Pilz 2005: ein wetterfühliger Kerl!

Pilzkunde heißt in der Fachsprache Mykologie. Seit 1994 wählt die Deutsche Gesellschaft für Mykologie (DGfM) jedes Jahr "den Pilz des Jahres". 2005 haben sich die Pilzkundler für den Wetterstern, lateinisch Astraeus hygrometricus, entschieden. An seinem leopardenfellartigen Muster der Sternzacken ist dieser Pilz zu erkennen. Beeindruckend ist aber vor allem seine "Wetterfühligkeit".

Was sind Pilze eigentlich?

Wenn wir im Wald Pilze wachsen sehen, so sind das nur die Fruchtkörper der Pilze, die eigentlich unterirdisch leben und aus einem feinen Fadengeflecht bestehen, das den Boden oder das Holz durchzieht. Dieses Fadengeflecht wird Myzel genannt. Pilze besitzen im Gegensatz zu den Pflanzen kein Blattgrün und kommen ohne Tageslicht aus. Hinzu kommt, dass Pflanzensamen überall keimen können, wo feuchte Erde ist. Das Pilz-Myzel bildet sich dagegen nur, wenn ein Sporenkörnchen auf etwas Nahrhaftes wie Laub, Nadelstreu, Holz oder ein totes Tier gefallen ist. Im Gegensatz zu den Pflanzen brauchen Pilze nämlich wie die Tiere grundsätzlich organische Nahrung. Das ist, vereinfacht gesagt, Nahrung, die selbst einmal gelebt hat, wie zum Beispiel abgestorbene Pflanzenteile.

Wo der Wetterstern wächst:

Den Wetterstern kann man auf der ganzen Welt finden. Im Süden Deutschlands wächst er vor allem auf kalkarmen Böden, auch in Norddeutschland kommt er noch vielerorts vor. In Massen wächst er zeitlich begrenzt in sauren Kiefernbeständen und an besonderen Standorten wie wieder aufgeforsteten Abraumhalden und Weinbergen oder an Bahndämmen. Insgesamt haben die Pilzkundler aber in den letzten 25 Jahren einen Rückgang der Bestände festgestellt.

Wie der Wetterstern auf Feuchtigkeit reagiert:

Der Wetterstern wächst als unterirdische Kugel mit einer zweischichtigen Hülle heran. Sobald diese Hülle aus dem Boden spitzt, spaltet sie sich in eine äußere und eine innere Schicht auf. Gesteuert wird dieses sternförmige Aufreißen der reifen Fruchtkörper von der Luftfeuchtigkeit: Ist es feucht, so löst sich die äußere Schicht von der inneren, reißt sternförmig auf und hebt den eigentlichen Sporenbehälter, eine dünnhäutige Kugel mit einer kleinen Öffnung in der Mitte nach oben.

Trockene Luft bewirkt genau das Gegenteil: Die "Zacken" des Wettersterns schließen sich wieder um den Sporenbehälter. Fällt bei Regen ein großer Tropfen auf den freigelegten Sporenbehälter, werden die Sporen, wie mit einem Blasebalg durch die kleine, runde Öffnung gepustet. Auf diese Weise pflanzt sich der Pilz, der zur gleichen Großfamilie wie der Steinpilz gehört, fort. Apropos "Familie": Auch wenn der Wetterstern Ähnlichkeit mit Erdsternen hat - so gehört er dennoch nicht in die selbe Familie.

Wetterstern, Schwalben, Tannen- und Fichtenzapfen

Früher gab es keine Satelliten und miteinander gekoppelte Wetterstationen, die eine gemeinsame Wetterprognose erstellten. Da beobachteten die Menschen häufig die Natur genau und konnten so auf das kommende Wetter schließen. Flogen Schwalben hoch, so war man der Meinung, das Wetter bleibt schön. Flogen sie niedrig, glaubte man, Regen sei im Anzug. Oder sie beobachteten die Fichtenzapfen, die bei trockenem Wetter ihre Schuppen aufspreizten. Und sie bedienten sich des Wettersterns: Der reißt bei feuchtem Wetter die äußere Hülle sternförmig auf, bei Trockenheit schließen sich die Zacken wieder.

Die Pilzkundler entschieden sich für den Wetterstern als Pilz des Jahres 2005, weil er eine der bizarrsten und eigenwilligsten Gestalten im Pilzreich darstellt auch wenn er heute nicht mehr als Wetterprophet dient.

Hier geht es zur Seite der Deutschen Gesellschaft für Mykologie: www.dgfm-ev.de.

Mehr über Pilze gibt es in dem Band 33 Pilze, Moose und Farne aus der Reihe WAS IST WAS nachzulesen.

-ab-22.11.04 Text / Foto: Deutsche Gesellschaft für Mykologie e.V.

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