Bundestagswahl 2005

Am 18. September 2005 hatten die Deutschen die Qual der Wahl. Sie stimmten darüber ab, welche Politiker in der nächsten Legislaturperiode in Berlin den Ton angeben sollten. Wir erklären euch, wie die Bundestagswahl funktioniert.

Warum wählen wir den Bundestag?

Das Wahlrecht ist keine lästige Pflicht, sondern ein Recht, um welches uns viele Menschen, die in Diktaturen oder anderen totalitären Staaten leben, beneiden. Es ist in Artikel 20 II des Grundgesetzes (GG) verankert:

"Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen sowie durch Gesetzgebung, vollziehende Gewalt und Rechtsprechung ausgeübt" , heißt es da. Dieser Grundsatz gilt für alle nach Bundes und Landesverfassungen zu wählenden Parlamente. Wahlberechtigt ist jeder volljährige Bürger, also jeder der mindestens 18 Jahre alt ist. Der Bundestag wird auf vier Jahre gewählt (Artikel 39 GG).

Abgeordnete

Auch wenn es in den Fernsehdebatten, auf Plakaten und in Zeitungsberichten immer nur um die beiden Kanzlerkandidaten geht, kann der Bürger keinen Bundeskanzler direkt wählen. Selbst die Entscheidung, wer nun Minister wird, liegt nicht in der Hand des Wählers. Der Wähler kann nur seinen Abgeordneten wählen, der normalerweise einer Partei angehört und volljährig sein muss.

Abgeordnete sind Volksvertreter, die nur ihrem Gewissen folgen sollen. Leider wird in der Realität das Parteiprogramm als wichtiger eingestuft. In den vier Jahren einer Wahlperiode kann ein Abgeordneter sein Amt nur verlieren, wenn er freiwillig verzichtet oder straffällig geworden ist. Wer aus einer Partei ausgeschlossen wird, behält seinen Sitz, bleibt parteilos oder schließt sich einer anderen Partei an.

Bundeskanzler

Der Bundeskanzler leitet die Bundesregierung nach einer vom Bundespräsidenten genehmigten Geschäftsordnung. Er wird auf Vorschlag des Bundespräsidenten vom Bundestag gewählt und anschließend vom Bundespräsidenten ernannt. Auf Vorschlag des Bundeskanzlers werden die Bundesminister ernannt und entlassen (Art. 65 GG). Dem Bundeskanzler unterstehen unmittelbar das Bundeskanzleramt, das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung und der Beauftragte für die Nachrichtendienste.

Wie wird gewählt?

Bei der Bundestagswahl hat der Wähler zwei Stimmen. Auf dem Wahlzettel gibt es 2 Spalten, und in jeder Spalte darf nur ein Kreuz gemacht werden. Jede zusätzliche Bemerkung macht den Wahlzettel ungültig!

Die linke Spalte enthält die Erststimme für die Wahlkreiskandidaten.

Es gibt 299 Wahlkreise, in denen die Parteien ihre Kandidaten aufstellen können. Gewählt ist, wer die meisten Erststimmen erhält. Alle 299 Wahlkreissieger ziehen in den Bundestag ein. Damit ist die eine Hälfte der 598 Sitze durch Direktmandate vergeben.

Wahlentscheidend ist aber die Zweitstimme in der rechten Spalte, damit werden die Landeslisten der Parteien gewählt.

Der Anteil der Zweitstimmen bestimmt die Gesamtzahl der Sitze im Bundestag, welche nach dem Verhältnisverfahren (Hare-Niemeyer) berechnet werden.

Kein Ergebnis am 18. September

Das Ergebnis der Bundestagswahl sollte 2005 erst sehr spät feststehen. Aufgrund des Todes der Direktkandidatin Kerstin Lorenz (NPD) hatte der Kreiswahlleiter des Wahlkreises 160 (Dresden I) die Bundestagswahl für seinen Wahlkreis abgesagt. Er musste nun einen Nachholtermin bestimmen. Das bedeutete, dass insgesamt 219.397 Wahlberechtigte am 18. September nicht wählten. Wenn man bedenkt, dass bei der Bundestagswahl 2002 nur 6000 Stimmen das Ergebnis herbeiführten, hätte bei dieser Wahl der Ausgang nach dem eigentlichen Termin noch offen sein können.

Die Sitzverteilung im Bundestag

Die gewonnenen Direktmandate werden auf die Zahl der Sitze angerechnet, welche eine Partei entsprechend ihrem Zweitstimmenanteil gewonnen hat. Die dann noch verbleibenden Sitze werden mit Kandidaten von den jeweiligen Landeslisten besetzt.

Dem 15. Deutschen Bundestag (2002-2005) gehören zum Zeitpunkt der Neuwahl 601 Abgeordnete an, zwei mehr als normalerweise vorgesehen ist - das lag an den so genannten Überhangmandaten: Wenn eine Partei mehr Direktmandate errungen hat, als ihr Bundestagssitze gemäß ihrem Zweitstimmenanteil zustehen, darf sie diese Mandate behalten und bekommt dadurch mehr Sitze. Damit erhöht sich auch die Gesamtzahl der Sitze im Bundestag. Bis Mitte 2004 waren es sogar 603 Abgeordnete, inzwischen ist eine Mandatsinhaberin verstorben, ein Abgeordneter hat sein Mandat abgegeben.

Diese Überhangmandate gehen zu Lasten der kleinen Parteien, die keine Überhangmandate erhalten.

Das Ergebnis


Die meisten Verluste musste die SPD hinnehmen. Mit einem Minus von 4,3 Prozentpunkten kamen sie nur noch auf 34,2% der Stimmen. CDU/CSU erhielten zusammen 35,2%. Der große Gewinner der Wahl 2005 war die Linkspartei. Mit einem Plus von 4,7 Prozentpunkten kam sie nun auf 8,7%. Aber von den beiden großen Parteien wollte niemand mit der Linkspartei zusammen arbeiten, weil ihre Ansicht ziemlich weit auseinander lagen. Mit FDP oder Grünen hätte auch niemand eine Mehrheit erzielt. Nach Wochen der Koaltitionsverhandlungen einigte man sich schließlich auf die große Koalition zwischen SPD und CDU/CSU. Bundeskanzlerin wurde Angela Merkel. Von der CDU.


Mehr über die Geschichte der Wahlen in Deutschland findest du hier.

12. 9. 2005

Text: Roland Rosenbauer, Fotos: Autor, PhotoDisc, Quelle: Blickpunkt Bundestag.

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