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Der Dichter Joachim Ringelnatz
Am 7. August 1883 wurde Hans Bötticher geboren, der später als Kabarettist und Schriftsteller Joachim Ringelnatz bekannt werden sollte. Mehr über das Leben und die Dichtungen dieses ungewöhnlichen Autors lest ihr hier.
Was ist ein Pseudonym?Pseudonym bedeutet auf Griechisch fälschlich so genannt. Es handelt sich um einen erfundenen Namen, häufig von Künstlern oder Autoren, die für ihren Beruf das Pseudonym statt ihres echten Namens verwenden. So hieß die englische Krimiautorin Agatha Christie eigentlich Mary Westmacott, der Sänger Udo Jürgen Bockelmann wurde als Udo Jürgens bekannt und der Rocksänger und gitarrist Jan Ulrich Max Vetter tritt nur als Farin Urlaub auf.
Der junge Dichter
Auch Joachim Ringelnatz kam nicht mit diesem Namen auf die Welt. Eigentlich hieß er Hans Bötticher und wurde am 7. August 1883 in der sächsischen Stadt Wurzen geboren. Sein Vater war Musterzeichner in einer Tapetenfirma und verfasste auch humoristische Gedichte und Erzählungen. Auch seine Mutter war künstlerisch tätig, entwarf Stickmuster und stellte Puppenkleidung her.
Hans hatte zwei ältere Geschwister mit denen er eine abenteuerreiche Kindheit in Wurzen und später in Leipzig verbrachte. Sein Vater war stolz darauf, dass Hans schon als Kind auf Familienfeiern Gedichte und kleine Geschichten zum Besten gab.
Ein männlicher Briefmark erlebte
Ein männlicher Briefmark erlebte
Was Schönes, bevor er klebte.
Er war von einer Prinzessin beleckt.
Da war die Liebe in ihm erweckt.
Er wollte sie wiederküssen,
Da hat er verreisen müssen.
So liebte er sie vergebens.
Das ist die Tragik des Lebens!
Die Briefmarke wurde zum Geburtstag am 7. August 2008 ausgegeben.
Der Seefahrer
In der Schule eckte der unangepasste Hans jedoch dauernd an. Deshalb musste er das Gymnasium vorzeitig verlassen. Schon immer war es sein Traum gewesen, zur See zu fahren und mit 18 Jahren trat er eine Lehrstelle auf dem Segelschiff Elli an, mit dem er viel in der Welt herumkam und Städte wie Venedig, Konstantinopel, Liverpool und Rio de Janeiro sah.
An Bord erging es ihm miserabel, da er ständig von den Matrosen verspottet wurde. Außerdem waren seine Augen zu schlecht, weshalb er seine Seemannslehre nicht abschließen konnte.
Trotzdem blieb er noch ein Jahr auf See und leistete Militärdienst auf einem Kreuzer. Danach begann er in Hamburg eine Kaufmannslehre, die er auch nicht zu Ende brachte. Stattdessen tingelte er durch die Lande und verdiente sich sein Geld als Schaufensterdekorateur, Bibliothekar, Buchhalter, Fremdenführer, fahrender Sänger, Dachpappenhersteller und Hilfsarbeiter. Immer wieder wurde er obdachlos, kam sogar ins Gefängnis und musste Hunger leiden.
Der Dichter
Während seiner Wanderjahre begann er jedoch zu schreiben und veröffentlichte erste Gedichte in Auerbachs Deutschem Kinderkalender, der damals sehr beliebt war, sowie in satirischen Zeitschriften. Der Durchbruch gelang ihm 1909, als er in der Münchner Künstlerkneipe Simplicissimus zum Hofdichter wurde. In diesem Lokal verkehrten Künstler und Schriftsteller wie Ludwig Thoma, Frank Wedekind, Max Reinhard und viele andere, die Bötticher schätzten.
Der Soldat
Links: Ringelnatz-Museum Cuxhaven.
Nun wurde Bötticher zwar bekannter, doch seine Geldsorgen waren nach wie vor da. Als 1914 der Erste Weltkrieg ausbrach, meldete er sich freiwillig zur Marine. Doch statt, wie erhofft ,ein großes Abenteuer, fand er wieder nur den nervenaufreibenden und tragischen Kriegsalltag. In dieser Zeit legte er sich ein Terrarium an mit Fröschen, Eidechsen und Ringelnattern.
Seepferdchen
Als ich noch ein Seepferdchen war,
Im vorigen Leben,
Wie war das wonnig, wunderbar
Unter Wasser zu schweben.
In den träumenden Fluten
Wogte, wie Güte, das Haar
Der zierlichsten aller Seestuten
Die meine Geliebte war.
Der Komödiant
Ob es daher kam, dass er ab 1919 unter dem Namen Ringelnatz als Kabarettist auftrat oder ob dies Pseudonym an das Seepferdchen erinnert, das von Matrosen meist Ringelnass genannt wird, ist unbekannt. 1920 heiratete er die 15 Jahre jüngere Leonharda Pieper, die er liebevoll "Muschelkalk" nannte.
Ich habe dich so lieb!
Ich habe dich so lieb!
Ich würde dir ohne Bedenken
Eine Kachel aus meinem Ofen
Schenken.
In den 1920er Jahren widmete sich Ringelnatz verstärkt der Malerei, die er sich selbst beigebracht hatte. Gleichzeitig tratt er mit seinen eigenen Kabarettprogrammen wie dem Seemann Kuttel Datteldu auf Bühnen in zahlreichen Großstädten auf.
Der Verbotene
Als 1933 die Nationalsozialisten an die Macht kamen, wurden Ringelnatz' Bücher verboten, zum Teil auch verbrannt, und er durfte nicht mehr auftreten. Binnen kurzer Zeit verarmte er. Er litt an der Lungenkrankheit Tuberkulose und war nicht einmal mehr in der Lage, einen Sanatoriumsaufenthalt zu bezahlten. Freunde sammelten Geld für ihn. Doch aus der Schweizer Kur kehrte er todkrank nach Berlin zurück, wo er am 17. November 1934 starb.
Arm Kräutchen
Ein Sauerampfer auf dem Damm
stand zwischen Bahngeleisen,
machte vor jedem D-Zug stramm,
sah viele Menschen reisen.
Und stand verstaubt und schluckte Qualm,
schwindsüchtig und verloren,
ein armes Kraut, ein schwacher Halm,
mit Augen, Herz und Ohren.
Sah Züge schwinden, Züge nahen.
Der arme Sauerampfer
sah Eisenbahn um Eisenbahn,
sah niemals einen Dampfer.
Links
Ringelnatz-Verein seiner Heimatstadt Wurzen mit Veranstaltungen zum Jubiläumsjahr.
Joachim-Ringelnatz-Stiftung Cuxhaven, hier auch alles zum Ringelnatz-Museum in Cuxhafen.
Bilder, Texte und Biografie von Ringelnatz findet ihr auch hier.
Text: Liane Manseicher, 31.07.08; Zitate: Die Gedichte bzw. Gedichtteile stammen alle von Joachim Ringelnatz. Fotos: Ringelnatzmuseum: Ra Boe: cc-by-sa.
Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt