Thomas Mann: Der "Dichterfürst" des 20. Jahrhunderts

Thomas Mann wird oft mit Goethe und Schiller in einem Atemzug genannt. Der Schöpfer der "Buddenbrooks" und des "Zauberbergs", um nur zwei seiner wichtigsten Romane zu nennen, ist unbestritten der Dichterfürst des 20. Jahrhunderts gewesen. An seinem Ruhm hat der Lübecker Schriftsteller - Sohn eines Kaufmanns und einer portugiesisch-stämmigen Brasilianerin - emsig gestrickt. Sein ganzes Leben drehte sich in erster Linie um ihn und seine Bücher. Am 12. August 1955 ist er in der Schweiz gestorben.

Thomas Mann, am 6. Juni 1875 in Lübeck geboren, stammte aus wohlhabender Familie und wuchs in Verhältnissen auf, die ihm ein stets sorgenfreies Leben garantierten. Er musste nicht einmal Abitur machen oder studieren, um sich ein Leben als freier Autor leisten zu können. Schon in der Schule interessierte ihn die Literatur mehr als alles andere. Wie ernst es ihm mit der Schriftstellerei war, zeigt ein bis heute erhaltener Brief aus dem Jahr 1889, den der damals 14jährige mit "Thomas Mann. Lyrisch-dramatischer Dichter" unterschrieb.


Schule - nein danke!

Aus Desinteresse am Unterricht ging Mann mit der Mittleren Reife vom Gymnasium ab und zog mit seiner Mutter und den Geschwistern nach München. Dem Wunsch des inzwischen verstorbenen Vaters zufolge sollte der Junge einen bürgerlichen Beruf ergreifen. Den langweiligen Bürojob in einer Versicherung hielt er nicht einmal ein Jahr durch. Viel lieber unternahm er mit seinem Bruder Heinrich, der später selbst ein bekannter Schriftsteller wurde, ausgedehnte Studienreisen nach Italien oder schrieb für die Zeitschrift "Simplicissimus".

Überraschungshit "Buddenbrooks"

Ein monatliches Taschengeld aus dem Vermögen des Vaters, das ihm ab dem 21. Lebensjahr ausgezahlt wurde, ließ ihn sein 1895 begonnenes Studium an der Technischen Hochschule München wieder abbrechen. Er beginnt intensiv an seinem Roman die "Buddenbrooks" zu arbeiten, der 1901 veröffentlicht wird. Der Roman über den Zerfall einer großbürgerlichen Familie, der teilweise autobiografische Züge trägt, wird beim Lesepublikum zum Überraschungshit, Thomas Mann auf einen Schlag berühmt.

Katia Pringsheim: Die Frau an seiner Seite

Auch privat hat Thomas Mann Erfolg. 1904 lernt er die Professorentochter Katia Pringsheim kennen und lieben. Obwohl er bislang keine näheren Beziehungen zu Frauen gepflegt hatte und er sich durchaus auch zu Männern hingezogen fühlte, sollte er eine glückliche, kinderreiche Ehe führen. Katia, selbst eine begabte Naturwissenschaftlerin, verzichtet ihrem Mann zuliebe auf eine wissenschaftliche Karriere. Ihr Leben lang unterstützte sie ihn, hielt ihm den Rücken frei, war seine Sekretärin und intensivste Kennerin und Kritikerin seiner Werke.

"Der Zauberberg"

Seinen zweiten großen Roman begann Thomas Mann 1913 zu schreiben. Inspiriert wurde er dazu durch einen Kuraufenthalt seiner Frau, die wegen Verdacht auf Tuberkulose in Davos/Schweiz behandelt wurde. Die Atmosphäre des Sanatoriums, seine Besuche dort sowie die Schilderungen Katias über die dort weilenden Gäste lieferten den Stoff für den "Zauberberg", den er mit Unterbrechungen bis 1924 verfasste. Das Buch, das Mann selbst literarisch viel höher schätzte als die "Buddenbrooks", wurde auf Anhieb ein Erfolg.


