"Dem Abenteuer Sinn geben"

Seine Reisen fangen dort an, wo der Urlaub für andere schon längst zu Ende ist. Rüdiger Nehberg ist fasziniert davon, was der menschliche Körper leisten kann und auszuhalten vermag. Ob Eiswasser oder Wüstenmärsche, mit selbstgebasteltem Boot oder zu Fuß - Nehberg hat alles schon mitgemacht. Unter dem Motto "Dem Abenteuer einen Sinn geben" stellt er seine Aktionen heute in den Dienst der Menschenrechte.

Geboren wurde er 1935 in Bielefeld. Als Kind traute er sich angeblich nicht in den dunklen Keller. Umso spektakulärer wurden seine späteren Abenteuer. Alles fing ganz harmlos an: Im Alter von 16 Jahren startete er seine ersten Radtouren, die ihn immer weiter von Bielefeld wegführten. Quer durch Europa, nach Marokko und Asien, schließlich stand sogar Indien auf dem Fahrplan.

Mit 25 landete er das erste Mal in einem arabischen Gefängnis - Er und Freunde hatten in Jordanien ein Boot geklaut und wollten über den Golf von Aqaba ins damalige Ägypten. Ein Jahr Gefängnis hätte gedroht, aber die Jordanier sahen wohl ein, dass sie es nicht mit ausgebufften Kriminellen zu tun hatten, sondern das Ganze eher als Dummer-Jungen-Streich anzusehen war. Nach 43 Tagen durfte Nehberg das Gefängnis wieder verlassen.

In den 70er Jahren bereiste Nehberg zweimal den so genannten Blauen Nil. In einem selbstkonstruierten Boot reiste er über 1000 Kilometer vom äthiopischen Hochland bis an die Grenze des Sudan. Die zweite Reise nahm ein unglückliches Ende: Nehbergs Kameramann, Michael Teichmann, wurde von Kriminellen erschossen.

Quer durch Deutschland

1981 fällt der Startschuss zu Nehbergs Deutschlandmarsch. Damit wollte er für seinen ersten Marsch zu den brasilianischen Indianern im folgenden Jahr trainieren. Es sollte ein Test sein, wie lange sein Körper mit minimaler Nahrungsaufnahme funktioniert. Er schaffte in 23 Tagen 1000 Kilometer. Grund für die Tortur war, dass der Zugang zu den Indianern in Brasilien, den Yanomami, durch das Militär stark reglementiert wurde. Nehberg wollte den Soldaten durch minimale Ausrüstung und maximale Ausdauer ein Schnippchen schlagen und so dennoch zu den Indianern vordringen.

Quer durch den Regenwald

Denn über das Schicksal der Indianer gab es widersprüchliche Angaben: Die Indianerbehörde Brasiliens (FUNAI) sagte, dass man sich keine Sorgen um das Leben der Indianer machen müsse, sie würden ausreichend geschützt. Demgegenüber sagten Menschenrechtsorganisationen, dass die Kultur der Yanomami durch Goldsucher stark bedroht sei. Rüdiger Nehberg wollte sich mit eigenen Augen überzeugen und erlebte, wie 10000 Indianer mit Pfeilen von 65000 Goldsuchern mit Schusswaffen bedroht wurden.

Quer über´s Meer

Der Einbaum "The Tree", auf dem Nehberg den Atlantik überquerte. Heute könnt ihr das Boot im Technikmuseum Speyer bewundern. Foto: Stefan Kühn

Das gab den Ausschlag für ihn, sich für Menschenrechte einzusetzen. "Dem Abenteuer Sinn geben" ist das Schlagwort, unter dem Nehbergs Aktionen heute stattfinden. Die von ihm gegründete Organisation "Target" setzt sich weltweit für Menschenrechte ein - für die Indianer in Brasiliens Urwald ebenso, wie für Frauen und Mädchen in islamischen Ländern, denen die Genitalverstümmelung droht.

Auf all diese Schicksale will Nehberg aufmerksam machen mit Aktionen wie der Atlantiküberquerung in einem Einbaum oder mit einem Tretboot. Der Einbaum ist heute im Technikmuseum Speyer zu besichtigen. Für sein Engagement für Menschenrechte und bedrohte Völker erhielt Nehberg das Bundesverdienstkreuz.

Wenn ihr nicht ganz so verwegen seid wie Rüdiger Nehberg, aber trotzdem ein bisschen Abenteuer sucht, dann schaut doch mal in sein Buch "Survival - Abenteuer vor der Haustür", erschienen beim Piper Verlag.

Links:

Hier findet ihr die Homepage von Rüdiger Nehberg

Text: -jj-/4.5.2005 Fotos mit freundlicher Genehmigung von Rüdiger Nehberg/Cover: Piper Verlag

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt