Philipp von Zesen und die deutsche Sprache

Am 8.10. 1619 wurde Philipp von Zesen geboren. Er war der erste deutsche Berufsschriftsteller. Außerdem erfand er für zahlreiche Fremdwörter Verdeutschungen, die Eingang in die deutsche Sprache gefunden haben.

Sprache ist etwas Lebendiges und somit einem ständigen Wandel unterworfen. Wer heute die Anglizismen - also die vielen englischsprachigen Ausdrücke - in der deutschen Sprache beklagt, vergisst, dass früher das Französische einen ähnlichen Einfluss hatte.

Bereits im 17 Jahrhundert wurde versucht, Fremdworte durch deutsche Begriffe zu ersetzen. Viele, für uns heute ganz selbstverständliche deutsche Worte stammen von Philipp von Zesen.



Der erste Schriftsteller

Philipp von Zesen wuchs in Priorau bei Dessau auf. Das Geburtshaus ist bis heute erhalten. Seine Eltern waren der lutherischen Pastor Philipp Zesen und dessen Ehefrau Dorthe. Bereits im Gymnasium in Halle fiel der junge Philipp als begabter Schüler auf. 1638 erschien sein erster Gedichtband Melpomene. 1639 studierte er Rhetorik und Poetik an der Universität Wittenberg. 1641 zog er nach Hamburg.

Nach seiner Ausbildung arbeitete er als als freier Schriftsteller und war viel auf Reisen, vor allem in den Niederlanden, wo er als Übersetzer und Korrektor für dortige Verleger tätig war.

Es entstanden aber auch eigene Werke. Zesens Poetik hatte einen hohen Einfluss auf die Entwicklung der deutschen Verslehre.

Sein autobiographischer Roman Die Adriatische Rosemund von 1645 gilt als der erste große deutsche Roman der Barockliteratur. Kirchengeschichtlich bedeutsam ist seine Vermittlung biblischer Inhalte in Gedichten und Romanen.

Bewahrer der deutschen Sprache

In Hamburg gründete Zesen 1642 eine Sprachgesellschaft mit Namen Deutsch-Zunfft, die ein Jahr später in die Deutschgesinnte Genossenschaft überging. Diese Vereinigung hatte sich unter anderem zum Ziel gesetzt, die deutsche Sprache zu bewahren und Einflüsse durch Fremdwörter zu vermeiden.

Diese Einflüsse gab es schon immer und halten die Sprache lebendig und modern. Neologismen nennen Sprachwissenschaftler jene Worte, die neuen Dingen einen einprägsamen Namen geben.

Zuerst hat sich die deutsche Sprache am Latein orientiert, dann jahrhundertelang am Französischen, und seit Ende des 2. Weltkrieges domiert das Englische.

Zesen sah sich zu seiner Zeit als Sprach-, Vers- und Orthographiereformer. Als Sprachpurist wollte er den Wortschatz der deutschen Literatursprache erweitern, und das ist ihm auch tatsächlich gelungen.

Damals neu - heute selbstverständlich

Zesen erfand für zahlreiche Fremdwörter Verdeutschungen. Nicht alle, aber ein großer Teil davon ist in die deutsche Sprache eingegangen. Hier einige Beispiele in alphabetischer Reihenfolge. Die ursprünglichen Fremdwörter, die wir heute auch noch kennen, stehen in Klammern:


Ableitung (Derivation), Abstand (Distanz), Angelpunkt (Pol), Anschrift (Adresse), Augenblick (Moment), Ausflug (Exkursion), Beifügung (Apposition), Beistrich (Komma), Besprechung (Rezension), Blutzeuge (Märtyrer), Bücherei (Bibliothek), Emporkömmling (Parvenü), Entwurf (Projekt), Farbgebung (Kolorit), Freistaat (Republik), Gesichtskreis (Horizont, Panorama), Glaubensbekenntnis (Credo), Gotteshaus (Tempel), Grundstein (Fundament), Kerbtier (Insekt), Kreislauf (Zirkulation), Leidenschaft (Passion), Letzter Wille (Testament), Mundart (Dialekt), Nachruf (Nekrolog), Rechtschreibung (Orthographie), Sinngedicht (Epigramm), Sterblichkeit (Mortalität), Verfasser (Autor), Vollmacht (Plenipotenz), Wahlspruch (Devise), Weltall (Universum), Zerrbild (Karikatur).


Zesens Arbeit an der deutschen Sprache wurde im 19. Jahrhundert von Joachim Heinrich Campe fortgesetzt.

Politischer Mißbrauch

Jahrhunderte nach Philipp von Zesen gab es auch immer wieder Bestrebungen, die deutsche Sprache politisch zu mißbrauchen.

So versuchten die Nazis in den 30er und 40er Jahren des 20. Jahrhunderts, deutsche Begriffe einzuführen wie zum Beispiel Zerknalltreibling für Explosionsmotor und ähnliche Worte, die sich jedoch nicht durchsetzen konnten.

Ähnlich war es später in der DDR, wo zum Beispiel christliche Begriffe aus der Sprache entfernt werden sollten. So wurde beispielsweise aus dem Christkind die Jahresendflügelpuppe.

Die Sprache der Werbung

Kreative Wortschöpfer haben es heute schwer. Während Fremdwörter früher ganz langsam in den allgemeinen Sprachgebrauch einsickerten, verbreiten sie sich heute rasant über Medien wie Fernsehen und Internet. Werbetexter bevorzugen deutsch-englische Mischsätze, weil sich dahinter Banales und Altbekanntes gut verstecken lässt. Dumm nur, dass die Werbebotschaft oft nicht ankommt, weil die Zielgruppe nicht versteht, für welches Produkt überhaupt geworden wird.

Text: RR, Stand: 8. 10. 2009, Bild: Zeitgenössisches Porträt

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