Für Demokratie und Humanität

Längst war Thomas Mann zu einem angesehenen Künstler geworden. Als er 1929 auch noch mit dem Nobelpreis (vor allem für die "Buddenbrooks") ausgezeichnet wurde, hatte Deutschland sein literarisches Aushängeschild. Auch politisch begann sich Mann zunehmend zu engagieren. Hatte er sich während des Ersten Weltkriegs noch bedeckt gehalten, machte er sich ab den 20er Jahren in Essays für Humanität und Demokratie stark. Zeitgleich setzte er sich mit biblischen Stoffen auseinander. 1925 begann er mit der Arbeit an der Joseph-Tetralogie (Romanreihe in vier Bänden).

Prominenter Nazi-Gegner

Thomas Mann gehörte zu den wichtigsten prominenten Gegnern des Nationalsozialismus und seine Stimme hatte im Ausland wegen seines hohen Ansehens großes Gewicht. Gegen den Aufstieg Hitlers konnte er dennoch nichts tun, auch wenn er sich mit geistreichen Schriften und Reden gegen die Nazis einsetzte. Manns Bücher fielen zwar nicht der Bücherverbrennung zum Opfer, weil man es sich mit dem großen Dichter wohl nicht völlig verscherzen wollte, dennoch verließ er Deutschland freiwillig und trat aus der Preußischen Akademie der Künste aus.


Im Exil

Über Frankreich und die Schweiz zogen die Manns 1936 in die USA. Die Amerikaner waren interessiert an dem berühmten Schriftsteller, dem inzwischen die deutsche Staatsbürgerschaft aberkannt worden war, und gewährten ihm sogar ohne gültigen Pass die Einreise. Erste Station des Exils war Prinecton, wo Mann eine Gastprofessur erhielt, später Kalifornien, wo der Goethe-Roman "Lotte in Weimar" und der "Dr. Faustus" erschienen.

Die letzten Jahre

Zu Deutschland hielt Thomas Mann weiter Kontakt. Er unterstützte andere Emigranten dabei, im Ausland Fuß zu fassen und produzierte die Radiosendung "Deutsche Hörer!", die über den BBC auch in seiner Heimat ausgestrahlt wurde. Nach dem Krieg kehrten die Manns bewusst nicht mehr nach Deutschland zurück, weil Thomas Mann die These von der Kollektivschuld, also der gemeinsamen Schuld aller Deutschen am Nationalsozialismus vertrat. Die Schweiz sollte für die letzten Lebensjahre seine Heimat werden. Hier beendete er auch den Schelmenroman "Die Bekenntnisse des Hochstaplers Felix Krull".

Große Sprache, feiner Humor

Thomas Mann ist unbestritten der größte deutsche Romanautor des 20. Jahrhunderts gewesen. Seine Werke zeichnen sich durch großes stilistisches Können, eine ausgefeilte Sprache, gelungene Charakterzeichnungen und eine gehörige Portion feinen Humor und viel Ironie aus. Seine "Helden" sind sensible, nervöse Künstlernaturen, die meist an der realen Welt, ihrer Rolle als Bürger zerbrechen. Auch homoerotische Elemente wurden häufig verarbeitet, so z.B. in den Erzählungen "Tonio Kröger" oder "Der Tod in Venedig".


Die Familie

Da Thomas Mann sein Leben lang Tagebuch führte, sind der Forschung bis heute wichtige Dokumente erhalten geblieben, die Aufschluss über Werke und Privatleben geben. Gegenstand der Wissenschaft ist auch immer wieder die Familie Mann. Von den sechs Kindern der Manns führten vor allem die Ältesten Klaus und Erika ein ausschweifendes Künstlerleben. Sohn Golo wurde ebenfalls Schriftsteller und erfolgreicher Historiker. Die Söhne Klaus und Michael sowie Tochter Monika hatten ein problematisches Verhältnis zu Thomas Mann und zerbrachen an der übermächtigen Vaterfigur.

Mehr im Netz

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Hier findet ihr das größte deutschsprachige Portal zu Thomas Mann.

Material zu den "Buddenbrooks".

Material zum "Zauberberg".

Material zum "Tod in Venedig".

-ns- 10.08.2005 / Coverabbildungen: alle S. Fischer Verlag, Thomas Mann: Betrachtungen eines Unpolitischen; Deutsche Hörer!; Buddenbrooks, Marcel Reich-Ranicki: Thomas Mann und die Seinen.

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