Abora III - Im Schilfboot über den Atlantik

Der Experimentalarchäologe Dominique Görlitz will mit dem Nachbau eines Schilfbootes beweisen, dass Menschen auch schon lange vor Kolumbus den Atlantik überquerten. Anders als sein Vorbild Thor Heyerdahl befährt er allerdings die schwierige Nordroute. Mehr über diese spannende Wissenschaftsgeschichte erfahrt ihr hier ...

Dominique Görlitz ist Archäologe, er beschäftigt sich also mit menschlichen Zeugnissen und Überbleibseln der Vergangenheit. Er ist sogar ein Experimentalarchäologe. Das heißt, er erforscht Techniken der Vergangenheit, indem er sie selbst nachbaut. Dabei hat er Sportbiologie studiert. Neben seiner Arbeit als Lehrer beschäftigte er sich aber auch mit den Forschungen von Thor Heyerdahl, der seinerzeit zeigte, dass man mit einem Schilfboot den Atlantik von West nach Ost überqueren kann.

Problemlos hin, schwierig zurück

In einem Schilfboot von Afrika nach Amerika zu gelangen ist zwar ein großes Abenteuer, aber es sind keine besonderen Segelfähigkeiten von Mensch oder Boot gefordert. Denn die am Äquator vorherrschenden Passatwinde und der Äquatorialstrom treibt alles, was schwimmt, mehr oder weniger von selbst an die  Küste Amerikas. Schwieriger ist die Rückfahrt von Amerika nach Afrika oder Europa.

Segeln gegen den Wind

Auf der Rückfahrt folgt man dem Golfstrom, der vom Golf von Mexico aus bis an die Küsten Englands führt. Aber es herrschen keine beständigen Windsysteme. Manchmal kann es sein, dass der Wind aus Osten, also aus der Fahrtrichtung kommt. Dann müssen Mannschaft und Schiff die Fähigkeit besitzen, gegen den Wind zu kreuzen. Dabei fährt man im Zickzackkurs dem Wind entgegen, statt sich von ihm von hinten antreiben zu lassen.

Bislang gehen die Archäologen davon aus, dass die Menschen vor einigen tausend Jahren nur entlang der Küsten von Hafen zu Hafen segelten. Nach der gängigen Lehrmeinung waren Menschen und Schiffe nicht in der Lage, gegen den Wind zu segeln. Damit bestreiten diese Forscher, dass es schon lange vor Kolumbus Handel zwischen Amerika und Afrika gegeben hat.

Der Tabakkäfer und das Meer

Aber es gibt Entdeckungen, die darauf hindeuten, dass es schon vor mehreren tausend Jahren Kontakt zwischen Amerika und Afrika gab. Denn in Mumien fand man Reste von Nikotin und Kokain. Außerdem fand man in ägyptischen Gräbern Reste von mexikanischen Tabakkäfern.

Ohne fremde Hilfe konnten sie nicht von Mexico nach Ägypten gelangen. Aber bislang glauben fast alle Forscher, dass der Tabak- und Kokastrauch erst nach 1492, also der Entdeckung Amerikas durch Kolumbus, in die Alte Welt gelangte.

Neue Ideen in der Altertumswissenschaft

Dominique Görlitz dagegen glaubt, dass auch die Menschen damals schon in der Lage waren, Schiffe zu bauen, mit denen man gegen den Wind segeln kann. Er möchte mit seiner Reise beweisen, dass schon seit mehreren tausend Jahren Handelskontakte über den Atlantik hinweg die Kontinente verbanden.

Neben den geschilderten Funden von Nikotin und Kokain gibt es auch sehr alte Felszeichnungen, die nach Meinung von Görlitz eindeutig zeigen, dass schon vor mehreren tausend Jahren Menschen Hochseeschifffahrt betrieben.


Bei der Einweihung war auch der ehemalige Navigator der Expeditionen Thor Heyerdahls anwesend (Mitte).

Den Beweis dafür will er erbringen, indem er selbst mit einem nachgebauten Schilfboot den Atlantik auf der Nordroute überquert. Seit mehreren Jahren laufen dafür die Vorbereitungen, aktuell wird in New York letzte Hand an das Boot Abora III gelegt.

Auf den kanarischen Inseln wird mit Abora eine göttliche Kraft bezeichnet, die bei der Verschmelzung von Himmel und Meer beim Sonnenuntergang entsteht. Sie steht für das Gute, das den Menschen im Leben und auf Reisen begleitet. Interessanterweise bedeutet Abo-Ra auf ägyptisch Vater des Sonnengottes Ra.

Stapellauf zum großen Abenteuer

Am kommenden Freitag um 14.30 Uhr Ortszeit (20.30 Uhr in Deutschland) wird die Abora III in New York getauft werden und zu Wasser gelassen. Die Abora II ist 12 Meter lang, 4,4 Meter breit und wiegt 12 Tonnen. Der Mast ist 11 Meter hoch und trägt ein 60 m² großes Segel aus Leinen. Vor und hinter dem Mast befinden sich zwei Korbhütten, in denen die 12-köpfige Crew übernachtet.

Dominique Görlitz hat mehr als 15 Jahre lang prähistorische Schiffsbilder gesammelt und ihre Funktionstüchtigkeit untersucht. An der Hochschule Kiel wurde mit verschiedenen Modellen experimentiert. So entstand schließlich der Plan für die Abora III.

Gebaut wurde der Rumpf von dem Aymaraindianer Fermin Limachi und seinem Team am Titikakasee in Bolivien. Denn dort fahren die Indianer auch heute noch auf ähnlichen Schiffen zum Fischen. Indianer und Ägypter bauten und bauen Schilfboote in Doppelrumpfbauweise.

Dabei werden viele kleine Schilfrollen zu zwei großen Bündeln verschnürt. Dazwischen wird eine kleinere, dritte Rolle gelegt. Durch Taue wird dann alles fest miteinander verschnürt. Ein solches Boot ist praktisch unsinkbar. Die Crew besteht aus zwölf Personen. Von New York aus geht es zu den Azoren und weiter nach Spanien. Insgesamt sind zweieinhalb Monate für die Reise geplant.

Wer immer auf dem laufenden bleiben will, schaut regelmäßig auf die Seite http://www.abora3.de. Dort wird auch immer die aktuelle Position der Abora III angezeigt.

Wenn dich die Geschichten der großen Entdecker interessieren, dann wirf doch mal einen Blick in unseren WAS IST WAS-Band 5: Entdecker und ihre Reisen

Text: -jj- 2.7.2007 // Bilder: © und mit freundlicher Genehmigung von Dr. Werner Middendorf / www.abora3.de

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