EM 2008: Spanien - das beste Team der EM holt den Titel!
Im Wiener Ernst-Happel-Stadion wartete viel Prominenz mit Spannung auf das Finale. Neben Königin Sofia und König Juan Carlos von Spanien sowie dem spanischen Regierungschef Zapatero waren Horst Köhler und Angela Merkel zu Gast. Als mentale Verstärkung für die deutsche Mannschaft war auch Ex-Teamchef Jürgen Klinsmann gekommen.
Finale Deutschland - Spanien 0:1Was sie sahen? Eine spanische Mannschaft, die fast das gesamte Spiel taktisch, kämpferisch und technisch beherrschte. Eine spanische Mannschaft, die zwar nur mit 1:0 gewann, aber dank ihrer exzellent herausgespielten Chancen viel höher hätte gewinnen können. Eine Mannschaft, die aus einer starken Defensive, einem brillanten Mittelfeld und einer ungeheuer schnellen Spitze bestand. Und eine Mannschaft, die schneller, spritziger und inspirierter war als das deutsche Team, das ausgelaugt und ohne Ideen auflief. Und das fast ein wenig hilflos wirkte dabei stand es doch im Finale!
In der zweiten Halbzeit bekamen beide Kapitäne vom italienischen Schiedsrichter Roberto Rosetti jeweils gelb, sowohl Michael Ballack als auch Iker Casillas.(Foto: Alex Livesey,2008 Getty Images)
Joachim Löw wechselte im Gegensatz zum Halbfinale nur auf einer Position: Torsten Frings, der wegen einer gebrochenen Rippe nicht gespielt hatte, kam wieder ins Team. Dafür blieb Simon Rolfes auf der Bank. Bis kurz vor dem Spiel war der Einsatz von Michael Ballack gefährdet, doch am Ende konnte der Kapitän trotz Wadenbeschwerden spielen. Spaniens Trainer Luis Aragonés musste auf den Torschützenkönig (4 Tore) der EM, David Villa verzichten, der wegen einer Oberschenkelverletzung zusehen musste. Für ihn kam von Beginn an Cesc Fabregas ins Spiel. Einzige Spitze der Spanier: Der pfeilschnelle Fernando Torres.
Machte den deutschen Angreifern das Leben schwer: Sergio Ramos, hier mit Lukas Podolski.(Foto: Lars Baron, 2008 Getty Images)
In den ersten zehn Minuten begann die deutsche Mannschaft konzentriert, mit viel Elan. Früh wurde der ballführende Spanier attackiert. Das Team um Kapitän Iker Casillas dagegen schien eher zu beobachten und machte nervöse Leichtsinnsfehler, wie ein schlampiges Abspiel von Sergio Ramos, das Miroslav Klose vor dem Strafraum zumindest vors spanische Tor brachte.
Per Mertesacker bekam den schnellen Fernando Torres nie richtig in den Griff. (Foto: Alex Livesey, 2008 Getty Images)
Doch dann wendete sich das Blatt und die Spanier begannen mit präzisem Kurzpassspiel und steilen Pässen auf den Stürmer. In der 15. Minute die erste Bewährungsprobe für Jens Lehmann, als Christoph Metzelder eine Flanke von links von Andres Iniesta so abwehrte, dass der Schuss auf das eigene Tor ging und Lehmann mit einem Reflex zur Ecke klären musste. In der 23. Minute schlug Sergio Ramos eine hohe Flanke in den Strafraum, Fernando Torres kam trotz Bewachung durch Per Mertesacker an den Ball und köpfte ihn scharf ins rechte untere Eck Pfosten. Glück für Jens Lehmann!
Cesc Fabregas (Foto: Arsenal London)
Dem deutschen Mittelfeld fiel gegen die lauf- und technisch starken Spanier kaum etwas ein. Nach vorne fehlte die Bewegung, nach hinten lauerte ständig Fernando Torres, ein immer gefährlicher, sehr schneller Stürmer. Aber auch die anderen Spanier waren immer torgefährlich. So war es in der 31. Minute Cesc Fabregas, der den deutschen Keeper mit einem Flachschuss prüfte. Es lag also schon längst in der Luft, das 1:0 für Spanien!
Fernando Torres im Trikot des FC Liverpool. (Foto: FC Liverpool)
In der 33. Minute war es dann so weit und das Tor war in seiner Entstehung typisch für das deutsche Spiel: Mit einem abgefangenen deutschen Pass wurden die Spanier zum Kontern eingeladen. Und so legte nach einem katastrophalen Fehlpass Xavi den Ball steil auf Fernando Torres. Der sprintete los, mit ihm Philipp Lahm, der sich komplett verschätzte, plötzlich stehen blieb, weil er glaubte, der herauseilende Jens Lehmann würde vor Torres den Ball wegschnappen. Doch der schnelle Stürmer hob den Ball über den auf ihn zu rutschenden Lehmann mit rechts ins freie Tor. 1:0 für Spanien.
