Der Internationale Strafgerichtshof

Am 17. Juli 1998 wurde in Rom die Grundlage für den Internationalen Strafgerichtshof gelegt. Mit der Verabschiedung des so genannten "Römischen Statuts" hat die Diplomatische Bevollmächtigtenkonferenz der Vereinten Nationen ein ständiges Gericht zur Umsetzung des Völkerrechts auf den Weg gebracht. Am 1. Juli 2002 trat das Statut in Kraft. Bisher haben es 106 Staaten unterzeichnet.

Der Internationale Strafgerichtshof (IStGH) ist ein ständiges Gericht zur Umsetzung des Völkerrechts, insbesondere des Völkerstrafrechts. Spezielle Tatbestände sind dabei Völkermord, Verbrechen gegen die Menschlichkeit, Kriegsverbrechen und das Verbrechen der Aggression, dass sinngemäß das Führen von Angriffskriegen meint, aber inhaltlich noch nicht näher definiert wurde.

Der IStGH hat seinen Sitz in Den Haag. Er ist eine unabhängige Internationale Organisation deren Beziehungen zu den Vereinten Nationen über ein Kooperationsabkommen geregelt ist.

Eine lange Vorgeschichte

Die erste Forderung nach Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs geht auf das 19. Jahrhundert zurück. Unter dem Eindruck der im preußisch-französischen Krieg von 1870/71 begangenen Grausamkeiten unterbreite der Schweizer Gustave Moynier 1872 den ersten förmlichen Vorschlag zur Errichtung eines Internationalen Strafgerichtshofs. Im Zeitalter der Nationalstaaten blieb dieser Vorschlag undurchsetzbar. Erst die Vereinten Nationen versuchten sie bald nach ihrer Gründung neu zu beleben. Vor allem wegen der während des Zweiten Weltkriegs begangenen Verbrechen und unter dem Eindruck der Tätigkeit der Internationalen Militärgerichtshöfe von Nürnberg und Tokio herrschte plötzlich großes Interesse an dieser Idee. Die Völkermordkonvention der UNO sah 1948 in Artikel 6 ein internationales Strafgericht vor, welches aber nie gegründet wurde. Die Bemühungen im Rahmen der Vereinten Nationen blieben in den Spannungen und Rivalitäten des Kalten Krieges stecken.

Mauerfall und grausame Kriege

Erst nach dem Fall des Eisernen Vorhangs erneuerte die Generalversammlung im Jahr 1990 den Auftrag an die Völkerrechtskommission, das Strafgerichtshofsvorhaben zu prüfen. Die massiven Völkerrechtsverstöße im ehemaligen Jugoslawien und der Völkermord in Ruanda bewogen den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen dann, als Zwangsmaßnahmen nach Kapitel 7 der Charta der Vereinten Nationen die beiden Strafgerichtshöfe für das ehemalige Jugoslawien und für Ruanda einzurichten. Dadurch erhielt der Plan einen ständigen Internationalen Strafgerichtshofs einzurichten weiteren Auftrieb.

Die Völkerrechtskommission der Vereinten Nationen legte 1994 ihren ersten Entwurf für ein Statut vor. In sehr schwierigen Verhandlungen von 1995 bis 1998 wurde das Projekt weiter vorangetrieben.

Es begann 1998

Im Gegensatz zu den Strafgerichtshöfen zu Jugoslawien und Ruanda ist der Internationale Strafgerichtshof nicht durch einen Beschluss des Sicherheitsrats, sondern durch einen internationalen Vertrag ins Leben gerufen worden. Dies verleiht ihm eine besonders hohe Legitimität. Das Rom-Statut wurde am 17. Juli 1998 mit 120 Ja-Stimmen gegen sieben Nein-Stimmen bei 21 Enthaltungen von der UN-Bevollmächtigtenkonferenz in Rom angenommen. Am 11. April 2002 wurde die für das Inkrafttreten erforderliche Zahl von 60 Ratifikationen erreicht, worauf das Römische Statut am 1. Juli 2002 in Kraft trat. Bis zum Juni 2008 haben es 106 Staaten ratifiziert, darunter alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme der Tschechischen Republik. Die feierliche Vereidigung der ersten 18 Richter fand am 11. März 2003 statt. Erster Chefankläger ist Luis Moreno-Ocampo.

