Aus Rohr und Rübe die Geschichte des Zuckers

Bis etwa 1800 war Zuckerrohr die einzige Pflanze, aus der Zucker gewonnen wurde. Erst durch die Entdeckung des Zuckers in der Runkelrübe entstand eine Alternative. Zucker erscheint uns heute alltäglich und ist nicht besonders wertvoll. In früheren Jahrhunderten war das völlig anderes. Zur Gewinnung des weißen Goldes wurden sogar Sklaven gehalten.


Foto: Zuckerrohrpflanze

Die Geschichte des Zuckerrohrs

Zuckerrohr stammt wahrscheinlich aus der Südsee, wo es schon 15000 Jahre vor Christus als Proviant auf Bootsfahrten mitgenommen wurde. Sehr früh wurde es auch in Indien und China angebaut. In den Mittelmeerländern kannte man Zuckerrohr bereits in der Römerzeit, aber es war wohl nicht sehr verbreitet. Im Mittelalter kostete Zucker ein Vermögen. So tauschte man um 1370 zwei Mastochsen für ein Kilo Zucker.

Was hat Zucker mit Sklaverei zu tun?

1493 brachte Columbus das Zuckerrohr nach Mittelamerika. Die europäischen Eroberer zwangen die dort ansässigen Indios zur Arbeit in Zuckerrohrplantagen. Da die Indios der harten Arbeit unter katastrophalen Bedingungen nicht gewachsen waren, starben sie. Ganze Volksgruppen wurden dadurch ausgerottet.

Nun verschleppten die Europäer Schwarze aus Afrika nach Amerika und machten sie zu Sklaven für ihre Zuckerrohrplantagen. Zwischen 1450 und 1850 wurden 10 bis 15 Millionen Afrikaner versklavt, die hauptsächlich in Landwirtschaft und Bergbau arbeiten mussten.

Obwohl die Sklaverei offiziell im 19. Jahrhundert abgeschafft wurde, sind die Arbeitsbedingungen auf Zuckerrohrfeldern auch heute noch vielfach sehr schlecht. Häufig schuften Frauen und Kinder bei schlechter Bezahlung in den Plantagen. Die Anbaugebiete liegen heute vor allem in Indien, Thailand, Südafrika, den karibischen Inseln und Brasilien.

Foto: Zuckerrübe

Die Runkelrübe ein süßes Früchtchen

1747 entdeckt der Berliner Wissenschaftler Andreas Sigismund Markgraf, dass die Runkelrübe Zucker enthält, der chemisch identisch ist mit dem Zucker, der aus dem Zuckerrohr gewonnen wird. Erst mehr als 50 Jahre später werden aus dieser Erkenntnis jedoch Konsequenzen gezogen. Markgrafs Nachfolger, Franz Karl Achard züchtet die Runkelrübe und schafft es dadurch, ihren Zuckergehalt von 1,6 % auf 5 % zu erhöhen. (Heute beträgt der Zuckergehalt dieser Pflanze 15-20%.)


Außerdem informiert Achard seinen Landesfürsten, den preußischen König Friedrich Wilhelm III. über die Möglichkeit, aus Rüben Zucker herzustellen. Mit Hilfe des Königs entsteht 1801 die erste Rübenzuckerfabrik in Schlesien.

Napoleon und die Zuckerrübe

Wirtschaftlich interessant wird der Anbau und die Verarbeitung der Zuckerrübe in Europa, als Napoleon 1806 die Kontinenalsperre verhängt. Napoleon herrscht zu diesem Zeitpunkt über weite Teile Europas, nur nicht über Großbritannien. Um diesen Gegner wirtschaftlich zu schwächen, verbietet Napoleon den Handel mit England. Damit schneidet er Kontinentaleuropa auch vom Zuckernachschub ab. Schließlich wird Rohrzucker in den englischen Kolonien angebaut.


Foto: Zwei verschiedene Zuckerrübensorten.

So kam es, dass vor allem in Deutschland, Russland, Österreich und Frankreich der Zuckerrübenanbau in den Jahren bis etwa 1813 intensiv betrieben wurde. Als die Wirtschaftsblockade aufgehoben war und Rohrzucker aus Übersee wieder eingeführt wurde, lohnte sich die Zuckerrübe nicht mehr. Außer Frankreich gaben alle europäischen Länder ihre Zuckerfabrikation wieder auf. Frankreich dagegen züchtete die Zuckerrübe jedoch weiter und wurde so zum Vorreiter für die ab etwa 1830 wieder aufgenommene Produktion von Zucker in Europa


Foto: Zuckerrübenberg nach der Ernte

Heute wird 90% des Zuckerbedarfs in Europa mit hier angebauten Rüben gedeckt. Insgesamt werden in der EU etwa 120 Millionen Tonnen Zuckerrüben pro Jahr produziert. Daraus entsteht 14 bis 16 Millionen Tonnen Kristallzucker. Durch hohe Zölle ist die Einfuhr von Rohrzucker in Europa kaum lohnend. Weltweit entsteht aber etwa 55% des Zuckers aus Rohr.

Noch mehr Informationen über Zucker findet ihr unter folgenden Links:

Film über Zuckerherstellung aus Rüben

Zuckerarten sowie Süß- und Zuckeraustauschstoffe im Überblick

Internetseite des Zuckermuseums im Deutschen Technikmuseum Berlin

Koch- und Backrezepte mit Zucker

Text: LM 23.03.06, Fotos: alle GFDL; Zuckerrohr: Esskay; Zuckerrübe auf einem Zuckerrübenfeld und Zuckerrübenberg: Markus Hagenlocher; zwei Zuckerrüben: Peggy Greb.

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt