Bundespräsidentenwahl 2010

Am 30. Juni 2010 bekommt Deutschland einen neuen Bundespräsidenten. Normalerweise wird das Staatsoberhaupt am 23. Mai gewählt. An diesem Tag wurde 1949 das deutsche Grundgesetz verabschiedet. Wegen des überraschenden Rücktritts von Horst Köhler war dieser Termin jedoch nicht möglich.

Von 2004 - 2010 war Horst Köhler von der CDU amtierender Bundespräsident von Deutschland.

Den Vorsitz der Bundesversammlung führt der Bundestagspräsident.

Die 14. Bundesversammlung setzt sich im Jahr 2010 aus den 622 Mitgliedern des Bundestages und 622 von den Landtagen bestimmter Mitglieder zusammen. Bei der letzten Wahl 2009 fielen von 1224 möglichen Stimmen 613 auf Horst Köhler.

Querschnitt der Bevölkerung

Die Zusammensetzung der Wahlberechtigten soll einen repräsentativen Durchschnitt der Bevölkerung darstellen. Dazu wird die Gesamtbevölkerungszahl, die vom statistischen Bundesamt ermittelt wird, herangezogen: Insgesamt leben rund 82 Millionen Menschen in Deutschland.

Dann wird überprüft, wie viele Bürger auf die einzelnen Bundesländer fallen und ausgerechnet, wie viel Prozent von der gesamten Anzahl das sind. Je nachdem wie viele Menschen in einem Bundesland leben, bekommt es dann Wahlmänner und frauen zugesprochen, die neben den Mitgliedern des Bundestags den Bundespräsidenten wählen. So hatte Bremen, als Bundesland mit den wenigsten Bürgern fünf Delegierte zur Wahl geschickt, Nordrhein-Westfalen mit den meisten Menschen, 131.

Wahlmänner und frauen

Je nachdem, welche Parteien nun in einem Bundesland das Sagen haben, werden die Wahlmänner und frauen auf die einzelnen Parteien verteilt. Die Parteien können aber auch gemeinsame Wahlmänner nach Berlin schicken, sozusagen eine gemeinsame Liste machen.

 

Die einzelnen Landtage wählten im Vorfeld die jeweils zur Verfügung stehenden Wahlmänner und frauen. Meistens bekannte und erfolgreiche Menschen aus Politik, Wirtschaft, Kultur oder Sport. So war zum Beispiel die erfolgreiche Boxerin Regina Halmich für Baden-Württemberg Wahlfrau, der Schauspieler Ottfried Fischer Wahlmann für Bayern.



Da die CSU/CDU gemeinsam mit der FDP über die meisten Wahlmänner und frauen und damit über eine Mehrheit verfügten, war eigentlich schon vor der Wahl klar, dass der von diesen Parteien gemeinsam aufgestellte Kandidat Horst Köhler gewählt werden würde.

In der 14. Bundesversammlung verfügen Union und FDP voraussichtlich mit 644 der 1244 Sitze über eine absolute Mehrheit.

Wer kann Bundespräsident werden?

Im Artikel 54 Absatz 1 des Grundgesetzes steht, dass zum Bundespräsidenten gewählt werden kann, wer deutscher Staatsangehöriger ist, das Wahlrecht zum Bundestag besitzt und mindestens 40 Jahre alt ist. Jedes Mitglied der Bundesversammlung darf Vorschläge einreichen. Allerdings muss einem Vorschlag die schriftliche Zustimmungserklärung des Vorgeschlagenen beigefügt werden (§ 9 Absatz 1 BPräsWahlG).

Die Wahl gewinnt, wer die absolute Mehrheit der Stimmen, also 623 Stimmen auf sich vereinen kann. Die Wahl ist geheim und die Stimmen werden alphabetisch nach Namen abgegeben.

Sollte kein Kandidat nach dem ersten Wahlgang über die absolute Mehrheit verfügen, folgt ein zweiter Wahlgang. Gibt es dabei auch keine absolute Mehrheit, gewinnt im dritten Wahlgang, wer die einfache Mehrheit bekommt.

