Die ganze Welt in einem Buch

Hartmann Schedel (1440-1514) war ein Nürnberger Arzt und Geschichtsschreiber. Er verfasste die Nürnberger Chronik, die auch als Schedelsche Weltchronik bekannt wurde und die am 23. Dezember 1493 in deutscher Fassung erschien. Anders als in heutigen Geschichtsbüchern verläuft die Epocheneinteilung nach biblischen Ereignissen. Mehr über den Arzt und Humanisten Schedel und sein mächtiges Buch erfahrt ihr hier.

Schedel ein Universalgelehrter

Bild: Erstes Blatt von Schedels Weltchronik.

Im Alter von nur 16 Jahren begann Schedel das Studium der Sieben freien Künste und der Rechtswissenschaften in Leipzig. Dort lernte er Peter Luder kennen der die Idee des Humanismus von Italien nach Deutschland brachte. Mit diesem ging er 1463 in die italienische Stadt Padua. Dort studierte er Medizin sowie Physik und die altgriechische Sprache und wurde damit einer der ersten Deutschen, der Zugang zu dieser antiken Sprache erhielt.

Was bedeutet Humanismus?

Humanismus ist eine Weltanschauung, die den Menschen in den Mittelpunkt stellt. Im Gegensatz zur Gedankenwelt des Mittelalters zählt jetzt der einzelne Mensch mehr als die Gemeinschaft. Toleranz und Gewissensfreiheit sind wichtiger als religiöse Glaubenssätze.

Bild: Der antike Fabeldichter Äsop in Schedels Weltchronik (koloriert).

Antike Literatur und Philosophie werden das Vorbild der Humanisten, die sich in gelehrten Zirkeln in ganz Europa zusammen schließen. Sie finden Lernen und Bildung wichtiger als alles andere und fragen oft nicht nach dem praktischen Nutzen des Gelernten.

Viel Zeit für Bildung

Auch Schedel geht nichts übers Lernen und Lesen 14 Jahre lang ist er damit beschäftigt zu Studieren, zu Reisen und Bücher zu Sammeln und durch Abschreiben zu kopieren. Man könnte sagen, er war ein wissenshungriger Weltenbummler. Erst im Alter von 30 Jahren für damalige Zeit sehr spät lässt er sich als Stadtarzt nieder.

Von der Schöpfung bis zum Weltuntergang

Bild: Erste gedruckte Darstellung Jerusalems. Sie findet sich, wie alle anderen Darstellungen auf dieser Seite in Schedels Weltchronik.

Sein gesammeltes Wissen verewigt Schedel in der Weltchronik. Bereits in der Spätantike und im Mittelalter gab es etliche derartige Geschichtswerke. Meist ordnen sie die Weltgeschichte in sieben Zeitalter ein, die sich an Ereignissen aus der Bibel orientieren. Immer wird versucht die aktuelle Zeit, in der der Autor lebt, in die Geschichte Gottes mit den Menschen, wie sie in der Bibel dargestellt wird, einzuordnen. Auch Schedel gliedert seine Chronik in folgende Abschnitte:


  • Weltalter von der Erschaffung der Welt bis zur Sintflut

  • Weltalter bis zur Geburt Abrahams

  • Weltalter bis zum Reich König Davids

  • Weltalter bis zur Babylonischen Gefangenschaft des Volkes Israel

  • Weltalter bis zur Geburt Christi

  • Weltalter: von der Geburt Christi bis zu Schedels Gegenwart

  • Weltalter: Ausblick auf den Weltuntergang und das Jüngste Gericht.



  • Interessanter Weise endet das Geschichtsbuch also nicht mit den Ereignissen zu Schedels Lebzeit, sondern blickt darüber hinaus bis in die Zukunft.

    Ein Kunstwerk aus den Kindertagen des Buchdrucks

    Bild: Doppelseite aus der Weltchronik.

    Schedels Weltchronik gilt als das größte Buchunternehmen des 15. Jahrhunderts zumindest ist es von allen Druckwerken dieser Zeit am reichsten bebildert. Beteiligt war neben Schedel als Autor der lateinischen Fassung der Übersetzer Georg Alt, der den Text in die Nürnberger Mundart übertrug. Da die Gelehrtensprache damals das Lateinische war, ist es erstaunlich, dass Schedel sein Werk auch in die Volkssprache übertragen ließ.

    Bereits seit 1487 fertigten Michael Wolgemut und Wilhelm Pleydenwurff erste Entwürfe für die insgesamt gut 1800 Holzschnitte an, die das Buch illustrieren. In Wolgemuts Werkstatt ging zu dieser Zeit auch ein gewisser Albrecht Dürer in die Lehre gut möglich also, dass das spätere Malergenie auch an der Weltchronik mitgearbeitet hat.

    Bild: Darstellung von Schedels Heimatstadt Nürnberg.

    Insgesamt entstanden 1400 Exemplare der lateinischen und 700 der deutschen Ausgabe. Für ein gebundenes Exemplar musste man fünf Gulden zahlen, ein koloriertes also eines, in dem die Holzschnitte bunt bemalt waren kostete sogar acht Gulden.

    Häufig wurden Bücher damals jedoch ungebunden verkauft. Man brachte sie dann selbst zum Buchbinder, der es nach den Wünschen seines Kunden mit Buchdeckeln zusammenfasste. Auf diese Weise konnten Buchliebhaber alle Werke ihrer Bibliothek mit einheitlichen Einbänden versehen lassen. Dass das alles seinen Preis hatte, der nur für die Wohlhabendsten erschwinglich war, könnt ihr euch denken. Immerhin: ein ungebundenes Exemplar der Weltchronik kostete nur drei bis dreieinhalb Gulden.

    Wie es damals in Druckwerkstätten zuging, lest ihr in unserem Artikel Was sind eigentlich Inkunabeln?

    Ein paar Jahrhunderte früher verfasste Hermann von Reichenau eine Weltchronik, über die ihr euch hier schlau machen könnt.

    Text: Liane Manseicher, 22.12.08; Bilder: alle Holzschnitte aus der Schedelschen Weltchronik: pd.

    Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt