Das Eisbärbaby von Nürnberg

Ende letzten Jahres gab es Eisbärennachwuchs im Nürnberger Zoo. Am Montag, 7.1.2008, stellte sich heraus, dass zwei Jungtiere tot sind. Daraufhin entschied man sich zur Handaufzucht des dritten Eisbärenbabys. Mehr zur aktuellen Situation erfahrt ihr hier ...

Ende 2007 hatten sich die trächtigen Eisbärendamen Vilma und Vera zur Geburt in ihre Wurfhöhlen zurückgezogen. Vater Felix war da schon in den Zoo nach Gelsenkirchen gebracht worden, denn Eisbärenväter können für den Nachwuchs lebensgefährlich sein.


Nach der Geburt der Jungen war von den Bärinnen zunächst nichts zu hören gewesen. Weil die Aufzucht nicht gestört werden sollte, hatten die Pfleger die Bären zunächst sich selbst überlassen. Das geschah auch im Einklang mit den Empfehlungen des Europäischen Erhaltungs-Zuchtprogramms.

Vorteil der Naturaufzucht



Ziel war eine natürliche Aufzucht durch die Mutter, wie es auch beim berühmten Knut zunächst geplant gewesen war. Denn Eisbären, die natürlich aufwachsen, haben viel bessere Chancen, später selbst Nachwuchs zu bekommen und ihn auf natürliche Art groß zu ziehen.

Die Geräusche aus den Wurfhöhlen ließen darauf schließen, dass jedes Weibchen vermutlich zwei Babys zur Welt gebracht hatte. Die Höhlen wurden mit Mikrofonen, später auch mit Video überwacht. Akustische Überwachung ist wichtiger als Video, wie Dag Encke, der Zoodirektor, auf einer Pressekonferenz erklärte. Anhand der Geräusche des Babys und der Reaktionen der Mutter kann der Zustand und das Verhältnis der beiden viel besser eingeschätzt werden.

Vilma machte sich bemerkbar

Am Montag, den 7.1.2008, machte sich Eisbärin Vilma das erste Mal bemerkbar. Der Zoo entschied daraufhin, dass ein mit Vilma vertrauter Tierpfleger nachsehen sollte. Er konnte keine Jungtiere auffinden. Der Pfleger stellte außerdem fest, dass Vilma sehr nervös war, gut im Futter stand und nicht hungrig war. Die Todesursache der Jungtiere ist bislang unklar.

Die Überwachung deutete auf keine Probleme hin. Der Zoo geht davon aus, dass Vilma ihre Jungen bis zuletzt vorbildlich versorgt hat. Vermutlich ist eine Erkrankung der Jungtiere Ursache für ihren Tod. Raubtiere sind bekannt dafür, dass sie ihren Nachwuchs auffressen, wenn die Jungtiere nicht in Ordnung sind oder die Umstände für die Mutter eine erfolgreiche Aufzucht unwahrscheinlich machen.

Schnelle Entscheidung

Die andere Eisbärin, Vera, hatte sich bis zum Dienstag, 8.1.2008, vorbildlich um ihren Nachwuchs gekümmert. Mittags trug sie ein Jungtier aus der Höhle und brachte es kurze Zeit später wieder zurück. Das ist ungewöhnlich, denn in freier Wildbahn bleiben Eisbärinnen bis zum Einbruch des Frühlings in ihren Höhlen. Eine Stunde später trug sie das Jungtier erneut aus der Höhle, zog es durch das Gehege und versuchte, es in einem Heubett zu verstecken. Dabei fiel ihr das Junge auch mehrmals aus bis zu mehr als einem Meter herunter.


Vera hätte das Baby entweder unabsichtlich fallen lassen und dabei verletzen oder es sogar vorsätzlich töten können. Für die Zooleitung bestand also akuter Handlungsbedarf. Man entschied sich für eine Aufzucht des Bären per Hand, zu groß war die Todesgefahr für das Junge.

Erfahrene Pfleger vor Ort

 

Im Nürnberger Zoo gibt es mehrere Pfleger, die mit der Handaufzucht von Bären vertraut sind. Sie kümmerten sich sofort um das Junge. Ein Tierarzt untersuchte das Baby. Es ist wohlauf und liegt nun unter Wärmelampen und wird mit spezieller Aufzucht-Kunstmilch versorgt. Die hat 40 Prozent Fett, damit das Kleine schnell an Gewicht zulegt. Noch sind die Augen verschlossen und es kann nur ein bisschen robben. Es trinkt alle drei bis vier Stunden und hat normalen Stuhlgang. Es wiegt aktuell gut 1700 Gramm.

Namensfindungswettbewerb

Aber niemand kann sagen, ob das Tier die nächsten Wochen überleben wird. Die Anzeichen sind gut, aber man kann nie wissen. Auch hat das Kleine noch keinen Namen. Wenn feststeht, dass es sicher überlebt, dann wird es einen öffentlichen Wettbewerb zur Namensfindung geben. Sicherlich wird uns das Nürnberger Eisbärenbaby also noch einige Zeit beschäftigen.


Die Leitung des Tiergartens hat in Einklang mit bestehenden Zuchtregeln gehandelt und auf Nachfrage bestätigten Herr Mägdefrau und Herr Encke, dass sie in einer vergleichbaren Situation wieder so handeln würden. An erster Stelle steht, das Leben der Tiere so naturnah wie möglich zu gestalten und dazu gehören auch die selbständige Niederkunft und Aufzucht von Jungtieren.

Hier findet ihr ein Video, in dem der zuständige Bürgermeister die Geschichte nochmal kurz erläutert

Die Homepage des Tiergarten Nürnberg



Hier erklärt ein Verhaltensforscher das Verhalten der Eisbären

 

Wenn dich Eisbären interessieren und du mehr über Polargebiete wissen willst, dann wirf doch auch einen Blick in unseren WAS IST WAS-Band 36: Polargebiete oder in unseren WAS IST WAS-Band 115: Bären

Text: -jj- 9.1.2008 // Bilder: Pressekonferenz: Marco Jäger; Rest: © Tiergarten Nürnberg

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