Das paralympische Boccia

20 Sportarten stehen während der Paralympics auf dem Programm. Jede Disziplin wird in unterschiedliche Klassen unterteilt, je nach Grad und Art der Behinderung. Neben bekannten Sportarten wie Schwimmen, Schießen, Judo, Reit- und Radsport oder Leichtathletik gibt es auch Disziplinen, die sonst nicht zu den olympischen Sportarten zählen. Eine davon ist Boccia.

Boccia als Freizeitspiel

Jeder Spieler hat Kugeln einer bestimmten Farbe. Die können aus Leder, Plastik, Metall oder auch Holz sein. Eine kleinere Kugel wird weggeworfen, meist nicht zu weit und dann versucht jeder Spieler mit seinen Kugeln so nah wie möglich an das Ziel heranzuwerfen. Wer seine eigenen Kugeln am nächsten an die kleine Kugel heranbringt, der hat gewonnen. Dabei kann man Teams bilden oder jeder spielt gegen jeden. Man trifft sich auf Plätzen oder am Sandstrand um Boccia zu spielen, ein echtes Freizeitvergnügen! Doch Boccia ist auch eine tolle Sportart und gerade bei den Paralympics kann man das bei spannenden Wettkämpfen erleben.

Eine uralte Geschichte

Überliefert ist diese Kugelsportart schon aus dem Alten Ägypten und auch die alten Römer liebten dieses Spiel. Das klassische italienische Boccia wurde schließlich im 16. Jahrhundert in Italien erfunden. 1873 wurde im Piemont der erste Boccia-Verein gegründet. Und 1904 kommen in Turin auch die ersten offiziellen Regeln heraus.

Boccia kommt aus dem Piemont

Der Name "Boccia" stammt vom lateinischen Wort für Ball "bottia" ab. Es ähnelt dem französischen Boule- oder Pétanque-Spiel. In Italien, der Schweiz und Österreich ist Boccia sehr beliebt. In Deutschland wird es vor allem im süddeutschen Raum gespielt, wo es auch eine Liga mit zehn Vereinen gibt. Und die spielen natürlich nicht im holprigen Sand, sondern üben ihren Präzisionssport auf ebenem Boden, eingeteilt in Bahnen, nach festen Regeln aus, genau wie bei den paralympischen Spielen.  

Eliseu Santos (L) und Dirceu Pinto (rechts, die brasilanischen Plympiasieger beim Wurf. (Photo credit: Xinhua) Das brasilianische Team schlug das portugiesische im Finale Gemischtes Doppel BC4 und holte Gold!



Boccia bei den Paralympics

1984 wurde Boccia in das paralympische Programm aufgenommen. Auch hier wird nach den Regeln der internationalen Boccia Kommission gespielt. Bei der paralmypischen Variante wurden die Regeln nur an die Behinderungen der Spieler angepasst. Die Athleten haben häufig spastische oder andere starke körperliche Behinderungen und sitzen deshalb im Rollstuhl. Wegen der unterschiedlichen Behinderungen gibt es vier verschiedene Klassen, in die die Sportlerinnen und Sportler eingeteilt werden.

Die Olympiasiegerin 2008 im Einzel (im gemischten Wettbewerb) der BC2-Klasse beim Wurf. (Mark Kolbe /Getty Images). Hoi Ying Karren Kwok aus Hong Kong gewann gegen den Briten Nigel Murray im Finale und holte sich Gold!

Die Klassen beim Boccia

Jede Klasse wird durch eine Abkürzung gekennzeichnet:

BC1 sind Cerebralparetiker, die mit der Hand werfen oder dem Fuß spielen und einen Assistenten in Anspruch nehmen dürfen. Dieser steht außerhalb des Spielbereichs und hält zum Beispiel den Rollstuhl.

Cerebral kommt von Cerebrum, dem lateinischen Wort für Hirn. Bei Cerebralparetikern wurde das Gehirn während seiner Entwicklung geschädigt. Dadurch kommt es zu gestörten Bewegungsabläufen. Die Kraft der Muskeln ist zwar vorhanden, aber die Bewegungsabläufe sind nicht koordiniert, laufen nicht rund sondern eckig, manchmal auch zeitverzögert oder sehr langsam ab.

BC2 sind Sportlerinnen und Sportler, die Cerebralparetiker sind, mit der Hand werfen und keinen Assistenten benötigen.

BC3 sind die Sportlerinnen und Sportler, die eine schwere körperliche Behinderung haben und einen Assistenten zur Seite haben.

BC4 sind Teilnehmer, die schwer körperlich behindert sind, aber keine Hilfe benötigen im Wettkampf. 

In jeder Klasse werden Medaillen im Einzelwettkampf vergeben. In den Klassen BC1 und BC2 wird außerdem noch ein Teamwettbewerb mit jeweils drei Spielern pro Mannschaft ausgetragen. In den Klassen BC3 und BC4 gibt es auch einen Paarwettkampf, bei dem das Ergebnis von zwei Spielern zusammengezählt wird.

Die Boccia-Wettbewerbe werden 2008 in der Fechthalle in Peking ausgetragen.

Sechs Würfe vier Sätze

Bei den Paralympics in Peking ist das Spielfeld zehn mal sechs Meter groß. Die Kugel, die die Athleten treffen wollen, ist genauso groß wie die ledernen Wurfbälle, nur weiß und nennt sich "Jackball". Jeder Spieler hat pro Satz sechs Würfe um seine Lederkugel so nah wie möglich am Jackball zu positionieren, wobei er auch fremde Kugeln wegschießen kann. Im Einzelwettbewerb und im Paarwettbewerb entscheiden jeweils vier Sätze über den Sieger, im Teamwettbewerb werden sechs Sätze gespielt. Gewonnen hat, wer am Ende aller Sätze die meisten Punkte erspielt hat.

In Peking wurden die Boccia-Wettkämpfe über eine Woche ausgetragen. Sie fanden in der Fechthalle statt, die rund 500 Meter vom olympischen Dorf entfernt liegt und in der rund 5900 Zuschauer Platz haben.

Kennt ihr Goalball?

Auch "Goalball" ist olympische Disziplin. Und auf www.radio108.de erfahrt ihr mehr denn auch die Deutsche Nationalmannschaft der Damen im Goalball ist nach Peking geflogen, um Medaillen zu holen. Falls euch interessiert, wie diese Sportart für sehbehinderte und blinde Sportler funktioniert: Schaut nach bei www.radio108.de!

-ab-12.09.2008 Text / Fotos: Bocciakugeln und einzelne Bocciakugel: Photo Disc, die Fotos der Sieger und der Fechthalle: http://en.paralympic.beijing2008.cn, die offizielle Seite der Paralympics.

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