Eichendorff: Naturgedichte waren seine Stärke

Joseph von Eichendorff gilt als bedeutendster Vertreter der deutschen Spätromantik. Seine stimmungsvollen Naturgedichte, von denen Mondnacht und Abend wohl zu den bekanntesten gehören, sind Pflichtprogramm im Deutschunterricht. Auch die Erzählung Aus dem Leben eines Taugenichts ist eine beliebte Lektüre.

In diesen Prosatext, der zu den wichtigsten Texten der romantischen Epoche gehört, integrierte der streng gläubige Katholik auch viele Volkslieder, die erst später gesondert gesammelt, veröffentlicht und vielfach vertont wurden (z.B. In einem kühlen Grunde..., Wem Gott will rechte Gunst erweisen...).

Von der Heimat geprägt

Vor allem Eichendorffs im Volksliedton gehaltene Wander- und Naturlyrik ist geprägt von den persönlichen Erinnerungen an die schlesische Heimat. In Oberschlesien heute in Polen gelegen kam Joseph am 10. März 1788 als Sohn des preußischen Offiziers Adolf Freiherr von Eichendorff und seiner Frau Karoline zur Welt. Die Familie gehörte zum Landadel, besaß ein Schloss und zahlreiche Güter in der Umgebung.

Der Bruder als engster Vertrauter

Joseph durchlebte seine ersten drei Lebensjahrzehnte Seite an Seite mit seinem zwei Jahre älteren Bruder Wilhelm. Beide besuchten das Gymnasium in Breslau, studierten Jura in Halle und Heidelberg und begaben sich auf eine ausgedehnte Bildungsreise nach Paris und Wien. Gemeinsam machten die Brüder auch die Bekanntschaft der bedeutenden Romantiker Clemens Brentano und Achim von Arnim.

Im Staatsdienst

Weil der Familienbesitz der Eichendorffs durch das ungeschickte Wirtschaften des Vaters immer mehr dahinschmolz, musste sich Joseph nach einem Brotberuf umschauen. Das war schon deshalb nötig, weil er 1815 geheiratet hatte und seine Frau Louise und die stets wachsende Kinderschar durchfüttern musste. Seine Beamtenlaufbahn beim preußischen Staat führte die Familie nach Breslau, Danzig, Königsberg und Berlin, wo Eichendorff bis zu seiner Pensionierung 1844 im Kultusministerium tätig war.

Ein bescheidener Mensch

Joseph von Eichendorff führte ein stilles, unauffälliges Leben. Ein bescheidener, gütiger, warmherziger Mensch, der sich nie in den Vordergrund drängte. Gelegentliche Kontakte pflegte er vor allem zu Künstlern und Schriftstellerkollegen wie E.T.A. Hoffmann, Tieck und den Brüdern Schlegel.

Seine Liebe zur Poesie hatte den jungen Studenten nicht mehr losgelassen seit er in der Heidelberger Zeit seine ersten Gedichte veröffentlicht hatte - damals noch unter einem Pseudonym, also unter einem anderen Namen. Von seinem Lesepublikum geschätzt, aber zurückgezogen von der Außenwelt publizierte Eichendorff später zahlreiche lyrische Arbeiten und Erzählungen, zuletzt vor allem journalistische Texte, Übersetzungen und religiös geprägte Schriften.

Die Natur als Spiegel der Gesellschaft

Wie in der Romantik üblich, so nimmt auch in Eichendorffs Werk die Natur eine zentrale Stellung ein. Er beschreibt sie gleichzeitig als Erfüllungsort menschlicher Wünsche, zeigt aber auch ihre dämonische, unheimliche Seite auf.

Die stimmungsvollen Landschaftsbeschreibungen geben jedoch keine oberflächliche Schilderung der Natur wieder. Sie verbergen einen tieferen Sinn. Eichendorff, der dem modernen Fortschritt äußerst skeptisch gegenüber stand, warnt damit vor der Abnabelung vom christlichen Glauben und dem zunehmenden Egoismus, dem Zweck- und Nützlichkeitsdenken der Menschen. Dafür ist auch der Taugenichts ein ironisches Beispiel.

Stimmungslyrik

Joseph von Eichendorff wollte mit seiner Lyrik keinen neuen, modernen Ton anschlagen. Seine bewusst schlicht gehaltenen Gedichte, die sich im Sprechgestus an Goethe oder Matthias Claudius (Der Mond ist aufgegangen...) orientieren, sind Ausdruck einer Empfindungsvielfalt. Der große Romantiker starb am 26. November 1857 als die Epoche, die er entscheidend mitgeprägte, längst ihre Seele ausgehaucht hatte.

Nic 06.03.2003 / Coverabbildung: Joseph von Eichendorff Gedichte, mit freundlicher Genehmigung des Reclam Verlags.

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