwung- und Flugelemente gezeigt. Schraubenkombinationen und Salti sind mitunter keine Seltenheit. Die Turner dürfen während ihrer Kür höchstens dreimal stoppen.

Das Reck gilt als Königsdisziplin des Turnens.

Reck

Das Reck gilt als Königsdisziplin beim Turnen. Es besteht aus einer 2,40 Meter langen Stange, die an zwei tragenden Stangen in 2,55 Meter Höhe montiert wird. Spanndrähte verleihen dem Gerät zusätzlich Elastizität.

Der Turner schwingt sich um die Reckstange und zeigt dabei spektakuläre Flugelemente, nach denen er sich wieder an der Stange fängt und weiter schwingt. Drei und mehr Flugeinlagen pro Kür machen das Reck zu einer der attraktivsten Turndisziplinen für den Zuschauer. Die Landung wird meist mit einem weiteren Überschlag abgeschlossen.

Kinder turnen am Stufenbarren.



Stufenbarren

Der Stufenbarren besteht, ähnlich wie der Barren, aus zwei Holmen. Jedoch sind sie in unterschiedlichen Höhen befestigt. Normalerweise ist der untere Holm bei 1,66 Metern, der obere bei 2,46 Metern angebracht.

Auf dem Stufenbarren turnen nur Frauen. Die Übungen ähneln denen beim Reck der Männer, denn es werden hauptsächlich Schwung- und Flugelemente gezeigt. Außerdem darf man zwischen den Holmen wechseln.

Der Schwebebalken erfordert eine gute Balance.

Schwebebalken

Auch der Schwebebalken wird nur von Frauen beturnt. Es handelt sich dabei um einen 5 Meter langen und 10 Zentimeter breiten Balken aus Holz. Er wird von Stützen auf 1,2 Meter Höhe getragen.

Beim Turnen auf dem Schwebebalken kommt es vor allem auf die Balance an. Es werden Sprünge, Halteelemente und Überschläge gezeigt, wie zum Beispiel Salti und Flickflacks. Beim Abgang wird extra Anlauf genommen um einem möglichst spektakulären Sprung zu schaffen.

07.08.2008; Text: Jan Wrede; Bilder: Wikipedia, Vorschaubild Balken: Raphael Goetter (cc), Turnerin: Faeryan (cc), Sprungtisch & Bodenturnerin: Wilson Dias/Abr (cc), Schwebebalken & Stufenbarren: GIMNASIA MADRE_MATILDE (cc), Pauschenpferd: brokenchopstick (cc), Reck: Rick McCharles (cc)

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt