Ovid: Klassiker aus dem Lateinunterricht

Den Lateinern unter euch ist Ovid mit Sicherheit ein Begriff. Vielleicht haben einige im Unterricht sogar schon Texte des berühmten römischen Dichters übersetzt. Seine Liebeselegien und die Nacherzählungen antiker Sagenstoffe gehören stilistisch zum Besten was es in lateinischer Sprache zu lesen gibt.

Obwohl Ovid vor über 2000 Jahren am 20. März 43 v. Chr. geboren wurde, steht er uns heute so nah wie kaum ein anderer Dichter der Antike. Er vertrat in vielerlei Hinsicht eine aufgeschlossene Haltung und machte sich insbesondere für eine moderne Gesellschaftsordnung stark.

Ein Dichter fällt in Ungnade

Seine offene Art, die Dinge beim Namen zu nennen, wurde Ovid jedoch zum Verhängnis. Der Poet geriet in Konflikt mit der konservativen Politik von Kaiser Augustus, weil er ein in den Augen des Herrschers unmoralisches Liebesgedicht veröffentlicht hatte. Andere Quellen sprechen davon, dass Ovid öffentlich in Ungnade fiel, weil er von einem Skandal wusste, in den die Enkelin des Kaisers verwickelt war.

Ovid im Exil

Der Grund ist bis heute ungeklärt, doch die Konsequenz blieb die Gleiche: Ovid wurde 8 n. Chr. verbannt und musste sich nach Tomis, das im heutigen Rumänien liegt, zurückziehen. Zehn Jahren starb der Dichter, der sich bis zuletzt sehnlichst eine Rückkehr nach Rom gewünscht hatte. Seine späten Gedichte und die verbitterten Klagelieder sind durchdrungen von tiefer Traurigkeit.

Vorbild der Minne-Dichter

Obwohl Kaiser Augustus die Werke Ovids nach dessen Tod 17. n. Chr. aus allen öffentlichen Bibliotheken verbannen ließ, konnte er den Siegeszug der Amores (Liebeselegien), der Ars amatoria (Liebeskunst) und der berühmten Metamorphosen (Verwandlungen) nicht aufhalten. Im Mittelalter wurde Ovids Liebeslyrik wiederentdeckt und diente als Vorbild für den Minnesang, bei dem die Werbung eines Ritters um eine adelige Dame im Mittelpunkt steht.

Quelle für Shakespeare und Goethe

Auch in der Renaissance, die sich am Kunstideal der Antike orientierte, fand Ovid viele Nachahmer. Besonders die von ihm zur Vollendung geführte Gattung der Elegie (Klagelied eines Liebenden) wurde von Poeten wie Ariost oder Boccaccio wieder aufgegriffen. Auch berühmte Dichter wie Shakespeare und Goethe schöpften thematisch bzw. stilistisch aus den Werken Ovids.

Dichten mit Witz und Eleganz

Ovid hatte das Glück sich sein Leben lang unbekümmert dem Dichten widmen zu können. Und das tat er mit viel Witz, Phantasie, Eleganz und formaler Meisterschaft. Als reicher Erbe einer adeligen Familie führte er ein finanziell abgesichertes, teilweise recht ausschweifendes Leben. In Rom übte er bis zu seiner Verbannung einige politische Ämter aus und stand in der Gunst zahlreicher Gönner, zu denen lange auch Kaiser Augustus gehörte.

Die "Metamorphosen"

Im Lateinunterricht werden noch heute besonders häufig Ovids Metamorphosen gelesen und übersetzt. In diesem Werk lässt der Dichter in 250 Märchen und Mythen die Hauptgestalten der römisch-griechischen Götter- und Heldenwelt wieder auferstehen. Die Metamorphose, also der Gestaltenwandel, steht als Sinnbild für die Veränderungen des Lebens im Zentrum von Ovids Versen.

Nic 18.03.2003 / Buchcover: Mit freundlicher Genehmigung des Rowohlt-Verlags

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