Turnvater Jahn frisch, fromm, fröhlich, frei

Beim Stichwort Turnvater Jahn sehen viele Fotos von Turnerriegen aus dem Kaiserreich vor ihrem geistigen Auge. Man denkt an eher militärisch anmutende Leibesübungen zur körperlichen Ertüchtigung, an Ordnung und Disziplin. Überraschenderweise ist das Leben des Friedrich Ludwig Jahn geprägt von seiner eigenen Unfähigkeit sich diszipliniert zu verhalten.

Freie Kindheit und strenge Disziplin

Friedrich Ludwig Jahn wurde am 11. August 1778 in einem Dorf in der Mark Brandenburg geboren. Als Sohn eines evangelischen Pastor genießt er viele Freiheiten. Die Mutter lehrt ihn lesen, der Vater Latein.

Erst im Alter von 14 Jahren sieht er eine Schule von innen. Er wird ins Gymnasium Salzwedel aufgenommen. Dort lernt er, was Schuldisziplin bedeutet. An schriftliches Arbeiten und Stillsitzen kann er sich allerdings nicht gewöhnen. Jahn ist sehr kräftig und bei jedem Blödsinn dabei. Fast täglich ist sein Name im Strafbuch der Klasse zu finden, bei jeder Prügelei mischt er mit. Schließlich nimmt ihn der Vater aus der Schule.

Anpassungsschwierigkeiten

Nach etlichen erfolglosen Schulbesuchen, geht Jahn ohne Abschluß auf die Universität. Aber auch hier wiederholt sich das bereits bekannte Muster. Jahn fällt unangenehm auf, drückt sich um die schriftlichen Prüfungen und hat ständig Ärger mit den Uni Professoren. Nach über sieben Jahren verlässt er die Hochschule ohne Abschluß.

Pflichtlektüre der Burschenschaften

1809 geht Jahn nach Berlin. Er kommt an einer Privatschule als Lehrer unter. Es winkt sogar eine Stelle als Oberlehrer in Königsberg, dies scheitert jedoch mal wieder an der erforderlichen Prüfung. Er bleibt in Berlin Hilfslehrer und macht dort die Turnerei populär.

1810 gründet Jahn den Deutschen Bund, den Vorläufer der Burschenschaften. Wichtigstes Ziel ist die Befreiung Deutschlands von der französischen Herrschaft und die nationale Einheit. Deutschland war damals in viele Einzelstaaten zersplittert.

In dieser Zeit entsteht auch seine Schrift Deutsches Volkstum. Das Büchlein wird nach 1815 gewissermaßen Pflichtlektüre in den Burschenschaften.

Sport als militärische Übung

Foto: Alfred Flatow am Barren bei den ersten Olympischen Spielen der Neuzeit 1896.

Jahn setzt durch, dass das Buch in Berlin und an anderen Universitäten bekannt gemacht wird. Es enthält 48 Paragraphen. Hier ein Beispiel: Jeder Bursch müsse sich deutsch ausbilden für Volk und Vaterland, leiblich und geistig (§ 14).

Sport solle in erster Linie der vormilitärischen Jugenderziehung dienen, er wendet sich ausschließlich an das männliche Geschlecht, die sportliche Betätigung solle der militärischen Grundausbildung nützlich sein.

Turnen zur Verbesserung der Geschicklichkeit: bestimmte leichtathletische Übungen dienen zur Förderung der Schnelligkeit, aber auch Mannschaftssport wurden dem oben genannten Ziel untergeordnet. Denkt nur mal daran, welche Bedeutung das Tauziehen damals hatte.

Aber schon bald wurde der Selbstzweck des Sportes erkannt und Sport wegen des persönlichen Spaßes betrieben.

Der erste Sportplatz

Foto: Das Turnerkreuz besteht aus den vier F. Hier zu sehen an einem Turnerheim in Eisenberg (Pfalz).

Frisch, fromm, fröhlich, frei unter diesem Motto eröffnet Friedrich Ludwig Jahn am 18. Juni 1811 den ersten, deutschen Turnplatz bei Berlin. Dort macht er mit der Einführung von Barren, Reck und Hanteln, Turnübungen erstmals populär. Die allgemeine Turnbewegung setzt sich in Gang.

Zwischen 1814 und 1817 steht Jahn auf dem Höhepunkt seines Erfolges. Es gibt 12.000 Turner in 150 örtlichen Vereinen. Das ruft seine Gegner auf den Plan. Sie entfachen die sogenannte Turnerfehde. Gegen Ende 1817 wurde das Turnen verboten. Erst in den 40er Jahren wurde es wieder erlaubt.

Unter Beobachtung

Sein politisches Engagement macht ihn bei der Obrigkeit so verdächtig, dass er 1819 verhaftet wird. Erst 1825 kommt er wieder frei, steht aber weitere Jahre unter Polizeiaufsicht.

1840 wird Jahn durch Friedrich Wilhelm den IV. amnestiert. Im gleichen Jahr erhält er die Auszeichnung das Eiserne Kreuz.

1848 wird er in die Nationalversammlung der Paulskirche in Frankfurt am Main gewählt. Er blieb dort Abgeordneter bis zu ihrer Auflösung.

Foto: Jahndenkmal in Freyburg an der Unstrut.

Am 14. Oktober 1852 starb der Turnvater an einer Lungenentzündung.

10.10.02/sw Foto: Bild Jahn: pd; Turnerkreuz: Immanuel Giel: GFDL; Grabmal in Freyburg: MOdmate: GFDL;

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