Jungs müssen weiter zum Bund

Die Wehrpflicht wird nicht abgeschafft. Der Oberste Gerichtshof in Karlsruhe hatte am Mittwoch einen entsprechenden Antrag des Landgerichts Potsdam als unzulässig zurückgewiesen. Das bedeutet: Junge Männer, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, müssen also auch in Zukunft ihren Dienst an der Waffe leisten.

Vorausgegangen war der Diskussion ein Antrag des Potsdamer Landgerichts. Die Richter aus Brandenburg hatten sich gefragt, ob die allgemeine Wehrpflicht heute noch mit der Verfassung in Einklang zu bringen ist. Ihrer Meinung sei das wegen der veränderten sicherheitspolitischen Lage zweifelhaft und könnte einen Eingriff in die persönlichen Freiheitsrechte darstellen.

Zu dieser Vermutung war das Landgericht im Prozess gegen einen jungen Pazifisten gelangt. Der heute 33jährige Rechtsreferendar hatte sowohl Wehr- als auch Zivildienst verweigert und war 1998 wegen Dienstflucht zu einer Geldstrafe von 1.500 Mark verurteilt worden. Auf seine Berufung hin gaben die Potsdamer sein Anliegen nach Karlsruhe weiter.

Politiker sollen entscheiden

Der Oberste Gerichtshof hat sich damit indirekt gegen eine Aufhebung der Wehrpflicht entschieden. Obwohl das Gericht ausdrücklich gar keine Entscheidung getroffen und sich nur auf seine früheren Rechtssprechungen berufen hat. Die Richter halten das Thema Landesverteidigung für so vielschichtig, dass darüber besser die Politiker entscheiden sollen. Jetzt sind also der Gesetzgeber und die Bundesregierung gefragt, ob junge Männer auch weiterhin zum Bund müssen oder nicht.

Berufsheer möglich

Eine Reform der Bundeswehr ist schon seit längerem im Gespräch. Immer wieder hat die Regierung Schröder in den vergangenen Monaten angekündigt, dass es auf diesem Sektor Einsparungen geplant werden sollen. Möglich wäre zum Beispiel die Einführung eines Berufsheeres, etwa nach dem Vorbild der Amerikaner. Dafür hat das Bundesverfassungsgericht bereits Mitte der 70er Jahre die juristische Grundlage geschaffen. Doch eine Entscheidung wird wohl erst nach der Bundestagswahl im Herbst fallen. Erst wenn Schröder erneut die Wahl gewinnt, ist eine solch tiefgreifende Umstrukturierung des Militärs sinnvoll.

Zivildienst seit 1961 möglich

Die Diskussion um die Notwendigkeit der Wehrpflicht ist so alt wie die Bundeswehr selbst. Immer wieder hatten Pazifisten seit 1956 ihre Einwände gegen den verpflichtenden Dienst an der Waffe vorgebracht. Laut Grundgesetz darf dazu nämlich niemand gezwungen werden. Deshalb besteht seit 1961 auch die Möglichkeit zum Zivildienst. Wer den Kriegsdienst mit der Waffe nicht mit seinem Gewissen vereinbaren kann, darf verweigern.

Weltgeschehen als Messlatte

Die Dauer von Kriegs- und Zivildienst hat im Verlauf der vergangenen Jahrzehnte immer wieder geschwankt. Dafür war in erster Linie die weltpolitische Lage verantwortlich. So führte der Bau der Berliner Mauer dazu, dass die Dienstzeit von zwölf auf 18 Monate heraufgesetzt wurde. In der Phase der Entspannungspolitik (1972 1985), nach Beendigung des Kalten Krieges, mussten junge Soldaten nur 15 Monate dienen. Pech hatten die schwachen Jahrgänge zwischen 1986 und 1988. Sie mussten wieder 18 Monate ran - bis der Mauerfall wieder zu einer Herabsetzung der Dienstzeit auf 15 Monate führte.

Flexiblere Dienstzeiten

Seit Januar 2002 ist die Wehrdienstzeit auf neun Monate geschrumpft. Außerdem ist die Einteilung der Ausbildung wesentlich flexibler geworden. Nur noch sechs Monate Grundausbildung müssen am Stück absolviert werden. Das noch verbleibende Vierteljahr kann man in Blöcken von jeweils anderthalb Monaten ableisten. Das ist sowohl für Studenten als auch für schon Berufstätige praktisch. Auch der Zivildienst ist im Vergleich zu früher sehr viel kürzer. Er dauert seit diesem Jahr nur noch zehn Monate.

Diskutiert mit!

Wer weiß, ob sich die Frage Bundeswehr oder Zivildienst? für die meisten von euch überhaupt noch stellt. Vielleicht wird der Wehrdienst ja doch bald abgeschafft. Trotzdem würde uns eure Meinung zu diesem Thema brennend interessieren. Was haltet ihr von der Diskussion und wie würdet ihr euch entscheiden?

10. 04.2002 - Nic

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