Der neue Schwimm-Star: Britta Steffen

EM 2006 in Budapest: Vier Mal Europameisterin, zwei Mal mit der Staffel, zwei Mal in Einzelrennen. Ein Mal Silber und drei Weltrekorde. Das ist die persönliche Bilanz von Britta Steffen. Bei der 22-jährigen scheint bei dieser Schwimm-EM in Ungarn der Knoten geplatzt zu sein. Hier mehr über die neue Hoffnung für die Olympischen Spiele 2008 in China:

Die unglaublichen Rekorde

Schwimm-EM 2006 in Budapest: Weltrekord in der 4 x 100-Meter-Freistilstaffel in 3:35,22 Minuten. Dabei schlug Britta Steffen als schnellste Schwimmerin in der Fabelzeit von 52,66 Sekunden an. Dann, zwei Tage später: Weltrekord über 100-Meter-Freistil, der Königsklasse in 53,3 sec. Damit unterbot sie die bisherige Bestzeit der Australierin Lisbeth Lenton gleich um 12 Hundertstelsekunden geradezu eine Welt im Schwimmsport.

Einen Tag darauf: Gold und Weltrekord in 7:50,82 Minuten mit der 4 x 200 Meter Freistilstaffel. Und schließlich holte sich Britta Steffen auch noch den Einzel- Europameistertitel über 50m-Freistil in neuem deutschen Rekord von 24,72 Sekunden.

 

Zum Abschluss der EM in Budapest verpasste die neue deutsche Starschwimmerin ihr fünftes Gold nur knapp und wurde als Schlusschwimmerin der 4 x 100m-Lagenstaffel mit ihren Kolleginnen zweite.

 

Ihre Karriere

Geboren wurde sie am 16. November 1983 in Brandenburg, in Schwedt an der Oder in der Uckermark. Mit zwölf Jahren ging sie weg von ihrem Elternhaus ins Sportinternat nach Potsdam um sich voll und ganz dem Schwimmen zu widmen. Lange war dieser trainingsintensive Sport alles in ihrem Leben.

1999, mit 16 Jahren, machte sie international auf sich aufmerksam, als sie bei der Junioreneuropameisterschaft sechs Titel holte. Damit hatte sie der Fachwelt bestätigt, dass sie nicht umsonst als größtes Talent des deutschen Schwimmsports galt. Überall wurde sie als Nachfolgerin von Franziska van Almsick gehandelt.

Mit 17 Jahren war sie bei ihren ersten Olympischen Spielen in Sydney gemeldet, doch dort erlebte sie auch ihre erste große Enttäuschung: Sie durfte nur als Vorlaufschwimmerin in der Staffel schwimmen. Zu wenig für die ehrgeizige Sportlerin.

Um noch konzentrierter zu arbeiten, war sie zum Berliner Klub SG Neukölln in die Trainingsgruppe von Franziska van Almsick gewechselt. Doch auch dort konnte sie trotz ungeheueren Trainingsaufwands nicht die gesteckten Ziele erreichen. Irgendwie, so meint die Schwimmerin heute, fehlte ihr die richtige Einstellung zu sich selbst. Verletzungen kamen dazu und warfen sie immer wieder zurück.

Optimale körperliche Voraussetzungen

Dabei heißt es, sie habe für eine Schwimmerin die körperlich optimalen Voraussetzungen: mit 1,80 Meter die optimale Größe, schlank gebaut und ihre Arme und Beine entsprechen den optimalen Last-Hebel-Verhältnissen. Und auch ihr Ehrgeiz und Fleiß stimmten, denn sie trainierte wie eine Besessene. Aber auch das verhalf ihr in den Jahren nach ihren ersten Erfolgen in der Jugend nicht zu den erhofften Ergebnissen bei den großen Wettkämpfen. Sie setzte sich immer mehr unter Druck.

Krise und Wandel: "Unglaublich"

Das war das erste, was Britta Steffen nach ihrem Weltrekord noch im Becken in Budapest einfiel. Und sieht man sich ihre Geschichte an, dann wird deutlich, wie unglaublich der 22-jährigen alles vorkommen muss:

Nach dem Auftakt bei der Jugend-EM wurden die erwarteten Ziele einfach nicht erreicht. Und mit jeder Niederlage im Becken fühlte sich die junge Frau auch als menschliche Versagerin. So rutschte sie zunächst in eine sportliche und dann in eine persönliche Krise.

Selbst das härteste Training half ihr nicht, ihre Leistungen noch zu steigern frustriert stieg Britta Steffen aus und tauchte sozusagen ab. Nach den für sie enttäuschenden Olympischen Spielen 2004 in Athen sagte sie dem Schwimmen Ade. Sie suchte Hilfe bei einer Psychologin, von der sie sich betreuen ließ. Sie begann ein Leben neben dem Schwimmsport und fing ein Studium der Wirtschaftswissenschaften mit Schwerpunkt Umwelttechnik an, ging abends auch mal aus und änderte auch ihre Einstellung zu sich selbst: Schwimmen war wichtig, doch Siegen und Leistung nicht mehr alles in ihrem Leben.

Das unglaubliche Comeback

Erst 2006 tauchte sie wieder bei Wettkämpfen auf. Bei den deutschen Meisterschaften im Juni 2006 schwamm sie einen deutschen Rekord und ließ aufblitzen, dass nun wieder mit ihr zu rechnen sei. Die Behandlung habe ihr geholfen, ihre Leistungsfähigkeit im entscheidenden Moment auch abrufen zu können und an sich zu glauben, sagte sie in einem Interview. Sie könne nun viel befreiter schwimmen - sieht man sich die Ergebnisse an, scheint sie recht zu haben.

Leise Befürchtungen

Bei all den Erfolgen, bei all diesen superschnellen Zeiten, die wohl außer von ihr und ihrem Trainer von kaum jemanden erwartet wurden, kam auch schnell ein Verdacht auf: Wurde hier mit unlauteren Mitteln gearbeitet? Ist die Leistungsexplosion auf Doping zurückzuführen?

Britta Steffen, ihr Trainer Norbert Warnatzsch und das deutsche Schwimm-Team werden nicht müde zu betonen, dass sie sauberen Sport betreiben. Sie fordern sogar noch mehr Tests und einen Schwimmerpass, in den alle Ergebnisse von Untersuchungen, unangemeldeten Dopingkontrollen und Bluttests ständig eingetragen werden. Der so genannte "gläserne Sportler" soll dazu führen, dass Doping nicht mehr möglich sein soll und Verdachtsmomente gar nicht mehr aufkommen können.

Ziel: Olympia 2008

Das große Ziel von Britta Steffen sind jetzt die Olympischen Spiele 2008 in Peking. Sie gehört dem so genannten Perspektiv-Kader an. Das sind die Schwimmer, die sich durch ihre Leistungen für die Olympischen Spiele empfohlen haben. Sie erhalten ein spezielles Training als Vorbereitung und werden besonders unterstützt. Die Vorbereitung läuft also schon und man kann Britta Steffen nur wünschen, dass ihre dritten Olympischen Spiele so erfolgreich verlaufen, wie die vergangene Europameisterschaft.

-ab-07.08.2006 Text / Foto: www.olympiateam2008.de

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