Tomi Ungerer: Freche Verse, bunte Bilder

Es gibt fast nichts, was Tomi Ungerer nicht zeichnen kann: Vom Kinderbuch bis zur Werbegrafik, von erotischen Zeichnungen bis zur Briefmarke hat der gebürtige Elsässer alles gemacht: Am 28. November 19311 kam das Zeichengenie unter dem Namen Jean Thomas Ungerer in Straßburg zur Welt.

Preisgekrönt

Bis heute wurde der unkonventionelle Künstler mit dem unnachahmlichen Stil mit Auszeichnungen nur so überhäuft. Seit 1983 räumte Tomi Ungerer einen wichtigen Grafikerpreis nach dem anderen ab. In Straßburg wurde ihm zu Ehren 1990 sogar das Tomi-Ungerer-Dokumentationszentrum eröffnet eine umfangreiche Privatkollektion, die Zeichnungen, Plakate und Stiche enthält.



In der Schule eine Niete

Tomis Eltern selbst Historiker, Künstler und Uhrmacher haben es sich wohl kaum träumen lassen, dass es ihr Sohn in seinem Leben jemals zu etwas bringen würde. In der Schule fiel er als frech und aufmüpfig auf und wurde in seinem Abschlusszeugnis vernichtend als verdorbener und aufsässiger Charakter bezeichnet. Mit der Reifeprüfung klappte es nicht recht, dafür lernte der neugierige Tomi nach der Schule die Welt kennen und trampte auf eigene Faust bis nach Lappland.


Ungerer liebt es zynisch

Nicht, dass der junge Wilde kein Talent besessen hätte. Zeichnen und Geschichten erfinden, das war schon in jungen Jahren seine Welt. Vor allem das Bösartige und Zynische wie im Struwwelpeter oder Max und Moritz regten seine Fantasie an. Ab 1953 versuchte er sich als Student an der Kunsthochschule in Straßburg, wo er jedoch schon nach wenigen Monaten höflich gebeten wurde wieder zu gehen. Anstand und gute Manieren scheinen nicht seine Stärke gewesen zu sein.

Eine Karriere in den USA

Nachdem er bei der Uni abgeblitzt war, stieg Tomi Ungerer direkt in die Praxis ein und verdiente sich seine Brötchen als Schaufensterdekorateur und Werbezeichner. Doch diese Arbeit befriedigte ihn auf Dauer nicht. Fasziniert von der amerikanischen Kunstszene bestieg er 1956 mit nur 60 Dollar in der Tasche ein Schiff Richtung USA. Für Ungerer die richtige Entscheidung. Bereits ein Jahr später veröffentlichte er in New York sein erstes Kinderbuch. Und auch mit Werbeaufträgen und Zeichnungen für bekannte Magazine war er bald gut im Geschäft.


Vom Künstler zum Schweinezüchter

Nach wenigen Jahren hatte der Künstler jedoch genug vom hektischen Großstadtleben. Gemeinsam mit seiner Frau Yvonne kauft er 1971 eine Farm in Kanada. Während seine Werke in ganz Europa ausgestellt wurden und die vielen Bilderbücher wie Crictor, Die drei Räuber oder Das große Liederbuch Kinder in der ganzen Welt beglückten, führte Ungerer ein bodenständiges Leben, züchtete Schweine, Ziegen und Schafe. 1975 siedelte der Künstler nach Südirland über, wo er abgesehen von ausgedehnten Besuchen in Frankreich und im Elsass - noch heute lebt.

Zwischenbilanz

Der bisherige Höhepunkt in Tomi Ungerers Karriere war eine große Werkschau, die 1981 in Paris gezeigt wurde. Die Ausstellung tourte anschließend erfolgreich durch ganz Europa. Der Erich-Kästner-Preis, den der Künstler 2003 in Straßburg verliehen bekam, stellte für Tomi Ungerer eine weitere große Ehre dar. Doch mit Sicherheit ist es nicht der letzte Preis für einen der größten Grafiker, Illustratoren und Geschichtenerzähler des 20./21. Jahrhunderts gewesen. 

Nic 27.02.2003 / Coverabbildungen und Porträtfoto (aufgenommen von Jörg-Peter Lienhard) mit freundlicher Genehmigung des Diogenes Verlags.

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