Warum bekam Konstantinopel den Namen Istanbul?

Die größte Stadt der Türkei ist die einzige Metropole der Welt, die sich auf zwei Kontinenten befindet. Ihren heutigen Namen hat Istanbul erst seit 1930. Davor hieß die Stadt Byzanz, dann Konstantinopel und erlebte eine wechselvolle Geschichte.

Zwischen zwei Meeren

Die türkische Metropole ist die bevölkerungsreichste Stadt der Türkei. Sie erstreckt sich auf beiden Seiten der Meerenge zwischen Mittelmeer und Schwarzem Meer, dem Bosporus.
Die europäische Seite liegt in Thrakien, die asiatische in Anatolien. Istanbul ist somit die einzige Stadt der Welt, die auf zwei Kontinenten liegt. Mit 12,8 Millionen Einwohnern gehört sie zu den am dichtesten besiedelten Städten der Welt.

Wechselvolle Geschichte

Die unter den Namen Kalchedon und Byzantion erbaute Metropole kann auf eine 2600-jährige Geschichte zurückblicken, in der sie drei großen Weltreichen als Hauptstadt diente.

Frühes Handelszentrum am Bosporus

Um 660 v. Chr. gründeten dorische Griechen Byzantion, eine Kolonie am europäischen Ufer des Bosporus. Durch die günstige geographische Lage stieg die Siedlung schnell zum bedeutenden Handelszentrum auf. Ende des 6. Jahrhunderts geriet sie in die Auseinandersetzungen zwischen dem Perserreich  und den Griechen.

513 v. Chr. eroberte der persische König Darius I. die Stadt, 478 wurde sie für zwei Jahre von Sparta  besetzt. Danach wurde Byzantion demokratisch regiert und schloss sich dem Attisch-Delischen Seebund an (bis 356). 340/339 widerstand die Stadt der Belagerung durch den Makedonenkönig Philipp II.

Bundesgenosse Roms

Nach dem Zerfall des Makedonenreichs, wurde die Stadt im Jahr 196 v. Chr. römischer Bundesgenosse. Diesen Sonderstatus büßte Byzantion erst unter Kaiser Vespasian  ein.
196 nach Christus ließ Septimius Severus die Stadt zur Strafe für die Unterstützung seines Gegners Pescennius Niger zerstören, doch wurde sie wieder aufgebaut. 258 wurde sie von Goten geplündert.

Ab 330  wurde Byzanz vom Herrscher Konstantin dem Großen zur neuen Hauptstadt des Römischen Reiches erhoben und Konstantinopel genannt.

 
Byzanz, byzantinisches Reich und Konstantinopel

 
Unter dem Byzantinischen Reich versteht man die östliche Hälfte des Römischen Reiches, die sich noch ein Jahrtausend nach der Zerstörung des Weströmischen Reiches bis 1453 behauptete.

Das römische Weltreich wurde nach dem Tod von Theodosius I 395 in ein östliches und ein westliches Reich aufgeteilt.

Zunächst umfasste Byzanz die Balkanhalbinsel, die Inseln des östlichen Mittelmeers, die asiatische Provinz und Ägypten. Hauptstadt war Konstantinopel, das heutige Istanbul.
Das byzantinische Reich kämpfte von außen gegen zahlreiche Bedrohungen, wie die Hunnen und Goten sowie slawische Stämme, war aber auch selbst bemüht sein Reich auszubauen. 

Das Osmanische Reich

Das Volk, welches wir heute als Türken kennen, nannte sich früher Osmanen. Der Name geht auf den Fürsten Osman (1299 - 1326) zurück, der Kleinasien erobert hatte. Seit dem 8. Jahrhundert bekannten sich die Völker in der Region zum Islam.

Die Osmanen unterwarfen einen Großteil des heutigen Griechenlands, darüber hinaus Makedonien, Bulgarien, Serbien und die Herzegowina.

1453 erstürmten die Türken Konstantinopel und machten es zu ihrer Hauptstadt Istanbul. Das bedeutete das Ende des Oströmischen Reiches und seiner über 1000 Jahre langen Vorherrschaft des Christentums.

Die Entstehung der Türkei

Im 19. Jahrhundert wollten viele Völker selbstständig werden, wodurch das Osmanische Reich kleiner wurde. Zu seiner endgültigen Zerschlagung kam es nach dem Ersten Weltkrieg.

Die Osmanen hatten auf der Seite Deutschlands und Österreich-Ungarns gekämpft und verloren. Die Siegermächte besetzten viele Landesteile.

Mehrere osmanische Gruppierungen waren damit nicht einverstanden und wollten eine moderne Republik nach dem Vorbild anderer europäischer Staaten gründen. Ihr Vorreiter war Mustafa Kemal, der sich später selbst den Beinamen Atatürk (Vater der Türken) gab.
 
Er organisierte Widerstandskämpfe gegen die Besatzungsmächte und macht sich zum Präsidenten eines neuen Parlament in Ankara (damals: Engürije). Die bisherige Regierung saß in Istanbul.

Eine neue Hauptstadt

Mustafa Kemal hatte bewusst eine Stadt im Zentrum des Landes, rund 450 Kilometer von Istanbul entfernt für sein neues Parlament gewählt. Er wollte damit deutlich machen: Es beginnt eine neue Ära.

Nun überschlugen sich die Ereignisse geradezu: Nachdem am 24. Juli 1923 die bis heute gültigen Grenzen des Staates festgelegt worden waren, ernennt Kemal am 13. Oktober die zentralanatolische Stadt Engürije zur neuen Hauptstadt, am 29. Oktober ruft er die türkische Republik aus.

Am 28.3.1930 löschte Atatürk den Namen der früheren Hauptstadt ganz aus und benannte Konstantinopel in Istanbul um. Da die Stadt im türkischen Volksmund schon seit langem so bezeichnet wurde, war dies eigentlich keine Neubenennung.

In den meisten europäischen Ländern verdrängte die Bezeichnung Istanbul allmählich die Bezeichnung Konstantinopel.


Weltkulturerbe

Die Architektur vereint Elemente der Griechen, Römer, Byzantiner, Osmanen und Türken miteinander zu einem Stadtbild.

Antike, mittelalterliche, neuzeitliche und zuletzt moderne Baustile haben die Stadt in ihrer 2600jährigen Geschichte geprägt.

Wegen dieser Einzigartigkeit wurde Istanbuls historische Altstadt von der UNESCO zum Weltkulturerbe erklärt.

Kulturhauptstadt Europas

Ein Türke hat mal gesagt "Istanbul ist reif für die Europäische Union - die Türkei nicht." Dieser Satz bringt die Problematik eines Beitritts der Türkei in die EU auf den Punkt.
Hier wird es noch viele Verhandlungen geben müssen, bis sich das geografisch in Asien liegende Land der EU anschließen kann.

Auch wenn die Türkei kein Mitglied der EU ist, wurde Istanbul als Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2010 gewürdigt. Damit steht die Stadt am Bosporos in einer Reihe mit den anderen Kulturhauptstädten dieses Jahres, dem Ruhrgebiet und der ungarischen Stadt Pecs.

Text und Fotos: RR, Stand 28. 3. 2010, Gemälde von Tizian.

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