Fledermausforscher in Costa Rica

(dpa) Für Biologen jedoch zählen die nachtaktiven Ultraschall-Flatterer zu den faszinierendsten Tierarten, die ungewöhnliche Fähigkeiten haben und noch viele Geheimnisse bergen.

Im tropischen Regenwald von Costa Rica zum Beispiel erforscht der deutsche Wissenschaftler Detlev Kelm seit zwei Jahren die Lebensweise von Fledermäusen und ihren Beitrag zum Schutz der Artenvielfalt im tropischen Urwald.

Wenn im Nationalpark Braulio Carrillo abends die Dämmerung hereinbricht und die Hitze des Tropen-Tages mildert, beginnt die Zeit der Flattertiere. Aus vermoderten Bäumen und Höhlen aller Art kommen die Fledermäuse hervor und machen sich zwischen den Stämmen der Urwaldriesen und Lichtungen im Buschwerk auf die Nahrungssuche. Die meisten fressen wilde Früchte, einige trinken - geschickt wie Kolibris - Blütennektar, manche machen Jagd auf Frösche. Eine Fledermausart hat sich sogar darauf spezialisiert, über Flüsse und Teiche zu flitzen und kleine Fische im Wasser zu fangen.

«Mehr als 100 verschiedene Arten von Fledermäusen gibt es in Costa Rica, in Deutschland nur 23. Die meisten sind klein wie Mäuse, scheu und absolut harmlos», berichtet Kelm, der im Auftrag der Universität Erlangen im costaricanischen Forschungszentrum La Selva die Lebensweise von Fledermäusen erforscht.

Kelm ist den Fledermäusen Tag und Nacht auf der Spur. Tagsüber pirscht er durch den Urwald und sucht nach hohlen Stämmen und Fledermaushöhlen. Er identifiziert die verschiedenen Arten, die oft zusammen in einer Höhle leben, installiert Infrarotkameras, um sie ungestört beobachten zu können, und verfolgt mit Videoaufzeichnungen den Aktivitätsrhythmus der Tiere.

Nachts beobachtet er ihre Flugrouten mit Nachsichtgeräten. Einige Tiere fängt er mit feinsten Spezialnetzen, die ihre zarten Hautflügel nicht verletzen. Er versieht sie mit Minisendern, die per Funk weitere Informationen zur Computerauswertung liefern. «Sie haben verblüffende Fähigkeiten. Außer ihrem Ultraschall, mit dem sie sich im Dunkeln orientieren, scheinen sie auch ein fantastisches Gedächtnis zu haben. Sie können sich offenbar jede einzelne Blüte in ihrem Urwaldrevier merken und blind anfliegen, um Nektar zu trinken.» Erstaunlich ist auch die Energie-Effizienz einiger Fledermaus-Arten:

Tagsüber und in Schlecht-Wetter-Nächten verfallen sie in eine Art Tiefschlaf, so dass sie viel weniger Nahrung brauchen als vergleichbare Tiere.

«Wer weiß, was wir noch von den Fledermäusen lernen können», meint Kelm. Doch die «Fläuse», wie der 29-jährige Wissenschaftler sie liebevoll nennt, sind in Costa Rica ebenso wie in Deutschland in Gefahr, dezimiert zu werden, weil sie immer weniger alte Baume als Quartiere finden. In Costa Rica wird der Tropenwald weiterhin abgeholzt, um Platz für Viehweiden zu schaffen. Aberglaube und

übertriebene Furcht vor Vampiren tragen dazu bei, die Fledermäuse auszurotten.

Um die Fledermäuse nicht nur zu erforschen, sondern ihnen auch praktisch zu helfen, hat Kelm eine Spezialkonstruktion als Quartier für tropische Fledermäuse erfunden.

Die ersten mannshohen Kisten sind bereits bewohnt. Sie sind preiswert aus Zement und Sägespänen herzustellen. Und sogar die Viehzüchter haben sich überzeugen lassen, dass keine Vampire, sondern nur harmlose «Fläuse» sich darin ansiedeln.

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