Landtags- und Bezirkswahlen in Bayern

Am 28. September entschieden die Wähler in Bayern, von wem sie künftig regiert werden wollen. Durch die Wahlen können die Bürger die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel zwar nicht direkt beeinflussen, aber sie gaben ihr bestimmt zu denken. Warum es überhaupt Landtage gibt und welche Bedeutung sie haben, erfährst du hier.

Deutschland ist eine so genannte föderale Republik. Der Begriff stammt von dem lateinischen foedus, der so viel wie Bündnis oder Staatsvertrag bedeutet. Anders als bei einem Staatenbund, in dem sich mehrere selbstständige Staaten zu einer Art Interessengemeinschaft verbinden, tritt ein Bundesstaat nach außen als Einheit auf. Ein Beispiel dafür sind die Vereinigten Staaten von Amerika. Auch in Deutschland hat dieser Föderalismus eine lange Tradition. So ist das Schulwesen oder die Polizei eine Sache der Länder, die Gesetze hierzu verabschieden dann die Landtage.

Die Länder und der Föderalismus

 

Deutschland besteht aus 16 Bundesländern, wobei jedes von ihnen eine eigene Regierung und eine eigene Volksvertretung hat. In Bremen und Hamburg heißen sie Bürgerschaft, in Berlin Abgeordnetenhaus und in allen anderen Ländern Landtag, gemeint ist aber immer das Gleiche. Die Partei oder Koalition, also ein Bündnis, von Parteien, die bei den Landtagswahlen die meisten Stimmen erzielt, stellt dann auch die Regierung, insofern gibt es keinen Unterschied zu den Bundestagswahlen.

 

Landtagswahl in Bayern

 

Seit der ersten Landtagswahl in Bayern im Jahr 1946 stellt die CSU mit einer Ausnahme den Ministerpräsidenten des Landes. Dies war die Regierungszeit von Wilhelm Hoegner (SPD, 19541957). Bis auf die Wahlen im Jahr 1950 war die CSU zudem stets stärkste Kraft im Bayerischen Landtag. Bei der Landtagswahl im Jahr 2003 hatte die CSU zum ersten und bislang einzigen Mal die Zweidrittelmehrheit der Mandate erreicht. Die Staatsregierung hatte zunächst aus einer CSU-Alleinregierung unter Führung von Ministerpräsident Edmund Stoiber bestanden, ehe dieser im Oktober 2007 von Günther Beckstein abgelöst wurde.

In der Periode 2003/2008 waren im Bayerischen Landtag drei Parteien vertreten: CSU (124 Sitze), SPD (41) und Bündnis90/Die Grünen (15).

Ausserdem traten zur Landtagswahl 2008 unter anderem noch die Freien Wähler (FW), die FDP, die Linke, die ÖDP und die Bayernpartei an. Die Freien Wähler waren 2003 mit 4% der Wählerstimmen knapp an der 5-Prozent-Hürde gescheitert, die FDP hatte 2,6 Prozent und die ÖDP 2 Prozent erhalten. Alle anderen Parteien und Wählergemeinschaften mussten sich mit weniger als einem Prozent der Stimmen begnügen.

Bei Meinungsumfragen kam die CSU im August 2008 auf rund 49%, die SPD auf rund 20%, B'90/Grüne auf 10%, die FDP auf 7%, die FW FREIE WÄHLER auf 6%, DIE LINKE. auf 4%, die ödp und die NPD auf jeweils 2%, die kleineren Parteien kamen, abgesehen von Bürgerblock und Büso, auf jeweils 1%.Die CSU wollte 50 plus x der Stimmen erhalten, die SPD peilte 25 + x an und möchte in einer Viererkoalition mit Grünen, Freien Wählern und FDP den Freistaat regieren.

Der überraschende Ausgang

Aber es kam für die meisten Parteinen ganz anders als erwartet. Die CSU erhielt 43,4% der Stimmen und verlor damit 17,3 Prozentpunkte. Doch die SPD konnte davon nicht profitieren, verlor auch einen Prozentpunkt und kam somit auf 18,6%. Die großen Gewinner waren FDP mit einem Plus von 5,4 Punkten auf 8,0% und die Freien Wähler mit 6,2 Punkten Stimmenzuwachs (10,2% gesamt). Die Grünen gewannen auch leicht dazu und erhielten am Ende 9,4% der Stimmen.


