Kurt Georg Kiesinger - der 3. Bundeskanzler

Vor 105 Jahren wurde Kurt Georg Kiesinger geboren. Er war der erste Kanzler der Bundesrepublik Deutschland, der eine Große Koalition anführte. Wegen seiner früheren NSDAP-Mitgliedschaft war er in seiner Regierungszeit sehr umstritten.

Geboren am 6. April 1904 in Ebingen/Württemberg als Sohn eines kaufmännischen Angestellten, wuchs Kurt Georg Kiesinger als Halbwaise auf, weil seine Mutter Domenica ein halbes Jahr nach seiner Geburt starb.

Er besuchte das Realgymnasium und absolvierte das katholische Lehrerseminar in Rottweil. Damals wollte er Schriftsteller werden und veröffentlichte den Gedichtband Wallfahrt zu Gott.  Er studierte Jura, Geschichte und Philosophie und ließ sich in Berlin als Rechtsanwalt nieder.

Mitglied der NSDAP

1932 heiratete er Marie-Luise Schneider. Aus der Ehe gehen später zwei Kinder hervor. Im Februar 1933 trat er in die NSDAP ein. Allerdings ließ er sich nicht im Nationalsozialistischen Rechtswahrerbund aufnehmen. Trotz seines 1934 abgeschlossenen Assessorexamens trat er bis 1940 nicht in den Staatsdienst ein. Dann wurde er als wissenschaftlicher Hilfsarbeiter ins Auswärtige Amt dienstverpflichtet und arbeitete dort in der Rundfunkpolitischen Abteilung. Er selbst beschrieb seine Unterstützung des NS-Regimes später als nicht aus Überzeugung, nicht aus Opportunismus, wichtige Ziele der Bewegung (Schaffung einer sozial gerechten Volksgemeinschaft, Ende wirtschaftlicher Not) seien ihm nicht verwerflich erschienen. Den Judenhass der Bewegung habe er nicht geteilt, aber auch nicht als ernsthafte Gefahr betrachtet.

Nachkriegszeit und Bundestag

In den Jahren 1945 bis 1946 wurde er von den Siegermächten des 2. Weltkrieges in Ludwigsburg interniert. Im Entnazifizierungsverfahren stuften sie ihn später als entlastet ein. 1948 wurde Kiesinger Landesgeschäftsführer der CDU Württemberg-Hohenzollern. Von 1949 bis zum 19. Februar 1959 war Kiesinger Mitglied des Deutschen Bundestags. Er vertrat in dieser Zeit den Wahlkreis Ravensburg, in dem er jeweils Rekord-Ergebnisse von über 70% erzielte. In den ersten beiden Legislaturperioden hatte er den Vorsitz des Vermittlungsausschusses von Bundestag und Bundesrat (1950-1958) und im auswärtigen Ausschuss(1954 - 1958) inne.

Kiesinger galt als exzellenter Redner. Seine Debatten mit dem ebenso redegewandten Fritz Erler von der SPD schrieben Parlamentsgeschichte. In den 50er Jahren unterstützte Kiesinger die Außenpolitik Adenauers, wurde von diesem aber nicht als Minister ins Kabinett berufen. Dies war einer der Gründe, warum Kiesinger 1958 als Ministerpräsident nach Stuttgart ging.

Ministerpräsident von Baden-Württemberg

Vom 17. Dezember 1958 bis zum 30. November 1966 war Kurt Georg Kiesinger Ministerpräsident von Baden-Württemberg als Nachfolger von Gebhard Müller, der als Präsident an das Bundesverfassungsgericht nach Karlsruhe ging. In jener Zeit gehörte Kiesinger auch als Abgeordneter dem Landtag von Baden-Württemberg (1960-1966) an. Als Gründer der Universitäten von Konstanz und Ulm ging Kiesinger in die Landesgeschichte ein. In seiner Eigenschaft als Ministerpräsident war er vom 1. November 1962 bis zum 31. Oktober 1963 Präsident des Bundesrats.


Bundeskanzler der Großen Koalition


In den 1960er Jahren hatte die junge Bundesrepublik insgesamt vier Bundeskanzler. Das Jahrzehnt begann mit Konrad Adenauer, der 1963 von seinem Wirtschaftsminister Ludwig Erhard abgelöst wurde. Nach dem Bruch der Regierungskoalition aus CDU/CSU und FDP wurde Kiesinger als Kandidat für die Nachfolge Bundeskanzler Erhards nominiert. Am 1. Dezember 1966 wurde  Kiesinger vom Bundestag zum neuen Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland gewählt. Am gleichen Tag bildete er eine Großen Koalition zwischen CDU/CSU und SPD, die die schwierigsten Probleme der Vorgängerregierung (wirtschaftliche Rezession, Haushaltsdefizit, bedrohliches Anwachsen des Rechtsradikalismus) in den Griff bekommen sollte.

In der Aussenpolitik förerte er die von Aussenminister und Vizekanzler Willy Brandt eingeleitete vorsichtige Neuorientierung der Ostpolitik. Allerdings hielt Kiesinger an der traditionellen Position des Alleinvertretungsanspruches fest und wollte Brandts flexiblere Politik nicht mit tragen. Allerdings zeigte Kiesinger sich stets bestrebt, mit der DDR-Führung Gespräche über eine Ausweitung der Kontakte zwischen den Menschen der beiden deutschen Staaten zu führen.

Nach der Bundestagswahl im September 1969 zerbrach die Koalition auf Zeit. Zwar konnte sich Kiesinger mit 46,1 Prozent der Stimmen gegenüber der SPD, die nur 42,7 Prozent erreichte, durchsetzen, doch Bundeskanzler blieb er trotzdem nicht. Da SPD und FDP schon vor der Wahl angekündigt hatten, eine Koalitionsregierung bilden zu wollen, blieb Kiesinger nichts anderes übrig, als mit der Union aus CDU und CSU in die Opposition zu gehen. Kurt Georg Kiesinger regierte etwas weniger als drei Jahre und brachte es damit auf eine kürzere Amtszeit als sein Vorgänger. Damit ist er der Bundeskanzler mit der kürzesten Amtszeit.

Sein Nachfolger als 4. Kanzler der Bundesrepublik Deutschland wurde Willy Brandt.

Und wieder im Bundestag

Von da an blieb Kurt Georg Kiesinger Abgeordneter des Deutschen Bundestages. Bei den Bundestagswahlen 1980 verzichtete er auf eine erneute Kandidatur und schied zum Ende der Legislaturperiode aus dem Bundestag aus. Am 9. März 1988 starb er in Tübingen.

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Text: RR, Fotos: Stadtarchiv Albstadt, Bundesarchiv Bonn (Rücktritt Bundeskanzler Erhard und Kulturpolitischer Kongress der CDU/CSU 1969, Fotos: Jens Gathmann)

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