Vertrauensfrage zugunsten Schröders entschieden

Sicher habt ihr es schon in den Nachrichten mitbekommen: Im deutschen Bundestag gab es in den letzten Tagen viel Streit um den geplanten Einsatz von Bundeswehrsoldaten in Afghanistan. Gerhard Schröder hat deshalb im Parlament die so genannte Vertrauensfrage gestellt, um zu sehen, ob die Koalition noch zu ihm steht. Jetzt hat er die knappe Mehrheit bekommen. 336 Abgeordnete haben für ihn gestimmt. Zwei mehr als mindestens notwendig gewesen wären.



Ursprünglich sollte nur darüber entschieden werden, ob deutsche Truppen im Kampf der USA gegen den Terror mitmachen. Doch Abgeordnete der PDS, der Grünen und der SPD hatten angekündigt, ihre Zustimmung dafür zu verweigern. Der Bundeskanzler war verunsichert, ob seine eigenen Verbündeten noch zu ihm stehen. Deshalb machte er von seinem Recht Gebrauch, das Vertrauen seiner Regierungskollegen (Grüne und SPD) zu überprüfen.

Bundeswehreinsatz: ja oder nein


Es ging in der Abstimmung am 16. November nicht nur darum, ob es zu einem Bundeswehreinsatz in Afghanistan kommt, sondern auch, ob Schröder weiter Bundeskanzler bleibt. Der Entscheid darüber funktionierte folgendermaßen: Jedes Mitglied im Parlament musste seine Stimme abgeben. Wer für den Bundeswehreinsatz stimmen wollte, entschied sich gleichzeitig auch für Schröder. Wer dagegen war, zeigte damit auch, dass er dem Kanzler nicht mehr vertraut.

Kanzler brauchte mindestens 334 Stimmen

Hätte Gerhard Schröder nicht die geforderte Mehrheit von 334 Stimmen geschafft, hätte es zur Auflösung des Bundestags und zu Neuwahlen kommen können. In diesem Fall wäre der Bundespräsident in Aktion getreten. Laut Artikel 68 des Grundgesetzes darf er das Parlament innerhalb von 21 Tagen auflösen. Dieses Recht geht erst dann verloren, wenn der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen anderen Bundeskanzler wählt.

Vertrauensfrage in der Nachkriegszeit viermal gestellt

In der Vergangenheit haben es insgesamt drei bundesdeutsche Regierungschefs geschafft, mit Hilfe dieses Instruments ihre Macht zu stabilisieren: Helmut Schmidt, Helmut Kohl und Willy Brandt.

Helmut Schmidt erhielt 1982 als einziger der drei den Vertrauensbeweis - auch wenn er noch im selben Jahr durch ein konstruktives Misstrauensvotum abgelöst wurde. Willy Brandt dagegen scheiterte 1972, gewann aber, wie beabsichtigt, die neu angesetzten Wahlen. Ebenso Helmut Kohl 1982. Schröder ist in dieser historischen Reihe jetzt der vierte Kanzler, der die Vertrauensfrage gestellt hat.

Nic - 15.11.2001 / Foto: Stadt Berlin

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