Jugendliteraturpreis 2009: Die Sieger

Am Abend des 16. Oktobers 2009 wurde auf der Frankfurter Buchmesse der Deutsche Jugendliteraturpreis 2009 verliehen. In den letzten Monaten haben wir euch die nominierten Bücher vorgestellt. Nun erfahrt ihr, welche Titel die Jurys überzeugt haben.

Sieger der Kategorie "Bilderbuch":



Shaun Tan (Text, Illustration)

Dirk Rehm (Gestaltung)

Geschichten aus der Vorstadt des Universums

Aus dem Englischen von Eike Schönfeld

Carlsen Verlag

ISBN: 978-3-551-58198-3

19,90 (D), 20,50 (A), sFr 35,90

Ab 12


Anders als im oben beschriebenen Buch gibt es neben ebenfalls wieder fantastischen und traumartig anmutenden Szenerien auch dazu passende Texte. Shaun Tan nimmt einen auch in diesem Buch wieder mit auf eine Reise in ein Land jenseits der Vernunft und des Alltags.

Ihre bezaubernde Seltsamkeit gewinnen die Geschichten und Bilder aus der Vermengung von Normalität und Abseitigem, Unerwartetem, Ungesehenem und Ungedachtem. Ein Buch, dass auf alten Wegen zu neuen Bahnen führt und zum Träumen und nachdenken nicht nur einlädt, sondern geradezu zwingt.

Wer ein Auge für das Fantastische in der Normalität bekommen möchte, sollte auf jeden Fall zugreifen!

(-jj-)

Sieger der Kategorie "Kinderbuch":

Andreas Steinhöfel (Text)

Peter Schössow (Illustration)


Rico, Oskar und die Tieferschatten


Carlsen Verlag

ISBN: 978-3-551-55551-9

12,90 (D), 13,30 (A), sFr 23,90


Ab 9


Wenn man das Titelbild sieht, wird man an Erich Kästner erinnert - und diese wundervolle Geschichte des tiefbegabten Enrico und seines hochbegabten Freundes Oskar ist auch in bester Erich Kästner-Manier geschrieben. Nur: Es spielt im Berlin von heute und die beiden Titelhelden sind Kinder der heutigen Zeit.


Rico lebt mit seiner alleinerziehenden Mutter in einem Mietshaus in Berlin. Weil er sich schwierige Zusammenhänge kaum merken kann und er rechts und links verwechselt und sich außerdem noch eine "Bingomaschine in seinem Kopf" in Bewegung setzt, sobald man zwei Sachen gleichzeitig von ihm möchte, ist Rico viel allein und zuhause. Er beobachtet die Nachbarn und seine Umgebung ganz genau. Und natürlich gibt es da eigenbrödlerische, seltsame und ganz liebenswerte Menschen.


Nun soll Enrico ein Ferientagebuch führen und das ist ganz schön schwierig für einen, der immer den roten Faden verliert. Außerdem ist in Berlins Straßen auch noch der Kinderentführer Mister 2000 unterwegs, der den Kindern im Supermarkt auflauert um Geld zu erpressen. Und schließlich lernt Enrico Oskar kennen. Der ist zwar hochbegabt, aber auch ein schwieriger Fall. Und gerade als die zwei sich angefreundet haben, verschwindet Oskar. Rico macht sich auf die Suche - und ein spannendes Abenteuer beginnt, das nicht nur mit Mister 2000, sondern auch mit den geheimnisvollen Tieferschatten zu tun hat.


Ein spannendes, tolles Buch mit sehr lustigen und ernsten Passagen, mit Geheimnissen, Rätseln und zwei wunderbaren Helden und ihrer Freundschaft. Eigentlich möchte man gar nicht mehr aufhören zu lesen!


(-ab-)

Sieger der Kategorie "Jugendbuch":



Kevin Brooks (Text)



The Road of the Dead



Aus dem Englischen von Uwe-Michael Gutzschhahn



dtv

ISBN: 978-3-423-71286-6

11,95 (D), 12,30 (A), sFr 20,60


Ab 15



Cole und Ruben sind Brüder, aber völlig unterschiedlich. Ruben, der jüngere der beiden, ist sensibler und nicht so impulsiv wie Cole. Deshalb reagieren die beiden auch völlig unterschiedlich, als sie erfahren, dass ihre Schwester Rachel in Dartmoor vergewaltigt und erwürgt aufgefunden wurde. Cole beschließt, nach Dartmoor zu fahren um den Mörder zu finden.



Ruben begleitet seinen Bruder in diese unheimliche und verlassenen Gegend. Er weiß insgeheim, dass es Cole um mehr geht als nur darum, den Täter zu finden. Cole will Rache, obwohl er für seine Nachforschungen den Vorwand benutzt, er möchte nur Rachels Beerdigung erreichen. Die Polizei gibt Rachels Leichnam nämlich erst dann zur Beerdigung frei, wenn ihr Mörder gefunden wurde. In Lynchcombe, dem Dorf, in dem Rachel am Abend der Tat ihre Freundin besuchte, sind die Fragen von Ruben und Cole jedoch unerwünscht und schon bald spüren die beiden Brüder Hass und Gewalt.



The Road of the Death ist eine Mischung aus Krimi und Thriller. Dabei geht es nicht einmal so sehr darum, den Täter zu finden. Viel intensiver spürt man aus Rubens Sicht die gegensätzlichen Charaktere der beiden Brüder und deren unterschiedliche Weise, mit Trauer und Wut umzugehen.



