Marie Luise Kaschnitz

Vor 105 Jahren, am 31.1.1901 wird Marie Luise Kaschnitz in Karlsruhe geboren. Sie wächst in Berlin und Potsdam auf. Obwohl ihre Familie vermögend finanziell gut abgesichert ist, erlebt sie eine eher bedrückende Kindheit, steht immer im Schatten ihrer Geschwister.

Ihre beiden älteren Schwestern sind mutig und hübsch, sie die kleine, dicke, ängstliche und zurückhaltende Marie. Ihre Schwestern und ihr Bruder erhalten die Aufmerksamkeit der Eltern, Marie wird häufig übersehen.

Als sie 13 Jahre als ist, bricht der Erste Weltkrieg aus. Mit 20 Jahren beginnt sie eine Buchhändlerlehre in Weimar. 1925 arbeitet sie in einem Antiquariat in Rom. Hier lernt sie den Archäologen Guido von Kaschnitz-Weinberg kennen, den sie noch im selben Jahr heiratet.

Kaschnitz beginnt zu Schreiben

Von nun an begleitet Kaschnitz ihren Mann auf seinen Forschungsreisen nach Frankreich, Italien und Griechenland. 1930 kommt ihre Tochter Iris Constanza zur Welt. Kaschnitz beginnt zu schreiben. Sie verfasst traditionelle Gedichte, Erzählungen und Romane, die sich häufig um das Thema "Liebe" drehen. Als erstes erscheint 1933 ihr Roman "Liebe beginnt".

Die Autorin in der Nazizeit

Während des Dritten Reiches zieht sich Kaschnitz in die sogenannte "innere Emigration" zurück. Unter Emigration versteht man das Auswandern in ein anderes Land. Kaschnitz bleibt zwar in Deutschland, lebt aber innerlich zurückgezogen. Sie lehnt den Nationalsozialismus ab. Ihr Widerstand äußert sich jedoch nicht in Taten, sondern höchstens indem sie im stillen Kämmerlein Proteste verfasst, die aber unveröffentlicht bleiben.

Später steht Kaschnitz ihrer Haltung in der Nazizeit sehr kritisch gegenüber. Sie sei zu ängstlich gewesen um wirklich etwas gegen das Regime zu unternehmen, sie wollte lieber überleben. Doch bewirkt diese Erkenntnis, dass sie sich nach dem Zweiten Weltkrieg mehr ihren Mitmenschen zuwendet. Auch ihre Dichtung wird von ihren Erlebnissen beeinflusst.

Schöne Literatur?

Sie empfindet die traditionelle bürgerliche Kunst jetzt als überflüssig. Die klassischen Formen der Dichtung entsprechen nicht mehr der Zeit, in der alles, was bisher galt, zusammengebrochen ist. 1948 erscheint ihr Lyrikband "Totentanz und Gedichte zur Zeit". Nun wird sie "Trümmerdichterin" genannt, entsprechend den Themen ihrer Gedichte. Erst nach und nach findet sie zu freieren Gedichtformen, löst sich von Reim und klassischen Versmaßen.

1951 erscheint ihr erster Erzählband "Das dicke Kind und andere Erzählungen", mit dem Kaschnitz rasch bekannt wird. In der Titelgeschichte verarbeitet sie ihre eigene Kindheit. Fast jedes Jahr erscheint nun ein neues Buch der Autorin. Mal sind es Gedichte, mal Erzählungen, mal autobiografische Texte, in denen sie über sich und ihr Leben Auskunft gibt.

Auszeichnungen

1955 erhält Kaschnitz den Georg-Büchner-Preis, den wichtigsten Literaturpreis in Deutschland. Weitere Auszeichnungen folgen in den kommenden Jahren: 1957 der Immermann-Preis der Stadt Düsseldorf, 1966 die Goethe-Plakette der Stadt Frankfurt, 1967 wählt man sie in den Orden Pour le mérite, 1968 wird sie Ehrendoktor der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität Frankfurt und erhält 1970 den Hebel-Preis des Landes Baden-Württemberg. Außerdem lehrt sie seit 1960 als Dozentin für Poetik an der Universität Frankfurt.

In eine Krise stürzt Kaschnitz, als 1958 ihr Mann stirbt. Diese Erfahrung verarbeitet sie in der Erzählung "Wohin denn ich", die sprachlich sehr komprimiert und hart ist. Bis zu ihrem Tod 1974 schreibt Kaschnitz weiter und unternimmt Lesereisen bis nach Südamerika.

Mehr über das Leben von Marie Luise Kaschnitz.

Alle Werke der Kaschnitz.

Von dieser Liste aus findet ihr zahlreiche Texte von Marie Luise Kaschnitz im Internet.

Hier hört ihr Gedichte und eine Rede von Marie Luise Kaschnitz selbst gelesen.

Text: LM 30.01.06, Foto: www.kaschnitz.de

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