Christian Wulff - Kandidat der Union und der FDP

Die beiden Unionsparteien CDU und CSU sowie die FDP haben den niedersächsischen Ministerpräsidenten und stellvertretenden CDU-Vorsitzenden Christian Wulff (51) als Kandidaten aufgestellt.


Am 4. März 2003 wurde Wulff zum Ministerpräsidenten des Landes Niedersachsen gewählt. CDU und FDP bildeten eine Koalition.

Wulff rechnet es sich als Verdienst an, dass die jährliche Neuverschuldung Niedersachsens seit seinem Amtsantritt mehr als halbiert wurde.


Er tritt für eine Verlängerung der Laufzeit deutscher Atomkraftwerke ein, ist Senator der Max-Planck-Gesellschaft sowie Ehrensenator der Europäischen Akademie der Wissenschaften und Künste Salzburg.


Als Bundespräsident will er aktiv an der Integration der Kulturen mitwirken. Schon als Ministerpräsident hat er sich für den verstärkten Zuzug von Migranten nach Deutschland eingesetzt. In seiner Landesregierung wurde Aygül Özkan erste muslimische Ministerin eines deutschen Kabinetts.

Joachim Gauck - nicht nur ein Kandidat der SPD

 

Schon im Jahr 1999 war Gauck innerhalb der CSU als Bundespräsidentschaftskandidat diskutiert worden. Elf Jahre später haben sich SPD und Bündnis90/Grüne auf den Siebzigjährigen in dieser Funktion verständigt.

Der parteilose evangelische Pastor und Bürgerrechtler in der DDR war war führendes Mitglied des Neuen Forums in Rostock zur Zeit der friedlichen Revolution in der DDR.

1990 wurde er als Abgeordneter der Volkskammer zum Vorsitzenden des Sonderausschusses zur Kontrolle der Auflösung des Ministeriums für Staatssicherheit (MfS) gewählt.

Gauck war einer der Hauptinitiatoren des Stasi-Unterlagen-Gesetzes der Volkskammer.

Mit Vollzug der deutschen Einheit wurde Gauck  am 3. Oktober 1990 der erste Bundesbeauftragte für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes. Die Bundesbehörde, die von 1990 - 2000 seinen Namen trug, verwaltet den Stasi-Nachlass und macht ihn der Öffentlichkeit zugänglich. Im Oktober 2000 wurde er von Marianne Birthler abgelöst. Joachim Gauck ist Vorsitzender der Vereinigung Gegen Vergessen Für Demokratie.

Auch er betonte, dass Deutschland für Migranten eine aufnehmende und einladende Gesellschaft sein solle: Jeder weiß, dass wir Zuwanderer schon aus demographischen Gründen brauchen.

Auch die Freien Wähler und der Südschleswigsche Wählerverband beabsichtigen die Kandidatur Gaucks zu unterstützen. Sogar einige Abgeordnete der FDP wollen für Gauck stimmen.

Weitere Kandidaten

Die Partei Die Linke will keinen Vorschlag der anderen Parteien mit tragen und setzt auf die frühere Journalistin und Bundestagsabgeordnete Luc Jochimsen als eigene Kandidatin.

Die NPD nominierte den Liedermacher Frank Rennicke, der schon 2009 kandidiert hatte. Beide Kandidaten haben keine Chance auf das Amt des Bundespräsidenten.

Wer zieht hier ein?

  


Der Amtssitz des Bundespräsidenten: Das Schloss Bellevue in Berlin.

Am 01. Juli 2004 trat Horst Köhler sein neues Amt an und löste Johannes Rau als Bundespräsident ab. Dann zogen die Köhlers ins Schloss Bellevue, den Amtssitz des Bundespräsidenten nach Berlin und wirkten dort bis 2010.

Mehr über die Deutsche Geschichte erfahrt ihr im  WAS IST WAS Band 126 Deutschland.

Text: RR, 28.06.10, Fotos: Portait: International Monetary Fund; Wulff: Wikipedia (Martina Nolte; cc by-sa 3.0); Gauck: Wikipedia (Tohma; cc by-sa 3.0); Bellevue: Wikipedia (Raimon Spekking GNU) 

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