Wie überwintern Insekten?

Im Dezember 2009 haben wir euch über Winterschlaf und Winterruhe einiger Tierarten berichtet. Aber wie machen es Käfer & Co.? Wie überstehen sie die eisige Jahreszeit? Hier erfahrt ihr mehr über tierische Frostschutzmittel ...

In der kalten Jahreszeit lebt die Natur nur auf Sparflamme. Jeder kennt das von sich selbst: Man ist eher müde und will sich ins kuschelige warme Bett zurückziehen. Was dem Menschen sein Bett, ist anderen Tieren die Winterhöhle, in der sie Winterschlaf und Winterruhe halten. Was das genau bedeutet, erfahrt ihr im angehängten Artikel.

Eiskristalle zerstören mit ihren Spitzen die empfindlichen Zellwände in Organismen.



Doch wie überwintern eigentlich Käfer und andere Insekten oder auch Frösche und andere Amphibien? Wie schützen sie ihre Körper vor der eisigen Kälte, die ja im Winter 2009/2010 sogar zweistellige Minusgrade erreichte? Zumal Insekten eine große Oberfläche im Vergleich zum Rauminhalt ihres Körpers haben: Sie kühlen viel leichter aus, als größere Tiere.


Wie du vielleicht weißt, sind Amphibien und Insekten wechselwarm. Ihre Körpertemperatur und ihre Aktivität hängen von der Umgebungstemperatur ab: Je wärmer, desto aktiver und umgekehrt. Anders beim Menschen und anderen Säugetieren: Sie halten auch bei kalter Umgebung eine konstante innere Körpertemperatur aufrecht. Wie überleben also wechselwarme Tiere den Besuch von Väterchen Frost?


Welche Gefahren bestehen beim Gefrieren?


Um zu verstehen, wie Insekten dem Kältetod entrinnen können, muss man zunächst einmal wissen, warum es nicht möglich ist, sich einfach einfrieren und wieder auftauen zu lassen.


Eisfische aus arktischen GEwässern nutzen Frostschutzmittel und überstehen so den Aufenthalt in bis zu -2° Celsius kaltem Wasser.

Jeder Organismus besteht aus einer Vielzahl an wasserhaltigen Zellen. Viel Wasser ist weiterhin in Körperflüssigkeiten wie Blut oder dem entsprechenden Gegenstück bei Insekten, der Hämolymphe, enthalten. Wenn nun das Wasser in den Zellen oder den Körperflüssigkeiten gefriert, bilden sich Eiskristalle. Diese Eiskristalle zerstören die Zellwände und führen so zum Tod des Organismus. Um Eisbildung zu verhindern, gibt es verschiedene Möglichkeiten.


Kein Wasser, kein Eis


In Nordamerika sind Froscharten heimisch, die bei Kälteeinbruch in ihrer Leber sehr viel Traubenzucker produzieren. Dieses Überangebot an Zucker führt dazu, dass die Körperzellen Wasser verlieren. Der Frosch trocknet sich gewissermaßen aus. Und wo kein Wasser ist, da kann auch kein Eis entstehen. So verbringen die Frösche bis zu einigen Wochen mit extrem reduziertem Stoffwechsel.


Tierische Frostschutzmittel


Wenn man verhindern will, dass das Kühlwasser im Auto einfriert, verwendet man Frostschutzmittel. Das ist eine Art Alkohol, die sich zwischen die Wassermoleküle drängt und so dafür sorgt, dass sie erst bei niedrigeren Temperaturen als 0° Celsius zu Eis erstarren.


Auch Tiere verwenden Frostschutzmittel. Antarktische Eisfische der Familien Channichtthyidae und Nototheniidae nutzen statt Alkohol so genannte Glykopeptide als Frostschutzmittel. Das sind bestimmte Formen von Eiweiß, mit denen sie in bis zu minus zwei Grad kaltem Wasser überleben können.


Andere Tierarten verwenden andere Frostschutzmittel wie das Gylcerin oder Eiweiße. Ein nordischer Verwandter unseres Borkenkäfers kann mit Hilfe eines speziellen Moleküls sogar Temepraturen bis zu -20° Celsius überstehen.


Keimfrei durch den Winter


Der nordamerikanische Marienkäfer Hippodamia convergens reinigt sich ganz besonders intensiv und übersteht dadurch auch sehr tiefe Temepraturen.

Im oberen Abschnitt stand, dass kleine Tiere schneller auskühlen als große. Doch Kleinheit kann auch von Vorteil sein. Denn ganz geringe Flüssigkeitsmengen können auf sehr niedrige Temperaturen gekühlt werden, ohne dass Eis entsteht. Fünf Mikroliter (1 Mikroliter=1 millionstel Liter) Leitungswasser kann man zum Beispiel ohne Eisbildung auf -18° Celsius kühlen. Diesen Effekt nennt man auch "Supercooling", also Superkühlung.


Das geht, weil Eiskristalle zum Wachsen Keime benötigen. Eine kleine Verunreinigung im Wasser genügt, und die Eisbildung setzt an dieser an, sobald der Gefrierpunkt erreicht ist. In sehr kleinen Flüssigkeitsmengen fehlen solche Verunreinigungen.


Unsere heimische Getreideblattlaus zum Beispiel übersteht Temperaturen bis zu -23° Celsius, weil ihre Nahrung aus Pflanzensäften besteht, in denen so gut wie keine Verunreinigungen enthalten sind. Die nordamerikanische Marienkäferart Hippodamia convergens entleert vor der Winterruhe den Darm und entledigt sich damit fast aller Kristallisationskeime. So übersteht der Marienkäfer bis zu -16° Celsius.


Kälterekordler


Zwei Rekorde wollen wir euch nicht vorenthalten. Der aus Alaska stammende Käfer Upis ceramboides (siehe Bild) benutzt als Frostschutzmittel das große Molekül einer besonderen Zuckerart, nämlich Xylomannan. Anders als kleine Moleküle, von denen viele benötigt werden, genügen bereits einige wenige große dieses Zuckers, und ermöglichen dem Käfer, bei Temperaturen von bis zu -60° Celsius zu überleben!


Die Rekordhalter sind aber ohne Frage die im Boden zu Hauf vorkommenden winzigen Bärtierchen. Wenn es darauf ankommt, schalten sie in den Überlebensmodus und verlieren 99 Prozent des in ihnen enthaltenen Wassers. Auf diese Art und Weise können sie Temperaturen von -200° Celsius bis zu 65° Celsius überleben!




Text: -jj- // Bilder: Upis cermaboides D. Sikes, cc-by-sa-Lizenz; Eiskristall Xosa/GFDL; Walter Siegmund/cc-by-sa 3.0; Eisfisch Marrabbio2/PD;

Hinweis: Im Archiv wurden alle Bilder und Links entfernt