Ludwig Tieck: Der "König der Romantik"

Ludwig Tieck drückte der Epoche der deutschen Romantik in vielerlei Hinsicht seinen Stempel auf. Der Berliner Dichter beherrschte nicht nur die verschiedensten Literaturformen vom Märchen bis zur Erzählung, von der Gesellschaftsnovelle bis zum Künstlerroman er war auch als Theatermann, Herausgeber und Übersetzer tätig.

Auf sein Konto geht neben der deutschen Version von Cervantes` Don Quijote auch die Übertragung sämtlicher Shakespeare-Dramen. Gemeinsam mit seinem Freund und Dichterkollegen Friedrich Schlegel übersetzte er die Texte aus dem Englischen ins Deutsche und öffnete damit dem zeitgenössischen Theaterbetrieb eine wahre Fundgrube neuer Bühnenstücke. Die so genannte Schegel Tiecksche Übersetzung gilt noch heute als Klassiker und liegt vielen Shakespeare-Ausgaben und -Aufführungen zugrunde.

Belesen

Für seine eigene Literaturproduktion verstand es Tieck, sich zahlreiche Quellen zunutze zu machen. Er schöpfte aus alten Volksmärchen, Epen, Gedichten, Volksbüchern und Schauspielen, um immer neue Stoffe für seine Werke zu finden.

Ein frühreifer Dichter

Ludwig Tieck, der am 31. Mai 1773 in Berlin zur Welt kam und in einem gebildeten protestantischen Elternhaus aufwuchs, begeisterte sich früh für Kunst und Kultur. Er scheint so frühreif gewesen zu sein, dass er bereits als Schüler Dramen und Erzählungen verfasste und seinen Lehrer sogar bei der Abfassung von Romanen behilflich war.

Literatur statt Theologie

1792 begann der junge Berliner Theologie zu studieren, brach jedoch zwei Jahre später ab. Aus Liebe zur Literatur, versteht sich. Fortan war Ludwig Tieck als freischaffender Schriftsteller tätig und veröffentlichte 1797 eines seiner Hauptwerke, Franz Sternbalds Wanderungen. In diesem Briefroman kommt nicht nur die für die Romantik typische Sehnsucht nach dem Mittelalter zum Ausdruck, sondern auch der Wunsch, Kunst zur Religion zu erheben.

Märchen mit Tiefgang

Nebenbei schreibt Tieck zahlreiche Erzählungen und Märchen, die - wie so oft in der Romantik - das Geheimnisvolle und Wundersame thematisieren. Charakteristisch ist der einprägsame, naiv wirkende Erzählton, der aber nichts mit mangelndem Tiefgang zu tun hat. Vor allem das für die Bühne entworfene Märchenspiel Der gestiefelte Kater (1797) zeugt noch heute von Tiecks satirisch-ironischer Schreibkunst.

Die Jenaer Romantik

Ende des Jahrhunderts knüpfte Tieck über Friedrich Schlegel Kontakte nach Jena. Die thüringische Universitätsstadt spielte damals eine wichtige Rolle im Kulturleben Deutschlands. Dort verkehrten damals unter anderem die Philosophen Schelling und Fichte sowie die Schriftsteller Clemens Brentano, Novalis, August und Friedrich Schlegel - allesamt Vertreter der deutschen Frühromantik. Das intellektuelle Umfeld inspirierte Tieck derart für seine Arbeit, dass er seinen Wohnsitz mit Gattin Amalie für ein Jahr nach Jena verlegt.

Leseabende vor Publikum

In den folgenden 20 Jahren unternahm Ludwig Tieck zahlreiche Bildungsreisen, u.a. nach Rom, London, Paris und Prag. Er gehörte zu diesem Zeitpunkt zu den erfolgreichsten deutschen Schriftstellern und zeigte sich seinem Publikum gerne live bei Leseabenden. Das war für damalige Schriftsteller etwas ganz Besonderes.

Blick für Zeittendenzen

Ab 1821 wandte sich Tieck ganz der Novellenkunst zu. Mit einem scharfen Blick für Zeittendenzen zeichnete er ein wirklichkeitsgetreues Bild der Biedermeier-Gesellschaft und rückte damit in die Nähe des Realismus. Das Theater stellt die letzte Station in Tiecks Künstlerleben dar. Auf Einladung König Friedrich Wilhelms IV. inszenierte der Dichter von 1842 ab Theaterstücke in Berlin. Bekannt wurde vor allem seine Bühnenfassung von Shakespeares Sommernachtstraum mit der Musik von Felix Mendelsohn-Bartoldy. Am 28. April 1853 starb Tieck von Friedrich Hebbel einmal König der Romantik genannt in Berlin.

Nic 27.05.2003 / Abbildung: www.fraenkische-schweiz.com

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