Damit sind nun fünf verschiedene Parteien im bayerischen Landtag. Für die CSU war dieses Ergebnis natürlich sehr enttäuschend, weil sie ihre Zweidrittel-Mehrheit verloren haben und nicht mehr allein regieren können. Um aber weiterhin an der Regierung zu bleiben verständigten sich CSU und FDP auf eine Koalition. Damit haben die beiden Parteien die Mehrheit im Parlament. Der neue Ministerpräsident von Bayern heißt von nun an Horst Seehofer.




Auswirkungen auf den Bundesrat 

Im Gegensatz zum Bundestag, der alle vier Jahre direkt gewählt wird (das nächste Mal im September 2009), setzt sich der Bundesrat aus Vertretern der Länderregierungen zusammen. Abhängig von seiner Größe hat jedes Bundesland zwischen drei und sechs Stimmen: das kleine Saarland kann drei Stimmen abgeben, Hessen entsendet fünf Vertreter und das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen hat sechs Stimmen. In Bayern stehen ebenfalls sechs Stimmen auf dem Spiel.  


Die Parteien, die die derzeitige Bundesregierung tragen (CDU/CSU und SPD), haben im Bundesrat 41 Stimmen, nämlich die Stimmen aus Unions-Alleinregierungen (18), der SPD-Alleinregierung in Rheinland-Pfalz (4) sowie die Stimmen von Großen Koalitionen in den Ländern (19). Damit hat die Große Koalition des Bundestags theoretisch auch eine Mehrheit im Bundesrat.


Die anderen 28 Stimmen entfallen entweder auf Koalitionen der CDU mit der FDP bzw. den Grünen oder der SPD mit der Linken bzw. den Grünen. Stimmen die kleinen Koalitionspartner einem Gesetzentwurf der Großen Koalition im Bund nicht zu, so enthalten sich diese Länder in der Regel ihrer Stimme.

Es gibt keine Landesregierung, in der nicht eine Partei der Großen Koalition vertreten ist.

Wahl des Bundespräsidenten

Die bayerische Landtagswahl 2008 ist deshalb spannend, weil von ihrem Ausgang die Wiederwahl von Bundespräsident Horst Köhler abhängen kann. Der Bundespräsident wird von der Bundesversammlung gewählt (siehe unten stehenden Link). Da bei den bayerischen Landtagswahlen die CSU Verluste verzeichnen musste, hat die CDU/CSU insgesamt nicht mehr so viele Sitze auf der Bundesversammlung. Außerdem kann nicht ausgeschlossen werden, dass, wie bereits bei der Bundespräsidentenwahl 2004, Entsandte von CDU/CSU und FDP für Gesine Schwan stimmen. Damit ist Horst Köhler der erste Bundespräsident, der sich zur Wahl stellt, ohne eine sichere Mehrheit zu haben. Ob er wiedergewählt wird, ist noch sehr unsicher. 

Bezirkswahlen

Am Tag der Landtagswahl finden in Bayern auch Bezirkswahlen statt. Ein Bezirk ist im Freistaat Bayern eine als dritte kommunale Ebene über den Gemeinden (erste Ebene) und Kreisen (zweite Ebene) eingerichtete kommunale Gebietskörperschaft. Diese Ebene gibt es in Deutschland nur in Bayern und in der ehemals bayerischen Pfalz.

In Bayern gibt es sieben Bezirke: Ober- und Niederbayern, Oberpfalz, Schwaben, Ober-, Mittel- und Unterfranken.

Die Bezirkstage werden seit 1954 gemeinsam mit dem Bayerischen Landtag gewählt. Jeder Bezirkstag hat dabei soviele Mitglieder, wie der Bezirk Abgeordnete im Landtag hat. Die Zahl der Bezirksräte liegt derzeit zwischen 17 (Oberpfalz, Oberfranken) und 57 (Oberbayern). Bei dieser Wahl gibt es keine 5-Prozent-Hürde.

Mehr über die Deutsche Geschichte erfahrt ihr im WAS IST WAS Band 126 Deutschland.

22. 9. 2008 Text: -rr- / Illustrationen: Tessloff-Verlag, Fotos: Gesine Schwan: Roland Rosenbauer; Sitzverteilung: Wikipedia (UlrichAAB cc); Seehofer: Wikipedia (J. Patrick Fischer GNU)

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