Selten ging es im Strafraum von Iker Casillas so heiß her wie in dieser Szene. (Foto: Jamie McDonald, 2008 Getty Images)
Nur drei Minuten später: Von links flankte Andres Iniesta auf den wieder völlig frei stehenden David Silva, der den Ball aber in den Himmel jagte. In der 38. Minute verletzte sich Michael Ballack beim Kopfball gegen Marcos Senna an der rechten Augenbraue. Während der Kapitän genäht wurde, schoss Bastian Schweinsteiger einen Freistoß, der typisch war für die Standards an diesem Abend: Weder Ecken noch Freistöße erreichten ihren Mann oder brachten richtig Gefahr. Auch hier fehlte die Konzentration und der Glaube an sich selbst. Am Ende der 1. Halbzeit konnte die deutsche Mannschaft von Glück reden, dass sie nur mit 0:1 zurücklag.
Weder Philipp Lahm noch David Silva hatten ihren besten Tag beim Finale. (Foto: Alex Livesey, 2008 Getty Images)
Nach der Pause musste Philipp Lahm ersetzt werden, weil er wegen einer blutenden Fleischwunde nicht weiterspielen konnte. Für ihn kam Marcell Jansen auf links außen.
Immer wieder erleichterten die deutschen Spieler den Spaniern durch unglückliche Pässe im Mittelfeld das Angriffsspiel. So kam David Silva durch einen Fehler von Torsten Frings gefährlich vor das deutsche Tor, dann leget Fernando Torres für den nachgerückten Xavi auf, dessen Schuss Jens Lehmann in der 55. Minute parierte. Eine Minute später: Wieder ein Steilpass vom überragenden Mittelfeldspieler Xavi auf Fernando Torres und wieder musste sich Jens Lehmann dem Stürmer in den Weg schmeißen dieses Mal allerdings mit Erfolg. Lehmann konnte den Ball unter sich begraben, bevor Torres an das Leder kam.
Auch Miroslav Klose konnte Iker Casillas nicht wirklich prüfen. (Foto: Jamie McDonald, 2008 Getty Images)
Joachim Löw versuchte in der 58. Minute durch die Einwechslung von Kevin Kuranyi für Thomas Hitzlsperger mehr Fahrt in den deutschen Angriff zu bringen. Allerdings fiel Kuranyi im restlichen Spiel hauptsächlich durch unnötige Fouls auf. Dennoch versuchten die Deutschen jetzt mehr Druck aufzubauen. Marcell Jansen löste sich auf der linken Seite, flankte auf Bastian Schweinsteiger an der linken Strafraumgrenze, der für Michael Ballack ablegte. Der Volleyschuss ging knapp am linken unteren Pfosten vorbei. Eine Minute später, (61. Minute) flankte Michael Ballack wieder in den spanischen Strafraum, doch Iker Casillas war einen Tick schneller als Kevin Kuranyi mit dem Kopf.
Marcos Senna verpasst knapp eine Riesenchance zum 2:0 für Spanien. (Foto: Jamie Mc Donald, 2008 Getty Images)
Luis Aragonés wechselte in der 63. Minute Xabi Alonso für Cesc Fabregas ein und drei Minuten später Santi Cazorla für David Silva. Während die Deutschen sich schwer taten Chancen zu erspielen, tauchte Sergio Ramos in der 67. Minute gefährlich vor dem Kasten von Jens Lehmann auf, nachdem die Abseitsfalle der Deutschen missglückt war, Lehmann parierte den Kopfball. Nur zwei Minuten später klärte Torsten Frings auf der Linie gegen einen Schuss von Iniesta. Wären die Iberer kühler im Abschluss gewesen, hätte es zu diesem Zeitpunkt schon viel höher für sie stehen müssen. In der 78. Minute kam Guiza für den Torschützen Fernando Torres. Und auch Joachim Löw wechselte nochmals im Sturm, für den glücklosen Miroslav Klose kam Mario Gomez doch auch der konnte keine weiteren Impulse setzen. Stattdessen hätte auch noch Abwehrmann Marcos Senna ein Tor machen können.
Spaniens Mittelfeld-Motor und -regisseur Xavi,
der beste Spieler des EM-Turniers!
Die Deutschen fanden keinerlei Mittel mehr, das Spiel noch offen zu gestalten und so gewannen die Spanier hochverdient mit 1:0 und dürfen nun den ersten EM-Titel seit 44 Jahren feiern. Sieht man die gesamte Turnierleistung, so haben sich die Spanier den Titel wirklich verdient. Sie stellten mit David Villa und seinen vier Treffern den Torschützenkönig und mit Mittelfeldmann Xavi (Foto) den Spieler des Turniers. Trainer Luis Aragonés ist es gelungen aus diesem jungen Haufen eine tolle Mannschaft zu formen als Europameister tritt er nun ab und verlässt die spanische Nationalmannschaft Richtung türkische Liga.
Die deutsche Mannschaft kann aber mit ihrem zweiten Platz dennoch zufrieden sein, denn die EM war wirklich hervorragend besetzt!
-ab-30.06.2008 Text / Fotos: Flaggen: wasistwas.de
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