Die Schleiereule ist der Pilz des Jahres 2010

Die Schleiereule ist in Frankreich und in der Schweiz ein beliebter Speisepilz. In Deutschland kommt er eher selten vor. Durch moderne Waldwirtschaft und den Rückgang naturnaher Wälder ist er vom Aussterben bedroht.Warum das so ist und welche Rolle Pilze im Ökosystem spielen, erfahrt ihr hier ...

Die Schleiereule kommt in Europa und Asien vor. In Norddeutschland gibt sie nicht, und auch in Mittel- und Süddeutschland ist sie recht selten.

Sie gehört zur Gattung der weit verbreiteten Haarschleierlinge. Der wissenschaftliche Name Cortinarius leitet sich ab von lateinisch Cortina was übersetzt "Schleier" heißt. In Mitteleuropa gibt es davon etwa 700 Arten, weltweit werden mehr als 2000 Arten unterschieden.

Charakteristisches Aussehen

Mit über 20 cm Hutbreite ist die Schleiereule die größte Art der Gattung.

Bei den jungen Pilzen spannt sich ein zarter, spinnwebenartigen Schleier (Cortina) vom Hutrand zum Stiel und verdeckt den Blick auf die anfangs grauen bis bläulichen, dann ton- bis rostbraun verfärbenden Lamellen. Der Stiel und der junge Hut sind mit einer bläulichweißen, seidig glänzenden Hülle überzogen, die beim Aufschirmen des Hutes zerreißt und den Blick auf die Huthaut freigibt. Dieses Aussehen erinnert an das Auge einer Eule. Daher hat der Pilz den Namen Schleiereule bekommen. Ein anderer Name des selben Pilzes lautet "Blaugestiefelter Schleimkopf".

Ein beliebter Marktpilz

Weil sie sehr wohlschmeckend ist, gehört die Schleiereule in der Schweiz und in Frankreich zu den beliebten Marktpilzen. Nach der Schweizer Verordnung über Speisepilze ist die Schleiereule der einzige marktfähige Speisepilz der Gattung Cortinarius.

Vorsicht Verwechslungsgefahr

Tatsächlich sind es nicht die Pilzsammler, die diese Art immer seltener werden lassen, sondern die Auswirkungen der modernen Forstwirtschaft.

Trotzdem wird das Sammeln zu Speisezwecken nicht empfohlen, weil unkundige Pilzsammler die Schleiereule leicht mit anderen hochgiftigen Schleierlingsarten verwechseln können. Ausserdem ist der Fruchtkörper oft mit Schwermetallen belastet.

Symbiose von Pilzen und Pflanzen

Die Schleiereule ist ein so genannter Mykorrhizapilz. Das Wort stammt vom altgriechischen Mykes = Pilz und Rhiza = Wurzel. Damit benennt die Wissenschaft eine Form der Symbiose von Pilzen und Pflanzen, bei der ein Pilz mit dem Feinwurzelsystem einer Pflanze in Kontakt ist.

Das Wort Symbiose kommt aus dem Altgriechischen und bezeichnet das Zusammenleben von Individuen unterschiedlicher Arten, die für beide Partner vorteilhaft ist.

Gemeinschaft mit Rotbuchen und Eichen

Die wärmeliebende Schleiereule kommt in naturnahen, krautreichen Laubwäldern mit kalkhaltigem Boden vor. Sie ist besonders mit Rotbuche, daneben auch mit Eichen, Haselnuss, seltener mit Nadelbäumen vergesellschaftet.

Die Mykorrhizapilze liefern den Bäumen Nährsalze und Wasser und erhalten ihrerseits einen Teil der durch die Photosynthese der Baumblätter erzeugten Assimilate. Der Anteil der Primärproduktion, der an den Pilz weitergegeben wird, kann bis zu 25 % betragen.

Weil der Schleiereule Enzyme fehlen, die nötig wären, um komplexe Kohlenhydrate abzubauen, ist sie auf die Versorgung durch die Pflanze angewiesen.

Forstwirtschaft bedroht Pilze

Der Einsatz immer größerer und schwererer Maschinen bei der Holzernte führt zu einer nachhaltigen Störung der empfindlichen Waldböden.

Weil die traditionelle Forstwirtschaft immer gewinnorientierter ist und der industialisierten Holzwirtschaft zuliefert, werden naturnahe Bestände beeinträchtigt.

Damit haben diese seltenen, in einer engen Lebensgemeinschaft mit ihrem Baumpartner lebenden Pilze langfristig keine Überlebenschancen mehr.

Fachbegriffe aus der Pilzkunde



Die Pilzkunde wird auch als Mykologie bezeichnet.



Die oben geschilderte Verbindung von Wurzeln und Pilz nennt man Mykorrhiza. Eine Gemeinschaft zu beiderseitigem Vorteil wie hier nennt man Symbiose.



Das, was man im allgemeinen unter Pilz versteht, also einen Stiel mit Hut, nennt man Trama. Das ist aber eigentlich nur die Frucht. Der eigentliche Pilzkörper durchzieht in Form feiner Fäden, dem so genannten Myzel, den Boden.



Die einzelnen Zellen des Myzels werden Hyphen genannt.



Übrigens ...



Pilze gibt es von mikroskopisch klein bis zu leicht mit den Augen erkennbaren Großpilzen. Dabei kann sich das Myzel solcher Pilze über riesige Flächen erstrecken.

 

Pilz des Jahres

Seit 1994 wird von der Deutschen Gesellschaft für Mykologie jeweils ein "Pilz des Jahres" ausgewählt. Sie will damit aufzeigen, wie wichtig gerade die Pilze im Ökosystem sind  und welch grundlegende Bedeutung der Erforschung der Pilze, der Mykologie, für den Menschen zukommt.

Eine Art steht stellvertretend für hunderttausende von Arten, die oft weniger ins Auge fallen als gerade der erwählte Pilz, aber vielleicht einmal entscheidend für unsere Zukunft sein werden.


Wer mehr über die faszinierende Welt der Pilze und ihre Rolle im Kreislauf des Lebens erfahren will, ist auf den Seiten der Deutschen Gesellschaft für Mykologie bestens aufgehoben. Hier eine kleine Auswahl von Links:



Hier findest du allgemein Wissenswertes rund um Pilze.

Was Pilze mit morschem Holz zu tun haben, erfahrt ihr hier.



Hier gibts die Anleitung für ein kleines Pilzbuch.



Hier findet ihr eine Anleitung, wie ihr selbst Pilze kneten könnt.

hier findest du ein Kinderrätsel zum Pilz des Jahres 2010.

und hier ein Ausmalbild.



Wenn dich Pilze interessieren, dann schau doch mal in unseren WAS IST WAS-Band 33: Pilze.

Text: RR, Stand 20. 5. 2010, Foto: Traumrune (Pilze, GNU-FDL), Malene Thyssen (Buchenwald, GNU-FDL), Moonwalker74 (Baumstämme, GNU-FDL)

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt