Edelweiß und Co Überlebenskünstler im Hochgebirge

Wer schon einmal im Hochgebirge, zum Beispiel in den Alpen wandern war, weiß es. In Regionen, in denen keine Bäume mehr wachsen, gedeihen die farbenprächtigsten Blumen. Unter Hochgebirge versteht man Berge oder Gebirgszüge, die höher als 1500 bzw. 2000 Meter sind.

Innerhalb dieser Region befindet sich auch die Baumgrenze, jene Höhe, über der Bäume nicht mehr wachsen können. In den Alpen liegt die Baumgrenze je nach Gegend bei etwa 2000 Metern.

Foto: Edelweiß, die bekannteste Alpenpflanze steht unter Naturschutz.

Extreme Bedingungen

Eigentlich erstaunlich, dass in diesen Höhen Blumen leben, wo es doch gerade hier die meiste Zeit des Jahres über eiskalt ist. Erst Ende Juni nach der Schneeschmelze beginnt im Hochgebirge der Frühling und schon nach drei Monaten ist die schöne Jahreszeit vorbei und der erste Schnee fällt. In dieser kurzen Periode müssen die Blumen alles erledigen, was für den Fortbestand ihrer Art nötig ist: Blüte, Wachstum und Samenbildung.


Foto rechts: Hauswurz

Erschwerend kommen die starken Temperatur-

schwankungen innerhalb eines Tages hinzu. Vor allem im Frühling und Herbst kann sich der Boden, der direkt der Sonne ausgesetzt ist bis zu 40 Grad Celsius erwärmen, während es nachts Minusgrade gibt.

Außerdem müssen die Pflanzen auf kargen Böden überleben und dem starken Sonnenlicht, insbesondere der ultravioletten Strahlung trotzen. Trockenheit müssen sie ebenso aushalten wie starken Wind.

Anpassungsmechanismen

Arten, die direkt auf Felsen wachsen bilden oft Polster, um sich vor dem Wind zu schützen und den Humus besser zu halten. Sie schaffen sich dadurch sogar ein eigenes Mikroklima.

Foto links: Das Stengellose Leimkraut bildet Polster.

Um sich vor Wind und Austrocknung zu schützen, werden viele Blumen nicht sehr hoch und bilden dichte Behaarung oder wachsartige Überzüge.

Foto rechts: Die Mehlprimel scheidet durch ihre Drüsenhaare Kristalle aus, die gemischt mit Pflanzenwachs einen Überzug bilden.

Trotz häufiger Niederschläge müssen die Alpenpflanzen oft unter Trockenheit leiden, da die kargen Böden das Wasser nicht lange speichern und starker Wind zu Austrocknung führt.

Manche Pflanzen wie der Hauswurz (siehe 2. Foto von oben) können in ihren Blättern Wasser speichern. Im Winter sorgen Zuckermoleküle im Zellsaft dafür, dass die Flüssigkeit im Hauswurz nicht gefriert.

In guter Gesellschaft Pflanzen unter sich

Manche Arten trifft man in der Regel gemeinsam an. Sie bilden so genannte Pflanzengesellschaften, da sie die gleichen Böden benötigen. Unterschieden werden dabei kalkliebende und kalkmeidende Gesellschaften.

Foto links: Bewimperte Alpenrose

Zu den kalkliebenden gehören z. B. der Gelbe Enzian, die Alpenanemone, das Immergrüne Felsenblümchen und die Bewimperte Alpenrose.

Arnika, Bärtige Glockenblume (siehe Foto rechts) und Rostrote Alpenrose treten hingegen in kalkarmen Gegenden auf.

Blumen auf Wanderschaft Eiszeitrelikte

Wie sich das Leben der Gebirgspflanzen über die Jahrtausende hinweg veränderte erzählt uns die größte in den Alpen vorkommende Primel, die Aurikel oder Primula auricula (siehe Foto links).

Die 5 bis 25 cm hohe, gelbblühende Blume, die nur auf kalkhaltigen Matten und in Felsspalten lebt, findet man normalerweise in Höhen von 1600 bis 3400 Meter.

In den letzten Eiszeiten wurde es ihr in den Bergen aber zu kalt, so dass sie sich in tiefere Lagen zurückzog. Dort ist sie noch heute an bestimmten Stellen, wie beispielsweise in der Donauenge beim Kloster Weltenburg, anzutreffen. Hier lebt sie als Eiszeitrelikt.

Nach Ende der letzten Eiszeit wanderte die Aurikel zurück in die nun wieder gletscherfreien Zonen des Gebirges.

Da die Aurikel heute sehr selten geworden ist, steht sie unter besonderem Schutz. Nur in Österreich dürft ihr sie ungestraft mit euch herumtragen zumindest im Geldbeutel. Dort ziert sie nämlich die Rückseite der 5-Cent-Münze. 

Allgemeiner und besonderer Schutz

Alle Tiere und Pflanzen stehen unter einem allgemeinen Schutz. Das bedeutet, dass man von nicht geschützten Pflanzen zwar einen Strauß pflücken darf, aber nicht mehr. Außerdem darf man ihren Lebensraum nicht beeinträchtigen oder zerstören.

Stehen Pflanzen unter einem besonderen Schutz, darf man nicht einmal Teile von ihnen aus der Natur entnehmen. Das heißt, sie dürfen nicht gepflückt, ausgerissen oder ausgegraben werden.

Sehr viele Gebirgsblumen stehen unter Naturschutz. Welche Arten im einzelnen dazu gehören könnt ihr in der unten verlinkten Liste vom Justizministerium sehen.

Gefährdungslage

Nur rund die Hälfte (51%) der etwa 28.000 einheimischen Pflanzen gelten als ungefährdet, während alle übrigen entweder in verschieden hohem Grad gefährdet (36%) oder gar schon ausgestorben sind (4%). Bei etwa 8% aller Pflanzen sind die Daten unzureichend, so dass keine Aussage über ihren Bestand getroffen werden kann.

Welche Pflanzenarten stehen unter Naturschutz? Hier findet ihr eine Liste, auf der auch alle Tierarten genannt sind.

Text: LM 17.07.06, Fotos: Bärtige Glockenblume (Campanula barbata), Stengelloses Leimkraut (Silene acaulis), Bewimperte Alpenrose (Rhododendron hirsutum), Aurikel (Primula auricula), Immergrüne Felsenblümchen (Draba aizoides): GFDL: Fotograf: Tigerente; Hauswurz (Sempervivum): Manuel Werner; Edelweiß (Leontopodium alpinum): Franz Xaver.

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt