Die Nationalversammlung 1848
Am 28. Dezember 1848 wurde im Reichsgesetzblatt das Reichsgesetz betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes vom Vortag verkündet. Im Rahmen des ersten frei gewählten deutschen Parlaments, der Frankfurter Nationalversammlung, waren sie beschlossen worden. Was Grundrechte sind, welche damals eingeführt wurden und wie es heute um sie steht, erfahrt ihr hier.
Nach der Märzrevolution in den Staaten des Deutschen Bundes tagte vom 18. Mai bis zum 31. Mai 1849 in der Frankfurter Paulskirche das erste freie und gewählte Parlament Deutschlands. Die Wahlen waren aber nicht mit heutigen zu vergleichen, längst nicht jeder hatte das Wahlrecht.Die Abgeordneten beim Einzug in die Paulskirche.
Die Paulskirchenverfassung
In der Nationalversammlung ging es in hitzigen Debatten hoch her. Schließlich einigte man sich auf die so genannte Paulskirchenverfassung. Neben der Einführung einer konstitutionellen Monarchie mit einem Erbkaiser an der Spitze gab es auch einen Grundrechtskatalog.
Diese sollten den Bürger vor willkürlichen und unangemessenen Eingriffen des Staates in das Leben der Bürger schützen. Grundrechte sind also als Abwehrrechte des Bürgers gegenüber dem Staat zu verstehen, eine Anerkennung des Individuums.
Am 28. Dezember 1848 wurde im Reichsgesetzblatt das Reichsgesetz betreffend die Grundrechte des deutschen Volkes vom Vortag verkündet. Damit waren die Grundrechte eigentlich sofort anwendbar.
Keine Krone aus Volkes Hand
Die Frankfurter Nationalversammlung in der Paulskirche.
Doch der preußische König Friedrich Wilhelm IV. weigerte sich, die Kaiserwürde aus der Hand des Volkes entgegen zu nehmen. Zudem gab es eine Gegenrevolution und einige Staaten des Deutschen Bundes weigerten sich, das Reichsgesetz zu veröffentlichen und verhinderten damit das Inkrafttreten.
Dennoch waren die in der Paulskirchenverfassung niedergelegten Grundrechte Vorbild für die Weimarer Verfassung von 1919 und später auch für das Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland 1949.
Der Grundrechtkatalog
- Gleichheit vor dem Gesetz: Egal ob Professor oder Arbeiter, vor dem Gesetz und Gericht ist jeder gleich zu behandeln.
- Freizügigkeit: Bürger dürfen ihren Wohn- und Arbeitsort frei wählen.
- Glaubensfreiheit: Jeder darf die Religion ausüben, die er möchte.
- Schutz vor willkürlichen Verhaftungen und unfairen Prozessen: Festnahmen müssen begründet sein und Prozesse dürfen nicht böswillig in die Länge gezogen werden.
- Abschaffung der Todesstrafe: Todesurteile dürfen nicht mehr gefällt und vollstreckt werden.
- Freiheit von Forschung und Lehre: Es dürfen von Staats wegen keine gesetzlichen Vorschriften gemacht werden, was und wie Wissenschaftler forschen sollen.
- Unverletzlichkeit der Wohnung: Beamte des Staates dürfen nur unter besonders geregelten Umständen die Wohnung eines Bürgers betreten und durchsuchen.
- Meinungs- und Pressefreiheit: Rede in Wort und Schrift ist frei, solange keine Beleidigungen oder ähnliches verbreitet werden.
- Gewerbe- und Niederlassungsfreiheit: Jeder darf den Beruf ausüben, den er möchte. Man darf dies an jedem Ort tun.
- Briefgeheimnis: Ein Brief darf nicht unbefugt geöffnet werden.
- Unverletzlichkeit des Eigentums: Das Eigentum des Bürgers ist geschützt vor unberechtigtem Zugriff.
- Versammlungsfreiheit: Bürger dürfen sich ohne Waffen unangemeldet und ohne Erlaubnis versammeln.
- Unabhängigkeit der Richter: Sie fällen Urteile nur auf Grund von eigenen Abwägungen auf dem Boden der bestehenden Gesetze und sollen nicht auf Weisungen aus der Politik hören.
Die Demokratie braucht jeden Bürger
Die damals gewährten Rechte finden sich in teils unveränderter Form im Grundgesetz der Bundesrepublik. Oft sind Grundrechte durch andere Gesetze eingeschränkt. Meinungsfreiheit bedeutet nicht, jemanden beleidigen zu dürfen.
Wie jede gesellschaftliche Übereinkunft sind auch die Grundrechte immer wieder Gegenstand der Diskussion. In den letzten Jahren wurden verschiedene Einschränkungen dieser Gesetze im Zuge des Kriegs gegen den Terror diskutiert und auch durchgeführt.
Etwa die Unverletzlichkeit der Wohnung und die Versammlungsfreiheit sind konkret und aktuell durch verschiedene Gesetze weiter eingeschränkt worden, ebenso das Telekommunikationsgeheimnis.
Demokratie braucht immer wache und mündige Bürger, die die Freiheit der Bürger auch und gerade gegenüber dem Staat verteidigen. Duckmäusertum führt geradewegs in die Katastrophe, wie die Geschichte lehrt.
Wenn euch die Geschichte Deutschlands interessiert, dann werft doch auch einen Blick in unseren WAS IST WAS-Band 126: Deutschland.
Text: -jj- 18.12.2008 // Bilder: PD
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