Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher

Hans-Dietrich Genscher war Bundesinnenminister, Vizekanzler und Bundesvorsitzender der FDP. Außerdem war er fast 18 Jahre lang Bundesaußenminister und insgesamt 23 Jahre an der Regierung beteiligt. Er trug mit seiner Entspannungspolitik wesentlich zur deutschen Wiedervereinigung bei.


Hans-Dietrich Genscher schaffte es trotz seiner Tuberkulose sein Studium der Rechtswissenschaften und Volkswirtschaft zu beenden.


Krieg, Krankheit und Flucht nach Westen


Hans-Dietrich Genscher wurde am 21. März 1927 in Reideburg in Sachsen-Anhalt geboren. Als 16-Jähriger musste er während des Zweiten Welkriegs als Luftwaffenhelfer dienen und mit 17 im Reichsarbeitsdienst schuften. Kurz vor Kriegsende meldete er sich freiwillig zur Wehrmacht. Nach eigener Aussage wollte er damit einem Zwangseinzug durch die SS entgehen. Er war noch kurz am Krieg beteiligt und kam dann in amerikanische und britische Kriegsgefangenschaft.

Nach dem Krieg holte er die Reifeprüfung nach, da er während des Krieges keine Ausbildung machen konnte. 1946 erkrankte er an Tuberkulose. Diese Krankheit war damals noch nicht heilbar, weswegen er immer wieder längere Zeit ins Krankenhaus musste. 1949 beendete er ein Jura- und Volkswirtschaftsstudium. Im selben Jahr wurde die DDR gegründet, wozu auch Genschers Wohnort Halle an der Saale gehörte. Da er das sozialistische Regime ablehnte, flüchtete er 1952 über West-Berlin in die Bundesrepublik Deutschland.

Politischer Aufstieg im Westen

Nach seiner Flucht aus der DDR arbeitete Hans-Dietrich Genscher als Referendar und dann als Rechtsanwalt. Bereits 1952 war er in die FDP eingetreten, deren wissenschaftlicher Berater in juristischen Fragen er 1956 wurde. 1959 übernahm er dann die Geschäftsführung der FDP-Fraktion. Genscher wurde 1965 zum ersten Mal in den Bundestag gewählt, dem er bis 1998 33 Jahre lang angehören sollte. Außerdem ernannte ihn die FDP zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden.

Genscher hatte großen Anteil an der Bildung der sozialliberalen Koalition unter Kanzler Willy Brandt nach der Bundestagswahl 1969. Er wurde als Bundesinnenminister an der Regierung beteiligt. In seiner Amtszeit veranlasste er die Aufstellung des GSG-9, einer Spezialeinheit, die bei Terroranschlägen und Geiselnahmen eingesetzt werden sollte. Dies war eine Reaktion auf die Attentate bei den Olympischen Spielen 1972 in München.



Bundeskanzler Helmut Schmidt (rechts) holte Genscher (mitte) als Außenminister in sein Kabinett.



Genscher als Außenminister

1974 trat Willy Brandt zurück. Der neue Kanzler Helmut Schmidt holte Hans-Dietrich Genscher ebenfalls in sein Kabinett, diesmal jedoch als Außenminister. Außerdem wurde er Vizekanzler. Genscher war besonders an der internationalen Zusammenarbeit interessiert und zeigte sich auch bereit, mit der Sowjetunion zu verhandeln. In der Wahl von 1980 wurde die sozialliberale Koalition mit Kanzler Schmidt zwar noch einmal bestätigt, doch gab es zwischen FDP und SPD immer größere Meinungsunterschiede. 1982 sprach der Bundestag dann Helmut Schmidt das Misstrauen aus, sodass Neuwahlen angesetzt wurden.

Aus diesen Wahlen ging eine Koalition aus CDU/CSU und FDP mit Helmut Kohl als Bundeskanzler hervor. Hans-Dietrich Genscher wurde als Außenminister und Vizekanzler bestätigt. In seiner Ministerschaft lag ihm vor allem eine Entspannung mit den Ostblockstaaten, besonders mit der UdSSR und der DDR, am Herzen. Ihm gebührt große Anerkennung für die deutsche Wiedervereinigung 1990, die er mit Markus Meckel aushandelte. Außerdem bemühte er sich um ein besseres Verhältnis zu Polen, indem er eine allgemein akzeptierte Grenze vereinbarte.



Genscher war auch in der DDR sehr beliebt und trug ein großes Stück zur deutschen Wiedervereinigung bei.

Kritik an Genscher

Als Hans-Dietrich Genscher 1984 nach Teheran im Iran reiste, erntete er Kritik, da er als erster europäischer Außenminister das Land nach der islamischen Revolution besuchte. Außerdem erkannte er 1991 die Länder Slowenien und Kroatien offiziell an. Diese Regionen hatten zuvor zu Jugoslawien gehört, weshalb man Genscher vorwarf, den Zerfall dieses Landes gefördert zu haben.



Genscher ist ein international angesehener Staatsmann. Hier trifft er Ex-US-Präsident George Bush senior.



Genscher nach dem Ende seiner Amtszeit

1992 erklärte Hans-Dietrich Genscher nach fast 18 Jahren überraschend seinen Rücktritt vom Amt des Außenministers. Doch das bedeutete nicht, dass er sich von der politischen Bühne zurückzog. Bis 1999 war er noch Abgeordneter im Bundestag. Heute ist er Ehrenvorsitzender der FDP und ein angesehener Experte bei internationalen Fragen. Oft fungiert er als erfahrener Vermittler bei nationalen und internationalen Problemen. Der Träger des großen Bundesverdienstkreuzes lebt heute mit seiner zweiten Frau in Wachtberg bei Bonn.




15.04.09 // Text: Jan Wrede; Portrait: Tohma (cc-by-sa 2.5/GNU); Genscher & Schmidt: Bundesarchiv (cc-by-sa 3.0; Engelbert Reinecke); DDR: Bundesarchiv (cc-by-sa 3.0; Heinz Hirndorf); Genscher & Bush: pd (George Bush Presidential Library)


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