Der erste Angeklagte des Gerichts ist seit August 2006 Thomas Lubanga. Ihm wird zu Last gelegt, als Gründer und Führer der bewaffneten Miliz Union des Patriotes Congolais in der Demokratischen Republik Kongo Kinder zwangsrekrutiert und in kriegerischen Auseinandersetzungen eingesetzt zu haben.

Außerdem laufen beim IStGH noch drei weitere Ermittlungsverfahren: Untersuchungen laufen gegen die Zentralafrikanische Republik und gegen Uganda. Das vierte Verfahren betrifft die Situation in Sudan/Darfur und wurde vom Sicherheitsrat der Vereinten Nationen an den IStGH verwiesen.

Das Statut

Das in 13 Teile und 128 Artikel unterteilte Statut ist ein umfassender völkerrechtlicher Vertrag, der dazu beitragen soll, die Herrschaft des Rechts in den internationalen Beziehungen zu festigen. Es definiert die einzelnen Verbrechen, regelt die Zuständigkeit, die Errichtung, den Aufbau und die Finanzierung des Gerichtshofs sowie die allgemeinen Strafrechtsprinzipien, die Strafen, das Strafverfahren, die Strafvollstreckung und die strafrechtliche Zusammenarbeit. Besonderer Wert wird auf die Beachtung rechtsstaatlicher Grundsätze gelegt (Bestimmtheitsgrundsatz, Doppelbestrafungsverbot, Rückwirkungsverbot, Rechte der beschuldigten Person). Die Todesstrafe darf nicht verhängt werden.

Die größte Errungenschaft besteht darin, dass sich Individuen, die Pflichten gegenüber der internationalen Gemeinschaft als Ganzes verletzt haben, im gegebenen Fall vor einer unabhängigen internationalen richterlichen Institution verantworten müssen. Der IStGH ist damit Ausdruck einer im Namen der Staatengemeinschaft ausgeübten Justiz.

Befürworter und Gegner

Um die Verwirklichung des IStGH haben sich allen voran die Länder der Europäischen Union bemüht. Den Unterzeichnerstaaten ist es ein wichtiges Anliegen, schwerste und schrecklichste Verbrechen wie Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch auf internationaler Ebene durch ein unabhängiges Gericht ahnden zu können. Andernfalls wären diese Länder stets an den oft schwer erzielbaren Konsens im UN-Sicherheitsrat und die nationale Strafverfolgung gebunden. Die Straftatbestände, die in die Zuständigkeit des IStGH fallen, berühren wegen ihrer Schwere die Internationale Gemeinschaft als Ganzes. Die Arbeit des international tätigen Strafgerichtshofes stärkt folglich das UN-System.

Härtester Gegner des IStGH sind die USA. Zwar hat US-Präsident Bill Clinton das Statut im Jahr 2000 unterzeichnet, doch sein Nachfolger George Bush jr hat zwei Jahre später die völkerrechtlich unübliche, aber zulässige Rücknahme der Unterzeichnung erklärt. 2002 wurde der American Service-Members Protection Act rechtskräftig, der den US-Präsidenten dazu ermächtigt, eine militärische Befreiung von US-Staatsbürgern vorzunehmen, die sich in Den Haag vor dem IStGH verantworten müssten. Eine Zusammenarbeit mit dem Gericht wird US-Behörden verboten.

Weitere Staaten, die das Rom-Statut nicht ratifiziert haben, sind die Volksrepublik China, Indien, Irak, Iran, Israel, Kuba, Nordkorea, Pakistan, Russland, Syrien, Saudi-Arabien und die Türkei.

Informationen zum findest du hier (in englischer und französischer Sprache) und auf den Seiten des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland.

Text: RR, 14. 7. 2008, Fotos: Wikipedia, GNU

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