Alles Dada? - Kurt "MERZ" Schwitters

Am 20. Juni 1887 wird in Hannover der spätere Künstler Kurt MERZ Schwitters geboren. Noch heute ist er berühmt für seine eigenwilligen Gedichte, Plastiken und Lieder. Bis er 1948 stirbt, macht er das Lächerliche zur Kunst und die Kunst lächerlich.

Über sich selbst schreibt er: Ich wurde als ganz kleines Kind geboren. Meine Mutter schenkte mich meinem Vater, damit er sich freute. Als er 1948 stirbt, steht auf seinem Grabstein: Man kann ja nie wissen. Was diesen Menschen ausmacht, kann man wohl nie ganz umreißen, aber man kann es zumindest versuchen.

Nach dem Abitur studiert Schwitters an der Kunstgewerbeschule Hannover und an der Königlich Sächsischen Akademie der Künste. Er beginnt mit ersten Arbeiten, expressionistisch-kubistische Malerei, wie etwa Pablo Picasso, ist sein Stil. 1915 heiratet er Helma Fischer. 1918 wird ihr Sohn Ernst geboren.

MERZ und Dada

Da sich Schwitters keiner bestimmten Kunstrichtung zuordnen lassen will, erfindet er kurzerhand selbst eine, die er MERZ nennt, eine Anspielung auf die Worte Herz, Scherz, Kommerz, den Monat März und vieles mehr. Heutzutage jedoch wird er gemeinhin dem Dadaismus, oder einfach nur Dada, zugeordnet. Wie der Name schon vermuten lässt, ist das eine höchst seltsame und schwer nachvollziehbare Kunstströmung, die sich Anfang des 20. Jahrhunderts in Europa und den USA verbreitete.

Was der Dadaismus ausdrückt, wodurch er sich auszeichnet, ist schwer zu sagen. Man kann sich sogar darüber streiten, ob Dada überhaupt etwas aussagen will. Sicher ist nur, dass er eben Dada ist, auf den ersten Blick absoluter Nonsens, der aber selbst auf den zweiten nicht allzu viel Sinn ergibt. Er kann gleichzeitig unpolitisch bleiben und gegen alles rebellieren, gar nichts aussagen und doch der ganzen Welt einen Spiegel vorhalten. Man kann eben, wie Kurt MERZ Schwitters selbst auf seiner letzten Ruhestätte vermerken lässt, nie wissen.

Schwitters schreibt Gedichte sowie Kurzgeschichten und erstellt vor allem auch Collagen aus Zeitungsartikeln, Reklame oder Abfällen. Er will verschiedene Kunstarten zu einer verschmelzen und arbeitet mit fast allen Stoffen, die ihm zur Verfügung stehen: Collagen, Bildhauerei, Typographie oder vergleichsweise simpler Malerei.

Der MERZbau

Zu Schwitters berühmtesten Werken zählt das sonderbare Gedicht An Anna Blume und die Ursonate. Ein Lied, das nur mit Urlauten wie Fümms, Bö Wö, oder pögiff auskommt. Ebenfall Berühmtheit erlangte der MERZbau, den Kurt Schwitters selbst als sein Lebenswerk bezeichnet. Der MERZbau ist ein Raum, in den Schwitters viele kleine Höhlen anlegt, die sich alle in Form und Farbe unterscheiden, um darin Erinnerungsstücke an Freunde, Verwandte oder Erlebnisse, die ihm als wichtig erscheinen, aufzubewahren.

Dreimal fing Schwitters an, seinen MERZbau zu konstruieren. Zuerst in seiner Wohnung in Hannover, wo er jedoch 1943 bei einem Luftangriff zerstört wird. Dann erneut in Norwegen, bis dieser jedoch abbrennt. Der letzte MERZbau entsteht im englischen Exil, und bleibt erhalten, wenn auch unvollendet. Während Kurt Schwitters noch daran arbeitet stirbt er 1948. Allerdings ist der Bau auch per definitionem nie vollendet, denn immerhin wächst er solange mit Schwitters Erinnerungen, bis er sie alle darin verewigt hat, was praktisch unmöglich erscheint.

Flucht nach Norwegen und England

Nach Erfolgen und Anerkennung in der Kunstszene Hannovers, wird seine Kunst während der Diktatur des Nationalsozialismus als entartet eingestuft, woraufhin Schwitters 1937 nach Norwegen auswandert. Er entschließt sich, nicht mehr nach Deutschland zurückzukehren, und flieht während der deutschen Invasion in Norwegen mit einem Teil seiner Familie nach England, wo seine abstrakte, neuartige Kunst jedoch auf ebenso wenig Verständnis trifft, wie in Norwegen. Er ringt nach Förderern und Anerkennung, bestreitet seinen Lebensunterhalt durch Portraitmalerei und

Bittstellen.

Während einer Ausstellung im Museum of Modern Art im Jahr 1944 in London, wird er per Telegramm über den Tod seiner Frau Helma und die Zerstörung des MERZbaus in Hannover informiert.

Krankheit und Tod

1947 erhält er schließlich ein Stipendium vom Museum of Modern Art in New York und kann so die Arbeit am dritten MERZbau beginnen. Immer wieder muss er die Arbeit krankheitsbedingt abbrechen. Nach einer Gehirnblutung und einem Blutsturz stirbt er schließlich am 8. Januar 1948.

Auswirkungen des Dadaismus

Heute wie damals inspiriert Schwitters viele Künstler, neue Bahnen einzuschlagen. So auch den Schriftsteller Ernst Jandl, der durch Gedichte wie Ottos Mops oder dem folgenden bekannt geworden ist. Hier eine Kostprobe seiner Dichtung:

Lichtung

manche meinen

lechts und rinks

kann man nicht velwechsern

werch ein illtum!

Wer mehr über Dadaismus erfahren will, besucht die Seite: http://kurt-schwitters.org/. Dort findet sich die Ursonate, Anna Blume und mehr... Mehr gibt es auch auf http://www.ernstjandl.com.

Text: th 31.05.07; Bilder: Grabstein: Axel Hindemith, PD; Cover: mit freundlicher Genehmingung Dumont Reiseverlag; Kleine Dada-Soirée: Wikipedia, PD;

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