Jugendliteraturpreis 2007: die Sieger stehen fest!

In den letzten Wochen haben wir euch die Bücher vorgestellt, die für den Jugendliteraturpreis nominiert wurden. Jetzt stehen die Sieger fest.


Foto: Die Skulptur des Mädchens Momo aus dem gleichnamigen Buch von Michael Ende erhalten die Gewinner zusätzlich zum Preisgeld.

In der Sparte Bilderbuch gewann Königin Gisela von Nikolaus Heidelbach. Als bestes Kinderbuch siegte Schwester. Von den Jugendbüchern gefiel der Jury der Titel Wir retten Leben, sagt mein Vater am besten. Unter den Sachbüchern erhielt Mutter hat Krebs die auf 8000 Euro dotierte Prämie.

Unabhängig von den erwachsenen Juroren entschied sich die Jugendjury für den Roman "Der Joker".

Hier könnt ihr euch unsere Rezensionen der Gewinner-Bücher noch einmal ansehen:

Gewinner in  Sparte Bilderbuch

Nikolaus Heidelbach

Königin Gisela

Beltz & Gelberg Verlag

ISBN 978-3-407-79906-7

14.90 (D), 15.40 (A), sFr 26.00

Ab 6

Ein Mädchen fährt mit seinem Papa allein in den Ferien ans Meer. Und jeden Abend erzählt er ihr die Geschichte von Königin Gisela, einem Mädchen, das fast so ist wie sie.

Königin Gisela lebt auf einer einsamen Insel. Nicht ganz einsam, versteht sich, hat sie doch eine Leibgarde von acht Erdmännchen, die ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen. Von der Schiffbrüchigen entwickelt sich Gisela mehr und mehr zur Herrscherin über die kleinen Wesen bis diese sich etwas einfallen lassen um die Sklaventreiberin wieder los zu werden.

Die spannende und ungewöhnliche Geschichte der eigensinnigen Königin ist von Nikolaus Heidelbach auf fantasieanregend märchenhafte Weise illustriert. Allerdings überkommt einen beim Betrachten der Bilder jedes Mal ein sonderbar mulmiges Gefühl als wäre da irgendetwas nicht in Ordnung, als verberge sich hinter der Geschichte noch eine zweite, unheimliche ja sogar grausame Wahrheit. (-lm-)

Gewinner in der Sparte Kinderbuch

Jon Fosse (Text)

Aljoscha Blau (Illustr.)

Schwester

Aus dem Norwegischen von Hinrich Schmidt-Henkel

Bajazzo Verlag

ISBN 978-3-907588-70-3

12.90 (D), 13.30 (A), sFr 23.00

Ab 5

Der vierjährige Junge, aus dessen Perspektive dieses Buch erzählt wird, stellt allerhand an. Eigentlich nichts Böses, er will nur etwas erleben, an den Strand gehen, Boot fahren oder Erdbeeren pflücken im Wald. Aber seine Eltern machen sich jedesmal schreckliche Sorgen, weil sie nicht wissen, wo er steckt und Angst haben, dass ihm etwas passiert.

Dann schimpfen sie mit ihm und bestrafen ihn. Das macht ihn ganz unglücklich, schließlich wollte er doch nichts Böses tun. Die Erwachsenen verstehen ihn nicht, verhalten sich so rätselhaft und er fühlt sich oft ganz allein. Zum Glück gibt's aber seine kleine Schwester die immer da ist und das ist einfach gut.

Ein Buch für Eltern, die die Welt einmal aus der Sicht eines Kindes erleben wollen. Aber auch ein Buch für Kinder, die vielleicht staunen, dass sie mit ihren Gefühlen nicht allein sind: da gibt es noch ein Kind, das die Welt der Erwachsenen sehr sehr seltsam findet. Und ganz sicher ein Buch, das Eltern und Kinder dazu anregt, über ihre Gefühle und ihre verschiedenen Sichtweisen zu reden. (-lm-)

Gewinner in der Sparte Jugendbuch 

Do van Ranst

Wir retten Leben, sagt mein Vater

Aus dem Niederländischen von Andrea Kluitmann

Carlsen Verlag

ISBN 978-3-551-58156-3

12.00 (D), 12.40 (A), sFr 21.90

Ab 13

 Das Buch erzählt die Geschichte eines 15jährigen Mädchens, deren Name nicht genannt wird, vielleicht, damit die Leserin sich besser mit ihr identifizieren kann. Sie träumt von einem Jungen, dessen Name mit B anfangen sollte.

Die Familie lebt buchstäblich an der Kurve. Zum einen ist da das Haus, das an der Wegbiegung steht, so dass regelmäßig Autos hinein knallen. Die Straße führt aber auch so ins Nichts: zu einer halb fertigen Brücke, an der der Großvater einst gebaut hat und an der er sich das Leben genommen hat.

Auch emotional spielt sich das Leben der Erzählerin "an der Kurve" ab. Da gibt es den Vater, der tagein, tagaus auf einem Sofa sitzt. Eine Mutter, die nicht mehr weiß, warum sie den Mann auf dem Sofa geheiratet hat. Eine Oma, die seit Opas Tod kein Wort mehr spricht.

Abwechslung in diesen tristen Alltag bringen nur die Fahrer der verunglückten Autos, die auf dem Sofa gesund gepflegt werden. Sieben haben das Haus schon erwischt, doch nur einer hat es nie wieder verlassen: der wenig geliebte Vater der Erzählerin.

Auch aus diesem Grund hofft sie auf den Märchenprinzen: Vielleicht sitzt eines Tages ein Junge in einem Wagen, einer der Benjamin, Bernie oder Brad heißt...

Der belgische Autor Do van Ranst hat sehr stimmungsvollen Szenen geschrieben, die in ihrer Skurrilität schon fast magisch-realistisch wirken und einen starken Eindruck hinterlassen. Es erinnert an Filme von Luis Buñuel oder an die "fabelhafte Welt der Amelie."

Es ist ein erfrischend anders Buch über das Leben, die Familie, Liebe, erwachsen werden, Träume, Wünsche, Tod, Lachen, Veränderung.

Die Kapitel sind sehr kurz und die Schrift ist groß, so dass sich das Buch schnell und einfach lesen lässt.

Fazit: In jeder Hinsicht empfehlenswert.  (-rr-)

Gewinner in der Sparte Sachbuch

Brian Fies

Mutter hat Krebs

Aus dem Amerikanischen von Wolfgang J. Fuchs

Knesebeck Verlag

ISBN 978-3-89660-356-2

14.95 (D), 15.40 (A), sFr 27.30

Ab 15

Ein Buch das unter die Haut geht. Autor Brian Fies erzählt seine eigenen Erfahrungen mit der tödlichen Krebserkrankung seiner Mutter als Comic.

Ursprünglich erschien die Geschichte über Brians Mutter, bei der Krebs diagnostiziert wurde, im Internet. Der Amerikaner wollte sich und seinen Geschwistern helfen, mit dieser bedrohlichen Situation umzugehen. Und so zeichnete und erzählte er, was er in seiner Familie, mit den Ärzten, im Krankenhaus und auch mit sich selbst erlebte. Seine Geschichte war für viele eine große Hilfe -  aber es ist meiner Meinung nach nicht wirklich ein Jugendbuch!

Es gibt harte, ja fast brutale Stellen, viele Fachbegriffe und ganz am Ende leider auch kein Happy-End. Das ist natürlich das Leben, aber sehr beängstigend. Es ist ein Plädoyer gegen das Rauchen - natürlich, denn seine Mutter leidet an Lungenkrebs, schließlich auch an weiteren Tumoren.

Brian Fies wollte mit diesem Buch der schlimmen Erfahrung, die er gemacht hatte, etwas Gutes abgewinnen. Das ist ihm sicher gelungen. Menschen, in ähnlicher Situation finden bei ihm sicher Erfahrungen, die sie auch gemacht haben und vielleicht gibt er ihnen auch Mut. Dennoch ist es für mich ein schwieriges Buch, das man nicht einfach vergisst, wenn man es gelesen hat und das einem durchaus auch Angst machen kann. Daher, sicher nichts für unter 15!

(-ab-)

Gewinner der Jugendjury


Markus Zusak

Der Joker

Aus dem Englischen von Alexandra Ernst

cbj Verlag

ISBN 978-3-570-13107-7

16.95 (D), 17.50 (A), sFr 30.10

Ab 13 Jahre

Zufällig gerät Ed mitten in einen Bankraub und verhindert ihn. Damit erhält sein  Leben plötzlich Bedeutung. Ganz 'was Neues für den 19jährigen Taxifahrer, der bisher ein belanglos-mittelmäßiges Dasein fristete. Doch die Kaskade von erstaunlichen Ereignissen in seinem Leben kommt eigentlich erst mit dem ersten Ass ins Rollen, das er in seinem Briefkasten vorfindet. Mithilfe von Spielkarten erhält Ed von einem Unbekannten Aufgaben, die er erledigen muss.

Immer geht es um andere Menschen, in deren Leben er sich einmischen muss. Helfen, retten, ermutigen, sich immer wieder etwas einfallen lassen. Und ganz nebenbei wird er dadurch selbst ein anderer.

Diesen Ed muss man einfach mögen. Und die Art, wie er sich aus seinem verschlafenen Alltag immer wieder aufrappelt und andere froh macht ist einfach erstaunlich und ermutigt, es ihm nachzumachen. Klar verläuft manche Szene etwas zu glatt. Trotzdem bleibt Ed ein ganz normaler Typ, der auch mal Angst oder Wut hat und zum Glück kein Heiliger ist. Auch sein eigenes Leben muss er am Ende in den Griff bekommen und das ist und bleibt - wie im echten Leben - das allerschwerste.

Ein Schmöker, der zum Nachdenken über das eigene Leben anregt. Klasse. (-lm-)

Mehr über die Bücher, die nicht gewonnen haben erfahrt ihr in den Artikeln zu den jeweiligen Sparten, die ihr im Anhang findet.

Den Sonderpreis für ihr Gesamtwerk erhielt die Autorin Kirsten Boie, die mit Romanen wie "Der kleine Ritter Trenk" oder "Paule ist ein Glücksgriff" bereits seit 20 Jahren Kinder begeistert. Boie schreibt humorvoll und sprachlich sowie inhaltlich sehr vielfältig, begründete die Jury ihre Entscheidung.

Hier findet ihr weitere Informationen über Kirsten Boje.

Text: lm - 13.10.07.

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