Helmut Kohls 10-Punkte-Programm

Als erster gesamtdeutscher Bundeskanzler ging Helmut Kohl 1991 in die Geschichte ein. Er gestaltete den Prozess der deutschen Wiedervereinigung und wirkte maßgeblich am europäischen Einigungsprozess mit. Der Weg dorthin begann mit dem 10-Punkte-Plan, den er am 28. 11. 1989 dem Deutschen Bundestag vorlegte.

Im November 1989 befand sich Deutschland im Freudentaumel. Nach der Öffnung der Mauer zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik am 9. 11.  1989, besuchten Ostdeutsche Westdeutschland und umgekehrt auch viele Bundesbürger die ihnen vielfach noch unbekannten Gebiete der DDR. Zu diesem Zeitpunkt war die Welt trotzdem noch geteilt. Nach wie vor standen sich Westmächte und Ostblock gegenüber, obwohl das politische Tauwetter dabei war, den Kalten Krieg zu überwinden.

Ein Plan für die Zukunft Deutschlands

Damit die Mauer für immer verschwinden konnte und die Freude der Deutschen auf beiden Seiten der Grenze kein Strohfeuer blieb, musste die Politik grundlegende Festlegungen für eine gemeinsame Zukunft der beiden deutschen Staaten treffen. Aus diesem Grund erarbeitete der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl ein Programm, das in zehn Punkten den künftigen Umgang mit der DDR ausformulierte und als Grundlage für den Einigungsprozess gesehen werden konnte.

Die zehn Punkte:


Punkt 1 Sofortmaßnahmen humanitärer Art

Punkt 2 Umfassende Wirtschaftshilfe

Punkt 3 Ausbau der Zusammenarbeit beider Staaten

Punkt 4 Vertragsgemeinschaft

Punkt 5 Schaffung konföderativer Strukturen

Punkt 6 Einbettung des deutschen Einheitsprozesses

in die gesamteuropäische Entwicklung

Punkt 7 EG-Beitritt reformorientierter Ostblockstaaten

Punkt 8 Forcierung des KSZE-Prozesses

Punkt 9 Abrüstung und Rüstungskontrolle

Punkt 10 Deutsche Einheit

Freier Grenzverkehr und Zusammenarbeit

In den ersten beiden Punkten ging es um die Reisefreiheit der Bürger in beide Richtungen. Ohne die Möglichkeit der freien Ein- und Ausreise in die DDR hätte der Westen dem Land nicht helfen können. Das galt sowohl für den humanitären wie für den medizinischen Bereich.

Kohl bekräftigte den Willen der Bundesrepublik Deutschland, wirtschaftlich, wissenschaftlich-technologisch und kulturell eng mit der DDR zusammenzuarbeiten. Dazu forderte er eine Angleichung der Verhältnisse, zum Beispiel die Erneuerung und Modernisierung des Telefonnetzes der DDR oder der Eisenbahnverbindungen. Überregionale Bahnstrecken wie Hannover-Berlin oder Moskau-Warschau-Berlin-Paris sollten wiederbelebt werden.

Enge Annäherung beider Staaten

Kohl betonte, dass die Bundesrepublik Deutschland die Zusammenarbeit ausweiten wolle, wenn sich das politische und wirtschaftlichen Systems in der DDR sichtbar wandeln und demokratische Züge annehmen würde. So sollten freie, geheime Wahlen eingeführt werden, die Einheitspartei SED müsse ihre Macht abgeben und das Recht auf Opposition einführen. Außerdem müsse das politische Strafrecht abgeschafft werden, politische Gefangene freigelassen werden und die bürokratische Planwirtschaft abgeschafft werden.

Zunächst wollte Helmut Kohl eine Vertragsgemeinschaft anstreben. Er dachte aber auch daran, konföderative Strukturen zu erschaffen, um in Deutschland eine bundesstaatliche Ordnung zu errichten. Dazu müsse das Volk in freier Wahl eine demokratische Regierung der DDR wählen. Sogar die deutsche Einheit sah Kohl als greifbar an, wenn dies im Sinne der Entwicklung in der DDR sei.

Kein deutscher Alleingang

Ohne Europa wollte Helmut Kohl den deutschen Einheitsprozess nicht vorantreiben. Ein neues Deutschland müsse von seiner Architektur her in den europäischen Kontext passen, sagte er. Ein vereintes Deutschland sei ein Zeichen für die Vereinigung Europas.

Seine Vision war, dass auch die reformorientierten Ostblockstaaten der Europäischen Gemeinschaft beitreten sollten, damit das wirtschaftliche und soziale Gefälle in Europa abgebaut werden könne.

Deshalb forderte er auch die Forcierung des KSZE-Prozesses. (KSZE bedeutet "Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa"). Innerhalb dieses Prozesses sollten sich die jeweiligen Mitgliedstaaten über Menschenrechte, wirtschaftliche Zusammenarbeit, kulturelles Erbe und Umweltfragen verständigen.

Ende des Kalten Krieges

Zur Überwindung der Trennung Europas und der Teilung Deutschlands forderte Kohl weitreichende und zügige Schritte in der Abrüstung und Rüstungskontrolle. Vor Allem die Atomwaffen  der beiden Supermächte USA und UdSSR sollten auf ein strategisches Minimum reduziert werden. Konventionelle Streitkräfte in Europa sollen abgebaut und chemische Waffen weltweit verboten werden.

Als politisches Ziel der Bundesrepublik Deutschland stellte er die völkerrechtliche Wiedervereinigung Deutschlands in den aktuellen Grenzen von Bundesrepublik Deutschland und DDR heraus. Die Oder-Neiße-Grenze sollte zur Westgrenze Polens werden.

Mit der Wiedererlangung der Deutschen Einheit und der Schaffung der Europäischen Union hat sich Helmut Kohl einen dauernden Platz in der Geschichte gesichert. Mehr dazu erfährst du, wenn du unten die weiterführenden Links anklickst.


Hoher Bekanntheitsgrad


Für 40,6 Prozent der Deutschen gehört Helmut Kohl zu den Persönlichkeiten, welche die Bundesrepublik seit 1949 am deutlichsten geprägt haben. Er führt noch vor Konrad Adenauer (36,8 Prozent), Helmut Schmidt (35,8 Prozent) und Willy Brandt (26,2 Prozent) die Rangliste an, die nach einer TNS-Umfrage für das Magazin Spiegel Geschichte entstand. Dafür waren im Januar dieses Jahres 2000 Bundesbürger befragt worden.

Mehr über Helmut Kohl erfährst du auf den Seiten der Konrad-Adenauer-Stiftung.


Mehr über die Deutsche Geschichte erfahrt ihr auch im WAS IST WAS Band 126 Deutschland.


Text: RR, Stand 24. 11. 2009, Bilder: Deutsches Bundesarchiv

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