Ein Urteil, das die Sportwelt veränderte

Durch das Urteil im Fall Bosman gestalten sich die Transferregeln für Profifußballer in Europa neu. Diese Regelungen betreffen aber nicht nur Fußball, sondern auch andere Profi- Mannschaftssportarten wie Eishockey oder Handball.

Bosman?

Jean-Marc Bosman war ein belgischer Profifußballer. Bis 1990 spielte Bosman für den belgischen Erstligisten RFC Lüttich. Nachdem es mit der Vereinsführung zu einem Streit kam, wollte der Spieler nach Ablauf seines Vertrages zum französischen Zweitligisten Dünkirchen wechseln. Allerdings forderte der RFC Lüttich eine Ablösesumme von 800.000 Dollar, eine überhöhte Summe, die Dünkirchen nicht bezahlen wollte. Bosman bekam keinen Vertrag mit dem Zweitligisten und ging deshalb vor Gericht.

Gang durch gerichtliche Instanzen

Zunächst klagte Bosman gegen seinen Verein auf Schadensersatz. Ein belgisches Gericht entschied 1990, der Belgier könne ablösefrei wechseln. Doch mit diesem Urteil war der belgische Fußballverband nicht einverstanden und ging in die Berufung. Das Urteil wurde bestätigt. Doch das Gericht rief gleichzeitig den Europäischen Gerichtshof an, denn es sollten einheitliche Regelungen innerhalb Europas gefunden werden. Schließlich gab der Europäische Gerichtshof in Luxemburg in letzter Instanz dem Spieler am 15.12.1995 Recht. Für Fußballspieler sollte somit dasselbe Recht gelten, das laut EU-Verfassung allen EU-Bürgern zusteht: Innerhalb der Europäischen Union kann jeder Bürger seinen Arbeitsplatz frei wählen. Dazu wurde Bosman ein Schadensersatz von 400.000 Euro zugesprochen.

Die Folgen des Bosman-Urteils:

Das Gericht verbot, dass einem Verein Ablösesummen zu zahlen seien, wenn ein Spieler nach Ablauf seines Vertrages den alten Verein verlassen will. Außerdem gibt es innerhalb der EU auch keine Ausländerbeschränkung mehr. Das heißt, jede Mannschaft im Profifußball darf so viele EU-Spieler unter Vertrag nehmen, wie sie möchte. So kann es vorkommen, dass in Bundesligamannschaften kein einziger deutscher Spieler mehr auf dem Platz steht.

Kritiker sind der Meinung, dass wegen dieses Urteils der deutsche Nachwuchs weniger Chancen erhält. Oft holen sich Vereine lieber bekannte, ablösefreie Profis aus dem Ausland, als eigenen Nachwuchstalenten einen Platz in der Stammelf zu geben. Schließlich zählt in der Bundesliga das Geld. Zeit, um junge Spieler in eine Bundesligamannschaft einzubauen, fehlt häufig.

Da die Vereine bei ablösefreien Spielern keine Ablösesumme mehr zahlen müssen, verlangen gute Spieler nun häufig ein so genanntes "Handgeld" für ihren Wechsel.

Folgen für alle Profi-Mannschaftssportarten

Dieses Urteil gilt nicht nur für den Fußball, sondern auch für alle anderen bezahlten Mannschaftssportarten. So zum Beispiel, wie eine Untersuchung der Uni Bielefeld zeigt, auch für Eishockey, Handball oder Basketball.

Während in der Saison 1994/95 10,2 Prozent der eingesetzten Spieler in der deutschen Eishockeyliga Ausländer waren, spielten in der Saison 2000/2001 59 Prozent. Im Fußball steigerte sich der Anteil ausländischer Spieler von 12,1 Prozent 1994/95 auf 40,1. Dadurch wurden zwar die nationalen Ligen stärker, für die deutschen Nachwuchsspieler wurde aber eine Karriere in den Bundesligen umso schwerer.

Mittlerweile, so stellen die Forscher fest, denken aber Vereine auch wieder um. Denn am besten können sich Fans mit eigenen Talenten anfreunden - und so bleibt zu hoffen, dass auch wieder verstärkt auf den eigenen Nachwuchs gesetzt wird.

-ab-12.12.2005 Text / Foto:CD Sports & recreation.

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