Durch die ganze Geschichte ziehen sich unterschwellig die Gefühle Hass, Wut und Angst, aber auch die daraus entstehende Gewalt. Da das Buch stellenweise sehr bedrückend ist und man als Leser ständig unter der Anspannung steht, was Cole und Ruben als nächstes erleben und tun werden, sollte man die Altersempfehlung wirklich ernst nehmen. Man kann dieses Buch aber auch allen empfehlen, die keine Krimi-Fans sind und trotzdem gerne die verwirrende Gefühlswelt von Brooks Charakteren in dieser Situation erfahren wollen.



(Lena Götzinger)



Sieger der Kategorie "Sachbuch":



Wolfgang Korn (Text)

Klaus Ensikat (Illustration)

Das Rätsel der Varusschlacht

Archäologen auf der Spur der verlorenen Legionen

Fackelträger Verlag

ISBN: 978-3-7716-4379-9

19,95 (D), 20,60 (A), sFr 38,60

Ab 12


Ein großes Rätsel der Geschichte rollen der Autor Wolfgang Korn und der Illustrator Klaus Ensikat in diesem Band mit wundervollen Zeichnungen auf: Das Rätsel der Varusschlacht. Genau und umfangreich erklären sie dabei die Arbeit von Archäologen und Historikern. Wie datiert man Funde? Warum wissen wir so viel über Römer und Germanen? Woher kommen Begriffe wie "Germanen" oder warum interessierten sich die Römer überhaupt für Norditalien.

Neben den eigentlichen Geschehnissen rund um die Varusschlacht vor 2000 Jahren, werden auch geschichtliche Bezüge aufgezeigt und Tipps gegeben, wo man heute noch römische Überbleibsel bei uns besuchen kann.

Das Buch ist sehr umfangreich, manchmal allerdings etwas sehr betulich erklärt. Manchmal sind auch die Ausflüge in die Archäologie nicht ganz glücklich, da sie sehr weit vom eigentlichen Thema wegführen. So kann es beim Lesen durchaus auch stören, wenn immer wieder ein "Moment mal" im Text kommt, damit sich der Leser über schwierige Sachverhalte klar wird. Außerdem fehlt meines Erachtens eine übersichtliche chronologische Zeittafel und eine wirklich gute geografische Karte, die den Bezug zu den heutigen Gebieten aufzeigt, um die es im Buch geht. Denn: Wer weiß schon wo genau der Teutoburger Wald oder der Kalkriese liegt und wo Lippe und Ems fließen.

Gelungen ist aber auf jeden Fall, dass man als Leser beginnt, sich für die Hintergründe zu interessieren und selbst Fragen stellt. Woher wissen Forscher bestimmte Dinge? Woher kommen bestimmte Orts- oder geografische Namen. Ein Buch, das alle Geschichtsinteressierten sicher packt, sofern sie gerne viel lesen!

Sieger der Kategorie "Jugendjury":



Markus Zusak (Text)



Die Bücherdiebin



Aus dem Englischen von Alexandra Ernst



cjb

ISBN: 978-3-570-13274-6

19,95 (D), 20,60 (A), sFr 34,90


Ab 14



Der Tod erzählt eine düstere Geschichte, streut seine "Bemerkungen am Rande" in die Geschehnisse ein. Und man muss sich erst in dieses ungewöhnlich geschriebene Buch einlesen, doch dann kann man es kaum mehr aus den Händen legen.



Der Tod ist auch ein Hauptdarsteller in "Die Bücherdiebin". Denn die Geschichte von Liesel, die bei einer Pflegefamilie in Molching bei München aufwächst, spielt im Deutschland der Nazizeit. 1939 beginnt die Geschichte und sie handelt davon, wie Liesel sich durch Bücher über eine furchtbare Zeit rettet.  Menschen, die Liesel sehr nahe sind, sterben. erst ihr Bruder, dann ihre Mutter. Sie kommt zu Pflegeeltern. Zur scheinbar grobschlächtigen Rosa Hubermann und ihrem feinfühligeren, Musik und Bücher liebenden Mann Hans Hubermann. Durch ihn lernt Liesel lesen und die Bücher lieben. Sie stiehlt bücher und liest und liest anderen vor. Selbst den Bombenangriff übersteht Liesel lesend. Und sie übersteht eine furchtbare Zeit, nicht ohne Furchtbares zu erleben...



Doch "Die Bücherdiebin" erzählt auch von Freundschaft, Vertrauen und von dem Mut für andere da zu sein und ihnen zu helfen, selbst wenn alles aussichtslos erscheint.



Martin Zusak lebt in Australien. Sein mutiger Roman, der fesselt und einem beim Lesen den Atem stocken lässt, verarbeitet Erinnerungen seiner Eltern. Diese sind während des Zweiten Weltkrieges in München und Wien aufgewachsen. Auch wenn es schon zahlreiche Jugendbücher zu diesem Thema gibt - "Die Bücherdiebin" ist einzigartig. Der Roman ist packend und zugleich humorvoll und voller Tränen und Trauer. Er ist große Literatur - für Jugendliche und Erwachsene gleichermaßen. Aber man sollte nicht jünger als 14 sein, wenn man ihn liest - am besten wäre es wahrscheinlich, man liest mit anderen, auch mit seinen Eltern und spricht darüber. Denn es gibt vieles in diesem Buch, was nicht ungesagt bleiben sollte!



(-ab-)





Den Sonderpreis bekam Jutta Bauer



Der Sonderpreis für das Gesamtwerk Illustration ging an die Hamburger Künstlerin Jutta Bauer. Die Sonderpreisjury lobte unter anderem mit folgenden Worten: Jutta Bauers Bilder bleiben im Kopf. [...] Ihre Cartoons sind auf den Punkt gebracht, humorvoll und liebenswert, komisch aber nie auf Kosten anderer.

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt