Wirtschaftskrise erreicht Kinderzimmer

Auch wenn die Berichterstattung etwas nachgelassen hat: Die Wirtschaftskrise ist noch nicht vorbei! Deshalb macht man sich im Bundesfinanzministerium Gedanken, wie auch Kinder und Jugendliche bei der Bewältigung der Finanzkrise helfen können. Geplant ist eine Taschengeldsteuer ab 2011.

Seit über einem Jahr ist der Zusammenbruch der Finanzmärkte ein großes Thema in den Medien. Durch riskante Geschäfte haben Banken Milliarden von Euro verloren. Viele Staaten haben daraufhin Steuergelder verwendet, um diese Banken vor dem Bankrott zu retten.


Weil das Geld jetzt bei den Banken und deren Eigentümern ist, fehlt den Staaten das Geld zum wirtschaften. Besonders soziale und kulturelle Projekte wurden eingestellt oder sind von Kürzungen ihrer Gelder bedroht.


Immer wieder sprechen Politiker nun davon, dass der Gürtel enger geschnallt werden müsse, dass wir also sparen sollen. Neben der Kürzung der Ausgaben muss der Staat aber auch dafür sorgen, dass weiterhin Geld in den Staatssäckel fließt.


Jeder ist Teil der Gesellschaft


Im Bundesfinanzministerium ist man der Ansicht, dass auch Kinder und Jugendliche an den Aufgaben des Staates beteiligt werden sollten. Schließlich fließt auch viel Steuergeld in Schulen, Bibliotheken, Kindergärten und Spielplätze. Nicht zu vergessen die Heizkosten für die vielen Spaßbäder, die durch die gestiegenen Energiepreise ebenfalls stark angestiegen sind.


"Es ist nicht einzusehen, das Kinder und Jugendliche immer nur gefördert werden. Jetzt ist es am Staat, auch die kleinen Mitglieder der Gesellschaft zu fordern. Schließlich sitzen wir alle in einem Boot, und wo kommen wir denn dahin", sagt der deutsche EU-Kommissar Oettinger (rechts im Bild).


In den letzten Monaten hat man daher im Ministerium an einer Taschengeldsteuer gearbeitet. Das "Kinder und Jugendliche Steuerbeitragsgesetz", wie es offiziell heißt (abgekürzt KiStebeGe), soll Mitte des Jahres im Bundestag und Bundesrat verabschiedet werden.


Das Taschengeldgesetz im Einzelnen


Ab Anfang 2011 werden dann die Einnahmen von Kindern und Jugendlichen besteuert, genauso wie das Einkommen der Eltern ja schon heute besteuert wird. Die Punkte des Gesetzes im einzelnen:


1. Bis zu einem Betrag von 10 Euro Taschengeld oder anderweitiger Einnahmen pro Monat fallen keine Steuern an. Das ist der so genannte Grundfreibetrag.


2. Ab 10 Euro werden pauschal 20 Prozent Taschengeldsteuer erhoben. Das heißt, bekommt ihr zum Beispiel 20 Euro Taschengeld, dann müsst ihr 2 Euro Steuer zahlen, denn: 20 Euro - 10 Euro (Freibetrag) bleiben 10 Euro. Und 20 Prozent von 10 Euro sind 2 Euro pro Monat, im Jahr macht das also 24 Euro. Bekommt ihr monatlich 50 Euro Taschengeld, zahlt ihr 8 Euro Steuer, im Jahr also 96 Euro.


3. Wer besondere Ausgaben hat, etwa für Brillen, Zahnspangen, Aknecreme oder ähnliches, kann die Rechnungen dafür am Jahresende beim Finanzamt einreichen. Dort wird geprüft, ob ein gewisser Betrag der Steuer dafür zurückerstattet wird.


4. An Geburtstagen und Weihnachten greift die erweiterte Schenkungssteuer, die aus dem Steuerrecht für Erwachsene stammt. Der Wert der Geschenke muss glaubhaft geschätzt werden und fließt als Einnahme in die Berechnung der Taschengeldsteuer des Folgemonats ein. Ausgenommen sind Geschenke zur Konfirmation oder Kommunion. Sie müssen nicht gemeldet werden.


5. Um die korrekte Abwicklung zu überprüfen, dürfen die regionalen Finanzämter unangemeldete Kontrollen, die sogenannte Sparschweinschau, durchführen. Bei Unregelmäßigkeiten greift ein abgestufter Maßnahmenkatalog. Das heißt, die erste Steuerhinterziehung wird nur gerügt.


Kommen Hinterziehungen häufiger vor, hat das Finanzamt die Möglichkeit, Maßnahmen bis hin zum Ferienverbot auszusprechen. Die entsprechenden Kinder haben dann im jeweiligen Schuljahr keine Sommerferien mehr, sondern werden in speziellen Einrichtungen auch im Sommer betreut. Schwerpunkt dieser Camps werden dann Wirtschafts- und Sozialkunde sein.


Nicht nur Pflichten, auch Rechte


Hier hat man das "KiStebeGe" ausgeheckt - im Berliner Finanzministerium. Aber man hat aus der Geschichte gelernt. Damit die Steuer besser angenommen wird, soll man auch Vorschläge für deren Verwendung machen können.

Gemäß dem Motto "No Taxation without representation" (sinngemäß etwa "Keine Besteuerung ohne Stimmrecht"), das schon einmal zu einer Revolution geführt hat (siehe angehängter Artikel "Boston Tea Party"), gewährt das Bundesfinanzministerium allerdings Mitsprache bei der Verwendung der Mittel.


Das heißt: Das Geld wird nur in eurer jeweiligen Stadt verwendet. Zudem könnt ihr beim Bürgermeister auch Verwendungsvorschläge für die Gelder einreichen. Nach dem ersten April werden dazu Sondermailpostfächer in den Rathäusern eingerichtet. Schickt eure Vorschläge zur Verwendung der Gelder dann einfach in euer jeweiliges Rathaus. Sie werden gesammelt, bis das Gesetz nächstes Jahr in Kraft tritt.


Vielleicht könnt ihr eure Eltern auch überzeugen, euch dieses Jahr mehr Taschengeld zu geben, und dafür ab 2011, wenn das Gesetz in Kraft ist, weniger. So könnt ihr Steuern sparen!


Text: -jj- 30.3.2010 // Bilder: Waage Wiki-Vr/cc-by-sa 3.0; Oettinger Jacques Grießmayer/cc-by-sa 3.0; Bundesfinanzministerium Peter Kuley/cc-by-sa 2.5;

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